Eine solche Datensammelwut ruft selbst im ansonsten im Umgang mit Daten eher sorglosen Amerika Besorgnis hervor: "Verbraucher werden das neue Kindle Fire eventuell kaufen, um ,1984' zu lesen, aber sie werden möglicherweise nicht wissen, dass der ,Big Browser' des Tablets jede Eingabe überwachen könnte, während sie online sind", schrieb der US-Kongressabgeordnete Ed Markey, Vorsitzender des Ausschusses für Datenschutz, kürzlich in einer Pressemitteilung. Anlass war ein offener Brief, den Markey an Jeff Bezos geschickt hatte, in dem er Auskunft darüber verlangte, ob und in welcher Weise Amazon mit Silk Kundendaten sammeln, auswerten oder sie gar an Dritte verkaufen will.

 

Und auch dafür, dass der Kunde sich langfristig an Amazon und seine Produkte bindet, sorgt der Konzern: mit einer eigenen Cloud. Ähnlich wie Apple und Google bietet Amazon an, mediale Inhalte, seien es Bücher, Fotos, Filme oder Musik, nicht mehr auf den Endgeräten der Kunden zu speichern, sondern auf den Servern des Konzerns. Fachleute sprechen dann von einer Cloud, also einer Wolke, in der die Daten gespeichert sind. Von dort sind sie von überall her jederzeit mit einem geeigneten Gerät abrufbar.

Amazon bietet vier Geräte der Kindle-Familie

Bei Apple sind dies der Tablet-Computer iPad, das Abspielgerät iPod und das Handy iPhone. Amazon bietet vier Geräte der Kindle-Familie. Und man errät es: Schon kursieren die ersten Gerüchte über ein Amazon-Smartphone, Bezos entwickle gar schon einen Prototypen mit seinem Kindle-Hersteller TMS in China. Zum Weihnachtsgeschäft 2012 soll das Amazon-Phone im Handel sein, behauptet ein Research-Mitarbeiter der Citigroup.

Im vergangenen Jahr setzte Amazon weltweit 34,2 Milliarden Dollar (25,3 Milliarden Euro) um und damit fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr und erzielte einen Gewinn von 1,15 Milliarden Dollar. Wie viel davon auf Deutschland entfällt, kommuniziert der Konzern - wie vieles andere - nicht. Anfragen an die deutsche Pressestelle ergeben mit zahlreichen Bitten um Verständnis gespickte inhaltsleere Antworten. Immerhin steht im Jahresbericht des Konzerns, dass in Deutschland, Japan und Großbritannien jeweils zwischen elf bis 15 Prozent der Umsätze erlöst wurden - sprich: vier bis fünf Milliarden Dollar beträgt der deutsche Umsatz. Gut die Hälfte davon dürfte auf Bücher entfallen, schätzen Branchenkenner wie der Hamburger Berater Thorsten Boersma.

Drei Giganten aus verschiedenen Richtungen

Egal ob nur im Internethandel gekauft oder gleich als digitales Buch - Hauptprofiteur von einer solchen Entwicklung ist Amazon, bei E-Books, Filmen und Musik auch Apple und Google. Denn auch wenn die drei Giganten der modernen US-Wirtschaft aus völlig verschiedenen Richtungen kommen - Apple aus der Computerindustrie, Google aus der Suchmaschinentechnologie und Amazon aus dem Handel - haben sie mittlerweile eine gemeinsame Zielgruppe: Den Medien nutzenden Konsumenten und damit eigentlich jedermann und jederfrau in der industrialisierten Welt.

Apple will mit seinem umfangreichen Medienangeboten seine Geräte attraktiv machen und verkaufen, Google will seine lukrativen Anzeigen noch gezielter an den Nutzer bringen, und Amazon bietet die E-Book-Lesegeräte namens Kindle und seit Neuestem auch einen Tablet-Computer an, um den Kunden noch stärker an sich zu binden, als es ohnehin der Fall ist.

Amazons Einfluss unterschätzen viele

Apple und Google stehen dabei schon länger in der Kritik, ihre Kunden in einem Maß zu durchleuchten und zu bevormunden, das nicht jedem geheuer ist. Amazons Einfluss und Macht aber unterschätzen bis heute viele. Dabei ist der 1994 von Jeff Bezos gegründete und bis heute geführte Online-Händler dabei, mindestens so allmächtig zu werden, wie viele es bis jetzt nur von Google fürchten.

Schon heute verfügt der Konzern über Nutzerprofile, die in ihrer Zahl und Detailliertheit einzigartig sein dürften: eine dreistellige Millionenzahl von Kunden in weltweit 150 Ländern kaufen seit Jahren über die verschiedenen Amazon-Portale weltweit ein und hinterlassen dort Informationen über ihre Gewohnheiten und Vorlieben und offenbaren Spuren ihres Lebensweges: Wer ein Windelabo über Amazon abschließt (vergangenes Jahr kaufte der Konzern für eine halbe Milliarde Dollar den Windellieferservice Quidsi), ist sicher bald Kunde für Lego-Steine und Playmobil-Figuren, und wer ein Gartenbuch kauft, ist wahrscheinlich Hausbesitzer mit entsprechenden Interessen.

Intimste Gedanken des Kunden

Noch einmal deutlich aussagekräftiger dürften die Kundenprofile werden, wenn erst Amazons Tablet-Computer Kindle Fire weitverbreitet ist. Denn für den Fire, der Mitte November für einen Kampfpreis von 199 Dollar auf den US-Markt kam (der Konkurrent iPad2 von Apple kostet in der kleinsten Variante 499 Dollar), hat Amazon extra einen eigenen Browser namens Silk entwickelt. Silk soll - so wirbt das Unternehmen - eines Tages deutlich schneller sein als andere Internetanzeigeprogramme wie Apples Safari oder Microsofts Internet Explorer und den Fire zum schnellsten Surfcomputer machen.

Denn Silk lernt von seinen Nutzern, was sie in der Regel als Nächstes tun, und lädt die betreffenden Inhalte bereits im Hintergrund, noch bevor sich der Fire-Besitzer dafür entschieden hat. Und so lernt Amazon nicht nur viel über das Kaufverhalten seines Kunden, sondern auch über seine sonstigen Interessen im Internet - und erfährt damit nicht selten dessen intimste Gedanken.

Kunden binden sich an den Konzern

Eine solche Datensammelwut ruft selbst im ansonsten im Umgang mit Daten eher sorglosen Amerika Besorgnis hervor: "Verbraucher werden das neue Kindle Fire eventuell kaufen, um ,1984' zu lesen, aber sie werden möglicherweise nicht wissen, dass der ,Big Browser' des Tablets jede Eingabe überwachen könnte, während sie online sind", schrieb der US-Kongressabgeordnete Ed Markey, Vorsitzender des Ausschusses für Datenschutz, kürzlich in einer Pressemitteilung. Anlass war ein offener Brief, den Markey an Jeff Bezos geschickt hatte, in dem er Auskunft darüber verlangte, ob und in welcher Weise Amazon mit Silk Kundendaten sammeln, auswerten oder sie gar an Dritte verkaufen will.

Und auch dafür, dass der Kunde sich langfristig an Amazon und seine Produkte bindet, sorgt der Konzern: mit einer eigenen Cloud. Ähnlich wie Apple und Google bietet Amazon an, mediale Inhalte, seien es Bücher, Fotos, Filme oder Musik, nicht mehr auf den Endgeräten der Kunden zu speichern, sondern auf den Servern des Konzerns. Fachleute sprechen dann von einer Cloud, also einer Wolke, in der die Daten gespeichert sind. Von dort sind sie von überall her jederzeit mit einem geeigneten Gerät abrufbar.

Amazon bietet vier Geräte der Kindle-Familie

Bei Apple sind dies der Tablet-Computer iPad, das Abspielgerät iPod und das Handy iPhone. Amazon bietet vier Geräte der Kindle-Familie. Und man errät es: Schon kursieren die ersten Gerüchte über ein Amazon-Smartphone, Bezos entwickle gar schon einen Prototypen mit seinem Kindle-Hersteller TMS in China. Zum Weihnachtsgeschäft 2012 soll das Amazon-Phone im Handel sein, behauptet ein Research-Mitarbeiter der Citigroup.

Im vergangenen Jahr setzte Amazon weltweit 34,2 Milliarden Dollar (25,3 Milliarden Euro) um und damit fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr und erzielte einen Gewinn von 1,15 Milliarden Dollar. Wie viel davon auf Deutschland entfällt, kommuniziert der Konzern - wie vieles andere - nicht. Anfragen an die deutsche Pressestelle ergeben mit zahlreichen Bitten um Verständnis gespickte inhaltsleere Antworten. Immerhin steht im Jahresbericht des Konzerns, dass in Deutschland, Japan und Großbritannien jeweils zwischen elf bis 15 Prozent der Umsätze erlöst wurden - sprich: vier bis fünf Milliarden Dollar beträgt der deutsche Umsatz. Gut die Hälfte davon dürfte auf Bücher entfallen, schätzen Branchenkenner wie der Hamburger Berater Thorsten Boersma.

"Bezos wollte unbedingt Unternehmer sein"

Obwohl Amazon in den ersten Jahren nur - nicht zu knappe - Verluste machte und die Anleger kürzlich mit einer Gewinnwarnung für das vierte Quartal schockte, liebt die Börse Jeff Bezos. "Die Wall Street vertraut ihm, weil er so viel Geld wie irgend möglich verdienen will", sagt Richard Brandt, der kürzlich ein Buch über den Erfolg von Amazon veröffentlicht hat. "Bezos wollte unbedingt Unternehmer sein - dabei war es ihm fast egal, worin der Geschäftszweck bestand", schreibt Brandt, "mit Büchern hat er angefangen, weil dieser Markt die größten Chancen bot."

Jeffrey Preston "Jeff" Bezos wurde 1964 als Sohn einer 17-Jährigen geboren, seinen Vater hat er nie kennengelernt. Der Nachname Bezos stammt von seinem Stiefvater, einem kubanischen Ölingenieur. Studiert hat Bezos an der Eliteuni Princeton Elektrotechnik und Informatik, seinen Bachelor bestand er mit "summa cum laude" - im Alter von 22 Jahren. Bevor er mit 30 Jahren Amazon gründete hat Bezos für den New Yorker Hedgefonds D. E. Shaw & Company ein Handelssystem für Hedgefonds entwickelt.

Bezos ist ständig auf Optimierung aus

Als Chef von Amazon hat Bezos bereits früh die Devise ausgegeben, Marktführer werden zu wollen und schon 1997 präsentierte er in seinem Brief an die Anleger im Jahresbericht seine Philosophie - bis heute druckt das Unternehmen diesen Brief alljährlich in seinem Jahresbericht ab. Unter anderem steht darin, dass Amazon langfristig denke und bei Investitionen in großen Dimensionen. Bezos Überzeugung sei es, dass man groß denken müsse, berichtet ein früherer Weggefährte, im Mitarbeiterhandbuch des Unternehmens stehe, dass klein zu denken, eine selbsterfüllende Prophezeiung sei.

Trotzdem ist Bezos ständig auf Optimierung aus - schon Anfang des Jahrtausends etwa entwickelte das Unternehmen beispielsweise ein Programm, das die Kostenstruktur jedes einzelnen der Millionen Amazon-Artikel errechnen kann. Artikel, die keinen Gewinn abwarfen, sogenannte Craps (Can't realize any profit) warf der Online-Händler konsequent aus seinem Programm - und überließ das Geschäft damit seinen Handelspartnern.

"Schritt für Schritt, aber entschlossen"

Dass sich Bezos Großes zutraut und auch vor herben Rückschlägen nicht zurückschreckt, führt er mit seiner Firma Blue Origin vor, mit der er ein gänzlich anderes Geschäftsfeld beackert: Weltraumflüge. Erste unbemannte Testraketen sind schon von einem riesigen Blue-Origin-eigenen Testgelände in Texas ein paar Meter in die Höhe gestiegen, aber erst im August musste eine Rakete nach Ausfall der Antriebsraketen zum kontrollierten Absturz gebracht werden.

"Gradatim ferociter" - "Schritt für Schritt, aber entschlossen", hat Bezos seinem Unternehmen ins Wappen geschrieben, das zwei Schildkröten zeigt, die nach der Sonne greifen. "Wir wollen die Kosten für Raumflüge senken", steht auf der Homepage von Blue Origin, "diese Mission mit Erfolg zu krönen, wird eine Weile dauern, aber wir arbeiten systematisch daran." Das könnte auch über dem Projekt Amazon stehen. "Das Aufregende, Dramatische oder Verrückte an der Amazon-Strategie ist - je nach Blickwinkel -, dass weiterhin nicht entschieden ist, ob das Konzept aufgeht", schrieb kürzlich der deutsche Online-Buchhändler René Kohl in der Online-Ausgabe des Branchenblatts "Buchreport" über Amazon. Und beruhigend ist es in gewisser Weise auch.

Die schöne neue Medienwelt steckt in Europa noch in den Kinderschuhen

Deutschland: Wer die schöne neue Kindle-Welt ausprobieren will, hat in Deutschland schlechte Karten. Hierzulande kann man nur ein Gerät der Amazon-Familie kaufen: die in den USA für 79 Dollar (rund 59 Euro) erhältliche Einstiegsvariante des Kindle ist seit Mitte Oktober für 99 Euro auf www.amazon.de bestellbar. Die anderen Geräte – darunter der Touch 3G (149 Dollar), mit dem man in 150 Ländern der Erde Medieninhalte herunterladen kann ohne Mobilfunkkosten zu erzeugen, aber auch das Tablet Fire (199 Dollar) – sind nur und bis auf Weiteres in den USA erhältlich.

Urheberrecht: Häufig kursiert im Internet das Gerücht, es liege am hiesigen Urheberrecht und vor allem am deutschen Musikrechtehüter Gema, dass Amazons Geräte in Deutschland nicht verfügbar seien. Auch die Möglichkeit, Medieninhalte nicht auf Geräten, sondern auf dem Server eines Anbieters in einer Cloud zu speichern und von dort aus zu konsumieren (zu „streamen“) sind bisher nur amerikanischen Nutzern zugänglich. Bei der Gema beteuert man aber, es gäbe noch gar keine Anfragen, Clouds auch in Deutschland verfügbar zu machen. Allerdings sei die Nutzung der Datenwolken im deutschen Rechtsraum in der Tat noch nicht vollständig geklärt.

Marktposition: Digitale Bücher – der Inhalt, für den die Kindle-Geräte ursprünglich geschaffen wurden – treten in Europa gerade erst ihren Siegeszug an. In Amerika liegt ihr Marktanteil schon im zweistelligen Bereich – Amazon verkauft dort bereits mehr E-Books als physische Bücher. Der Marktanteil des Konzerns am digitalen US-Buchmarkt liegt bei 90 Prozent. Hierzulande werden nur ein bis zwei Prozent der Bücher digital verkauft, der Markt ist noch nicht verteilt.