Die Alb Fils Kliniken haben bei der Vorstellung ihres neuen medizinischen Geschäftsführers ein ambitioniertes Ziel ausgegeben: In drei jahren soll das Defizit bei Null liegen – ohne Qualitätsverluste oder Personaleinsparungen.

Göppingen - Sollten die Alb Fils Kliniken ihr Ziel erreichen, wären sie zumindest ökonomisch gesehen einsame Spitze unter den kommunalen Kliniken in der Region Stuttgart: Bis im Jahr 2015/16 wollen die beiden Häuser, die Klinik am Eichert in Göppingen und die Helfenstein Klinik in Geislingen, eine schwarze Null schreiben. Im Jahr 2009 hatte das Minus noch sechs Millionen Euro betragen, seither ist es auf 3,1 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesunken, in diesem wird es voraussichtlich noch 2,5 Millionen Euro betragen. Schon das ist rekordverdächtig, denn bei den meisten anderen Häusern in der Region ist das Defizit in den vergangenen Jahren gestiegen. Der Sparkurs soll jedoch nicht nur fortgesetzt werden, sondern auch ohne Qualitätsverluste vonstatten gehen. Die neue Geschäftsführung hat also eine Quadratur des Kreises vor sich.

 

Nicht zuletzt deshalb werden die Kliniken künftig von zwei Männern geführt statt wie bisher von einem: Jörg Noetzel, der zuletzt kaufmännischer Leiter des Zentrums für Innere Medizin in Stuttgart war, tritt als medizinischer Geschäftsführer die Nachfolge von Jörg Martin an. Dieser hat im Mai die Leitung der Regionalen Kliniken Holding Ludwigsburg übernommen, dem größten kommunalen Klinikverbund im Land. Wolfgang Schmid, der bisherige kaufmännische Direktor, leitet das Klinikum seit Martins Weggang als Interimsgeschäftsführer und wird künftig als kaufmännischer Geschäftsführer neben dem Mediziner Noetzel der Herr der Zahlen sein. „Die Doppelbelastung ist schon zu spüren. Deshalb bin ich froh, wenn bald eine Entlastung kommt“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung seines Kollegen.

Ohne den Sparkurs ist der Klinikneubau nicht möglich

„Die neue Doppelspitze ist ein klares Signal: Die Konsolidierung der Kliniken wird fortgeführt und die medizinische Entwicklung weiter vorangebracht“, resümierte der Landrat Edgar Wolff. Wegen der ambitionierten Zukunftspläne, zu denen nicht zuletzt der rund 350 Millionen Euro teure Neubau der Klinik am Eichert in den kommenden acht Jahren gehört, habe man von Anfang an geplant, die Klinik von zwei Geschäftsführern leiten zu lassen.

Tatsächlich sind der medizinische Ausbau, der Sparkurs und der Neubau eng verquickt: Der Neubau der Klinik soll unter anderem durch das eingesparte Defizit finanziert werden. Die Einsparungen wiederum seien nur dann zu erreichen, so Noetzel und Schmid, wenn auch die Auslastung der Kliniken weiter verbessert werde. Bisher sind die Betten Schmid zufolge zu 75 Prozent ausgelastet, angestrebt sind 80.

Die medizinische Qualität soll erhalten und ausgebaut werden

Schon allein deshalb müsse die medizinische Qualität weiter verbessert werden. Einsparungen beim Personal, so verspricht Schmid, seien nicht geplant. Statt dessen setzt er auf viele kleine Verbesserungen. „Es gibt viele kleine Baustellen, an denen wir feilen können.“ Das reiche von der Optimierung von Arbeitsabläufen über kostengünstigere Einkäufe bis hin zu Kooperationen mit anderen Kliniken.Noetzel, der viele Jahre als Chirurg gearbeitet hatte, bevor er in die Verwaltung wechselte, wird seine Stelle spätestens am 1. Januar antreten. Er hofft aber, schon früher in Göppingen anfangen zu können. Denn dem Mediziner und seinem kaufmännischen Kollegen Schmid steht viel Arbeit bevor: Gemeinsam wollen die beiden in Gesprächen mit den Mitarbeitern ausloten, wie der Sparkurs und die medizinische Entwicklung vorangebracht werden können.

Ein fertiges Programm, vor allem für die medizinische Zukunft, gebe es noch nicht. An erster Stelle stehe auf jeden Fall, die Patienten exzellent zu versorgen – und zwar in allen Bereichen. Daneben gebe es aber durchaus Überlegungen, weitere Schwerpunkte aufzubauen, etwa in der Geriatrie oder Onkologie, so Noetzel. Doch bevor er Konzepte erarbeite, wolle er sich die Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter anhören.

Dass diese oft die besten Ideen hätten, habe ja erst jüngst die Einweihung des Cyberknife-Zentrums in der Radioonkologie gezeigt. Das neue Gerät zur Krebsbehandlung ist das einzige seiner Art im Land und ist durch eine Initiative von Klinikärzten nach Göppingen gekommen.

Doppelspitze mit ambitioniertem Ziel

Jörg Noetzel
Der Chirurg ist 50 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist in Braunschweig geboren und in Berlin aufgewachsen, wo er auch studiert hat. Nach vielen Jahren als Chirurg wechselte er in die Klinikverwaltung. Zuletzt war er als kaufmännischer Leiter des Zentrums für Innere Medizin im Klinikum Stuttgart tätig, dem größten Zentrum des Klinikums. In seiner Freizeit fährt Noetzel gerne Rad. Außerdem spielt er Klavier.

Wolfgang Schmid
Der Diplom-Kaufmann ist 47 Jahre alt, verheiratet und hat drei Söhne. Er hat Betriebswirtschaft in Tübingen studiert, danach für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und eine Firma in Kirchheim gearbeitet. 1999 wechselte er zu den Alb Fils Kliniken. 2007 wurde er dort Leiter der Finanzabteilung, im Jahr 2009 kaufmännischer Direktor. Wie Noetzel fährt er gerne Rad, außerdem wandert er mit seiner Familie gerne in den Bergen.

Sparkurs
Schon jetzt ist das Defizit der Alb Fils Kliniken von sechs Millionen Euro im Jahr 2009 auf voraussichtlich 2,5 Millionen Euro in diesem Jahr gesunken. Erreicht wurde das unter anderem durch die Schließung der Gynäkologie in Geislingen (Einsparung 250 000 Euro). Außerdem wurden in knapp vier Jahren rund 140 Stellen eingespart, weil Betten abgebaut werden konnten und Arbeitsabläufe optimiert wurden. Und ein Teil der Mitarbeiter, etwa die Reinigungskräfte, wurden in eine Tochterfirma ausgelagert. Dadurch sparen die Kliniken weitere Personalkosten, weil die Bindung an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst entfällt.