Die Triathletin Sigrid Mutscheller aus Aidlingen startet beim Ironman auf Hawaii am 10. Oktober. Geplant hatte sie das nicht. Doch der erste Platz bei einem anderen Wettbewerb bescherte der Sportlerin den Startplatz.

Aidlingen - So schnell kann’s gehen: Sigrid Mutscheller schwimmt, radelt und läuft beim Ironman 70.3 Kraichgau im Juni dieses Jahres den Konkurrentinnen in ihrer Altersklasse davon. Als feststeht, dass sie die Erste unter den 35- bis 39-jährigen Triathletinnen ist, muss sie sich sofort entscheiden – startet sie beim Ironman auf Hawaii am 10. Oktober oder nicht. Ihr Mann habe sie ermuntert: „Das machst Du nie wieder, das ist ein einmalige Chance“, habe er zu ihr gesagt, erzählt Sigrid Mutscheller am heimischen Esstisch in Aidlingen. Am 3. Oktober steigt sie mit ihrem Gatten in das Flugzeug, das sie an die nächste Station ihrer sportlichen Karriere bringt.

 

Eine Leben ohne Sport kann sich Sigrid Mutscheller nicht vorstellen: „Ich fühl’ mich nicht wohl, wenn ich nichts mache, hab’ keinen Appetit, bin nicht ausgelastet“, sagt die gebürtige Passauerin, die durchtrainiert und gebräunt ist, wie jemand, der sich viel im Freien aufhält. „Ich hab’ schon immer Sport getrieben.“ In ihrem Fall: Wintersport. Sigrid Mutscheller, geborene Lang, ist Mitglied der Jugend- und Junioren-Nationalmannschaft Skilanglauf, später der Damen-Nationalmannschaft. Ihre Langlaufkarriere endet mit ihrer Entscheidung für ein Studium: „Ich wollte auf jeden Fall studieren“, sagt Sigrid Mutscheller. Das hat sie auch – in Freiburg wegen der Nähe zum Schwarzwald.

Wintertriathlon zufällig für sich entdeckt

Im Badischen entdeckt die Bayerin den Wintertriathlon für sich. Ihr liegt der Crosslauf und das Radfahren in der Winterlandschaft, das Langlaufen ohnehin. „Ich hab’ schnell gemerkt, es funzt“, sagt Sigrid Mutscheller. Von 1998 bis 2009 ist sie Mitglied der Wintertriathlon-Nationalmannschaft, wird wiederholt Deutsche Meisterin, Europa- und Weltmeisterin. „An Titeln hab’ ich alles geholt, was es gibt“, sagt die 39-Jährige, ohne dass das aus ihrem Mund überheblich klingt. Mit der Titelverteidigung bei der Wintertriathlon-WM in Kniebis 2008 beendet Sigrid Mutscheller das Kapitel als aktive Wintersportlerin.

Die Zeit ist reif für Familie. Den Sport hängt sie aber nicht an den Nagel – nicht bei dem Mann. Uli Mutscheller ist selbst Ausdauersportler und war in den 1990er Jahren zweimal beim Ironman auf Hawaii am Start. Zwei Söhne im Alter von sechs und anderthalb Jahren haben die beiden. „Wir haben Kinder, aber deshalb müssen wir unsere Hobbys nicht aufgeben“, macht Sigrid Mutscheller deutlich. Stattdessen nehmen sie die Kinder mit – im Babyjogger beim Laufen oder im Expeditionsschlitten beim Langlaufen. „Ich will, dass wir alle vier etwas zusammen machen“, sagt Sigrid Mutscheller, die ihre Trainingseinheiten mit Familienausflügen kombiniert.

Zeitmanagement ist alles

Eine logistische Herausforderung ist es dennoch, Familie, Sport und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Denn Sigrid Mutscheller unterrichtet seit Februar dieses Jahres wieder an einem Gymnasium im Nachbarkreis Calw. Weil sie mitten im Schuljahr in den Lehrbetrieb zurückkehrt, unterrichtet sie ausschließlich Sport – und nicht auch Deutsch. Aufwendige Korrekturarbeiten fallen gar nicht erst an, und Sigrid Mutscheller hat Zeit zu trainieren. Deshalb startete sie im Juni bei dem Halb-Ironman im Kraichgau, der ihr das Ticket nach Hawaii bescherte.

War das Leben der Mutter, Sportlerin und Lehrerin schon vorher durchgeplant, so ist es das seit Juni erst recht. Ein längeres unvorhergesehenes Gespräch in der Schule etwa bringt ihren Takt durcheinander. Selbst Hohlstunden nutzt sie für das Vorbereitungstraining. Als Sigrid Mutscheller ihrer Chefin sagte, dass sie im Oktober auf Hawaii beim Ironman starte, war das kein Problem. Dass sie schon eine Woche vor dem Wettkampf anreisen kann und eine Woche danach wieder unterrichtet, „ist toll“, sagt die Sportlerin. „Das schätze ich auch.“ Dafür versuche sie sich, zu revanchieren. So organisiert Sigrid Mutscheller beispielsweise Schultriathlons.

Vier Wochen Zeit hat die 39-Jährige bis zum Abflugtermin. Mit einem vorderen Platz bei dem Wettkampf rechnet sie nicht: „Das sind die Besten der Besten. Ich will für mich ein gutes Rennen machen.“ Wenn sie nach zehn Stunden und 30 Minuten ins Ziel käme, „wäre das ein sensationelles Ergebnis“. Was sie nach dem Ironman tut, weiß sie schon: „All die Dinge tun, dich ich aufgeschoben habe, wie Freunde treffen.“

Ein ganzer und ein halber Ironman

Ironman
Der Wettkampf fand erstmals im Jahr 1978 auf Hawaii statt. Er ist ein geschützter Name für Triathlon-Wettkämpfe. Die sind, wie der Name schon ahnen lässt, nur etwas für Hartgesottene: Die Starter müssen fast 3,9 Kilometer schwimmen, rund 180 Kilometer Rad fahren und noch einen Marathon über 42,195 Kilometer laufen. Profi-Sportler und Amateure müssen sich dafür qualifizieren.

Ironman 70.3
Die Distanzen sind bei diesen Wettkämpfen nur halb so lang wie die des Ironman. Da die Strecken für die drei Disziplinen eigentlich in Meilen gerechnet werden, ergibt ihre Summe 70,3.