Alexej Nawalny Russische Justiz eröffnet Betrugsverfahren gegen Kreml-Kritiker

Die Justiz in Russland hat ein Verfahren gegen den Oppositionellen und Kreml-Kritiker Alexej Nawalny eröffnet. Er soll Spenden von gemeinnützigen Organisationen für persönliche Zwecke abgezweigt haben.
Moskau - In Russland wächst der Druck auf Kremlkritiker Alexej Nawalny, schnell in seine Heimat zurückzukehren. „Jeder Bürger der Russischen Föderation kann in sein Land zurückkehren“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag in der Hauptstadt Moskau der Agentur Interfax zufolge. Dabei dürfte es keine Einschränkungen geben. Zuvor hatte die russische Strafvollzugsbehörde dem Oppositionellen ein Ultimatum gestellt, Auflagen einer früheren Bewährungsstrafe zu erfüllen und sich bei den russischen Behörden zu melden. Ansonsten drohe eine Inhaftierung.
Nach Angaben von Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch hätte der Oppositionelle am Dienstagmorgen persönlich in Moskau erscheinen sollen. „Und noch einmal: Die ganze Welt weiß, dass sich Nawalny in Deutschland rehabilitiert“, schrieb Jarmysch im Kurznachrichtendienst Twitter. Es sei deshalb nicht möglich, zurück nach Moskau zu fliegen. In dem Fall geht es um eine Verurteilung aus dem Jahr 2014.
Russland bestreitet eine Verwicklung in den Fall
Die Behörde verwies zur Begründung auf einen im Fachblatt „The Lancet“ erschienenen Artikel von Nawalnys Ärzten der Berliner Universitätsklinik Charité. Demnach sei der 44-Jährige am 20. September aus der Klinik entlassen und später für vollständig genesen erklärt worden, teilten die Behörden weiter mit. Der Kreml hatte in der vergangenen Woche mit Blick auf diesen Artikel noch erklärt, keine medizinischen Fachzeitschriften zu lesen.
Nawalny spottete bei Twitter, der Hinweis auf den Artikel in „The Lancet“ komme einer Anerkennung durch die Regierung gleich, dass er vergiftet worden sei. Moskau forderte von Deutschland Beweise für eine Vergiftung. Erst dann sollen Ermittlungen eingeleitet werden.
Nawalny: „Putin scheint hysterisch zu sein.“
Am Abend teilte das russische Ermittlungskomitee mit, es werde gegen Nawalny wegen Betrugs ermittelt. Er solle mit anderen Personen Spenden in Höhe von umgerechnet 3,9 Millionen Euro an seinen Fonds zur Bekämpfung von Korruption für „persönliche Zwecke“ verwendet haben - etwa für den Kauf von Eigentum und die Finanzierung von Urlaub. Nawalny schrieb dazu: „Putin scheint hysterisch zu sein.“ Sein Fonds könne nur mithilfe von Spenden arbeiten, sagte er.
Der Kremlkritiker macht für den Giftanschlag mit einem chemischen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe ein unter dem Befehl von Kremlchef Wladimir Putin agierendes „Killerkommando“ des Inlandsgeheimdienstes FSB verantwortlich. Russland bestreitet eine Verwicklung in den Fall. Nawalny hatte vor einer Woche den Mitschnitt eines Telefonats mit einem mutmaßlichen Agenten veröffentlicht. Darin erzählt der Mann, dass das Gift in der Unterhose Nawalnys angebracht worden sei.
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