Eine Lehrerin, die von einem aufmüpfigen Schüler aufs Übelste beleidigt wird. Ein Polizist, der bei einer Kontrolle angespuckt wird. Eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, die körperlich angegangen wird. Szenen wie diese spielen sich (fast) jeden Tag ab, auch im Kreis Ludwigsburg.
Burkhard Metzger hat sich 42 Jahre lang als Polizist die Entwicklungen mit angesehen, die letzten drei Berufsjahre war er Polizeipräsident in Ludwigsburg. Respektlosigkeiten sind ihm in seiner Zeit bei der Polizei auch des Öfteren begegnet. „Aber in den vergangenen Jahren ist einiges verloren gegangen“, sagt der 62-Jährige. Ende des vergangenen Jahres hat sich Metzger in den Ruhestand verabschiedet – untätig ist er nicht. Er gehört zum Vorstand des Vereins „Sicherer Landkreis Ludwigsburg“, der sich in der Coronazeit gegründet hat. Sein Ziel: für ein respektvolleres Miteinander sensibilisieren.
24 Menschen zeigen Gesicht für Kampagne
Im Grunde gibt es kein Feld, in dem das nicht nötig wäre: in Schulen, auf den Straßen – auch in öffentlichen Verkehrsmitteln –, am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum ganz generell. Mit einem professionell produzierten Video, das auf die Probleme aufmerksam macht, wendet sich der Verein jetzt bewusst an Schulen. Damit verbunden ist ein Wettbewerb, an dem alle Klassenstufen teilnehmen können. „Wir hoffen auf große Resonanz“, sagt Metzger. Schon allein deshalb weil die Schulen ein ureigenes Interesse haben dürfen. Von Schulleitern ist immer wieder zu hören, dass sich Konflikte zwischen Schülern, Schülern und Lehrern, aber auch Eltern und Lehrern häuften.
Flankiert wird die Aktion von einer groß angelegten Plakataktion, die ab Anfang November an Orten mit viel Publikumsverkehr – beim Spätlingsmarkt, in Rathäusern oder bei der Kreissparkasse – gezeigt wird. Dazu hat der Verein verschiedene Institutionen angeschrieben, deren Mitarbeiter besonders häufig unter fehlendem Respekt leiden. Zwei Dutzend Menschen tun auf den Plakaten kund, was für sie Respekt bedeutet. Darunter sind beispielsweise Angestellte aus dem Supermarkt und dem Jobcenter, Rettungskräfte, Busfahrer und Polizisten. Aus Sicht von Burkhard Metzger sind überproportional oft Berufsgruppen betroffen, „die wir eigentlich brauchen, die aber als nicht so wertig angesehen werden“.
Ranking des Ansehens: Politiker ganz unten
Schon vor rund vier Jahren hatte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung untersuchen lassen, welche Berufsgruppen aus Sicht der Befragten besonders wenig wertgeschätzt werden. Heraus kam ein Ranking des Ansehens, wenn man so will. Ganz unten standen Politiker, dicht gefolgt von Journalisten. Schlecht schnitten auch Gewerkschafter, Lehrer, Pfarrer, Soldaten und Polizisten ab. Besonders stark eingebüßt beim Ansehen hatten Lehrer, Hausärzte und Polizisten. An den Befunden von damals dürfte sich wenig bis nichts geändert haben.
Über die Frage, warum es weithin mau ist mit dem Respekt, lässt sich nur spekulieren, Studien zu den Gründen gibt es keine. Genannt werden beispielsweise Bilder, die Medien – auch die sozialen, die diesen Namen häufig nicht verdient haben – vermitteln und Versäumnisse bei der Erziehung. Der Vorwurf an Eltern: vieles werde auf Kitas und Schulen abgewälzt. Burkhard Metzger lenkt den Blick dabei auch auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. „Ein Gehalt reicht in vielen Familien nicht mehr“, sagt er. Dass darunter die Kinder litten, sei für ihn denkbar. Generell hat er in den vergangenen Jahren wahrgenommen, dass „Menschen sich selbst immer wichtiger nehmen“.
Die Tendenz umkehren, damit die Menschen überall wieder respektvoller miteinander umgehen, das kann die Kampagne sicherlich nicht. Das wissen auch die Macher. „Aber wenn jeder einen kleinen Teil dazu beiträgt, auf kleine Dinge achtet, das wäre doch schön“, sagt Metzger. Und dafür wolle die Kampagne werben.