Jetzt ist sie keine Präsidentengattin mehr, jetzt ist sie wieder Sängerin: Carla Bruni, Ehefrau von Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, hat ein neues Album veröffentlicht – und begleicht damit auch eine Rechnung.
Paris - François Hollande hätte seinen Vorgänger wenigstens zum Auto begleiten können. Doch an jenem 15. Mai 2012, als die Amtsübergabe vom alten zum neuen Staatspräsidenten Frankreichs stattfand, musste Nicolas Sarkozy mit Carla Bruni an seiner Seite ganz allein über den Kies des Élysée-Hofes zur wartenden Limousine schreiten – ein Affront.
Jetzt bedankt sich die First Lady mit einem Chanson namens „Le Pingouin“. „Er ist nicht schön, er ist nicht groß, nicht klein, nicht ja, nicht nein, weder alles noch nichts, nein, er ist nichts, rein gar nichts“, singt Bruni auf ihrer neuen CD „Little French Songs“, die nun erschienen ist. „Er setzt seine Herrschermiene auf, aber ich kenne ihn, den Pinguin, er hat nicht die Manieren eines Schlossherrn.“ Das Schloss ist im französischen Sprachgebrauch der Élysée-Palast. „Hab acht, wenn wir uns wieder einmal treffen sollten, ich werde dich lehren, mir die Hand zu küssen. Du wirst deine Geringschätzung herunterschlucken. Ich mag ihn nicht, diesen Pinguin.“
Hollande, der Pinguin? Nicht doch, beteuerte das ehemalige Topmodel in einem Interview mit gespielter Naivität. Zum Pariser Spiegelspiel gehört, dass darauf auch François Hollandes Lebenspartnerin Valérie Trierweiler am Fernsehen treuherzig erklärte: „Ich glaube Carla Bruni, wenn sie sagt, das sei keine Anspielung auf den Präsidenten. Carla ist eine ehrliche Frau.“
Abneigung gegen Journalisten
Auch ihre Abneigung gegen die Journalisten kann oder will Carla Bruni nicht verhehlen. „Sie sprechen, wie sie spucken, sie lachen, als zögen sie eine Grimasse, aber während sie bellen, ist die Karawane schon weitergezogen“, singt sie in „Les Diseurs“ (zu Deutsch: Erzähler, Wahrsager). Gegenüber der Zeitschrift „Paris-Match“ dementiert sie, dass sie damit jenen Berufsstand meine, mit dem Sarkozy von jeher auf Kriegsfuß steht: „Es amüsiert mich, mir vorzustellen, dass mich Journalisten zum Schreiben eines Liedes inspirieren könnten. Träumen sie etwa davon, dass ich von ihnen rede?“
So ist Carla Bruni: anspielen, dann die Unschuldige spielen. Von wegen unschuldig: „Raymond ist eine Atombombe, und was auch immer die Hofnarren sagen, er ist Dynamit.“ Raymond ist natürlich ein Pseudonym für Nicolas. Ein „Pirat“ sei er, und dazu „komplex, sentimental, aber taktisch“, singt seine frühere First Lady. Wobei „taktisch“ im amourösen Sinn zu verstehen ist. Das knistert zwar ein bisschen weniger als vor sieben Jahren, als Bruni ihren damaligen Lover – einen Pariser Philosophen – mit den Worten besungen hat: „Er ist ein Teufel in der Hüfte, und wenn er sich über mich beugt, wird mir weiß vor den Augen.“ Bei Nicolas zähle mehr die Qualität als die Quantität, enthüllte Bruni unlängst gegenüber der italienischen Zeitschrift „Oggi“. Man wird älter, aber wie Carla in „Mon Raymond“ singt: „Ich muss sagen, ich bin völlig verrückt nach Raymond.“
30 Liebhaber
So lautet die sublime Botschaft dieses vierten Albums von Carla Bruni: Das Ex-Model mit den „dreißig Liebhabern“, wie sie 2008 sang, die Männerfresserin mit Trophäen namens Jagger, Fabius und Clapton, ist treu geworden. Genauer gesagt geblieben: bald ein Jahr nach Sarkozys Wahlniederlage ist die einstige Première Dame, die Monogamie als langweilig bezeichnet hat, noch immer bei ihrem Piraten-Präsidenten. Bruni straft alle bösen Erzähler Lügen, sie sei dem Präsidenten Ende 2007 nur deshalb verfallen, weil dieser „auf den roten Knopf drücken“ könne, also Herr über die französische Atombombe war.
Sie rächt sich an allen Neidern, die schon damals Wetten abschlossen, wie viele Tage oder Wochen Carla nach Sarkozys Auszug aus dem Élysée fremdgehen werde, wenn er das Aphrodisiakum der Macht verloren habe. In diesem Januar zirkulierten sogar böse Gerüchte, Bruni sei mit einem italienischen Unternehmer in Venedig gesichtet worden. Aber nein, die 45-jährige Frankoitalienerin ist dem Hansdampf im Élysée auch ohne Élysée treu geblieben, seit fast einem Jahr schon.
Das besagt also das neue Album der nach wie vor verliebten Carla. Treue, Häuslichkeit – wer hätte gedacht, dass Carla ihr Glück einmal bei ihrem Nicolas finden und behalten würde? Ausgerechnet bei dem rastlosen Nicolas. Die Sängerin bestätigt das nicht nur mit Worten; aus ihrem Album klingen leichtfüßige Lebensfreunde, blitzt feiner Humor, und wie es heißt, will die zweifache Mutter bald wieder – für Bulgari – auf den Laufsteg steigen. Liebe hält, auch wenn man älter wird, eben doch jung – Raymond sei Dank. Gewiss, Nicolas Sarkozy hat zwischen seiner Élysée-Wahl 2007 und der Abwahl 2012 über zwei Millionen Wählerstimmen verloren; eine ganze Horde Untersuchungsrichter sitzt ihm im Nacken, und die Journalisten mögen ihn noch immer nicht. Aber was wiegt das schon gegen ein Chanson wie „Mon Raymond“?
Carla Bruni: Little French Songs. Universal