Der Pianist Alexander Lonquich hat mit dem Stuttgarter Kammerorchester begeistert.

Stuttgart - Was macht diesen Musiker so besonders? Warum wirkt Musik unter seinen Händen auf so spektakuläre Weise natürlich, als könne sie gar nicht anders klingen? Es mag an den Mätzchen liegen, die es bei dem Pianisten Alexander Lonquich gerade nicht gibt. Es fußt aber auch auf einem Zugriff, dem es immer zuallererst um größtmögliche Klarheit geht. Und auf einem Künstler-Charakter, den man als durch und durch kammermusikalisch bezeichnen kann. Lonquichs Darbietungen sind feinste Kommunikation, seine Aktionen sind immer Spielangebote an die Mitmusiker.

 

Das hört man vor allem, wenn er am Klavier sitzt. Zum Beispiel am Dienstagabend beim Stuttgarter Kammerorchester: Mozarts „Jenamy“-Konzert hört man von der ersten bis zur letzten Note die große Vertrautheit des Pianisten mit der Partitur an. Da ist kein Akzent zu viel, da hat jede Phrase Gestalt, Gesang und Atem, und der Dialog zwischen dem Solisten und dem Orchester gestaltet sich ebenso organisch wie fließend. Der Mittelsatz beginnt magisch: als würde sich langsam, ganz langsam der Vorhang über einer wundersamen Klangbühne öffnen. Das Finale hat keine Erdenschwere, es ist ein virtuoses Spiel nicht nur mit wiederkehrenden Motiven, sondern auch mit der Form – das eingelagerte Menuett mit seinem Pizzikato-Zauber weht vorüber wie ein Traum.

In ähnlicher Stimmung hatte das Konzert im Mozartsaal begonnen: Unter dem dramaturgisch eher herbeigezwungenen denn begründbaren Motto „Klänge aus dem Osten“ nahm der Bogen zum ziemlich westlichen Mozart seinen Ausgang bei Dvoráks Streicherserenade op. 22. Dort kamen die Klänge fast aus dem Nichts – dass der Ton der Streicher selbst in hauchzartem Filigran immer noch Substanz und Kern behielt, mag man als einen (von vielen) Beweisen für die Qualität des ungemein beweglich aufspielenden Orchesters nehmen. Dieses wurde hier von Lonquich dirigiert, hätte das Stück aber im selbstverantwortlichen Miteinander alleine ebenfalls darbieten können. Höhepunkt des Abends: Schostakowitschs c-Moll-Konzert für Klavier, Trompete und Streicher, bei dem Sätze voller scharfkantiger Satire ein weltentrücktes, durch und durch wahrhaftiges Lento in die Zange nehmen. Großen Klangfarbzauber entfalteten der vom Flügel ausleitende Pianist und der Trompeter Simon Höfele. Im vierten Satz formte Lonquich – ein Künstler des Anschlags ist er auch – sogar mal Klänge wie ein Xylofon, und die Besucher konnten einen klingenden Kosmos nach Hause tragen.