Mit ihrer ungewöhnlichen Herde aus rund 100 Polyester-Tieren wollen zwei Künstler für mehr friedliches Miteinander werben.

Ludwigsburg - Eine ungewöhnlichere Kulisse hätte sich Helena Schröder aus Stuttgart für ihre Hochzeitsbilder kaum ausmalen können: Als sie sich mit ihrem Frischvermählten am Samstagmorgen im Ludwigsburger Schloss fotografieren lässt, stößt sie auf eine Herde tiefblauer Schafe – und lässt sich inmitten der kuriosen Tiere, die friedlich im mittleren Schlosshof grasen, ablichten. Damit macht sie nicht nur sich, sondern auch Rainer Bonk und Bertamaria Reetz eine Freude.

 

Denn die beiden Künstler sind die Hüter der bizarren Herde – und zugleich ihre Schöpfer. Über die Tiere aus ihrer Polyester-Zucht wollen sie mit den Menschen in Kontakt treten, sie wollen für mehr Miteinander und Toleranz werben. Deshalb legt die Herde weite Wege zurück, und zieht stets von Ort zu Ort. Am Tag vor ihrem Halt in Ludwigsburg grasten die blauen Schafe in Weikersheim, am Tag danach genossen sie die saftigen Wiesen in Rastatt.

Die Friedensherde soll immer größer werden

Und an jeder Station verlässt ein Mitglied die Herde. Denn jede Stadt, die den blauen Schafen Weiderecht gewährt, wird selbst zum Bestandteil des Kunstprojekts. So hat der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec am Samstag ein blaues Schaf überreicht bekommen. Als symbolisches Mitglied der immer größer werdenden Friedensherde in Deutschland und Europa soll es im Rathaus aufgestellt werden. Wo genau, wisse er noch nicht, sagt Spec: „Aber auf jeden Fall an einem Platz mit viel Publikumsverkehr.“

Ludwigsburg ist die 67. Stadt, in der die blauen Schafe grasen. Ziel sei es, mit der Herde durch 250 Städte zu ziehen, sagt Bertamaria Reetz. Die letzte Station soll wieder die erste sein: Venedig. Dort nahm das Kunstprojekt bei einer Skulpturen-Ausstellung parallel zur Biennale 2009 seinen Anfang, als das blaue Friedensschaf auf große Resonanz stieß, erzählt Rainer Bonk.

Blau als Symbol des Miteinanders

Seitdem touren er und Bertamaria Reetz durch die Lande. „Aber wir wollen nicht wie Moralapostel rüberkommen“, betont der 67-jährige Bonk. Deshalb arbeiteten sie mit Symbolen: Die Schafherde stehe für ein friedliches Miteinander und die Farbe Blau werde oft mit gemeinschaftlichen Strukturen assoziiert. So nutzten Verbünde wie die Nato, die EU und die Vereinten Nationen die Farbe Blau.

Auch wenn es bei der an die 100 Tiere zählenden Polyesterherde anders wirkt: Die Schafe sind alle identisch. Auch das ist eine zentrale Botschaft des Aktions-Künstlerpaares. Wer sie nicht versteht, kann sie an den Vorderbeinen der blauen Schafe ablesen: „Alle sind gleich, jeder ist wichtig.“