Wechsel von Erik Thommy und Co. Fußball made in USA – über die neue Anziehungskraft der MLS

Fußball made in USA. Bei den Fans von MLS-Club Charlotte FC ist mächtig was los. Foto: Imago /.

Ob aus der Bundesliga oder aus anderen europäischen Topligen: Die Major League Soccer lockt derzeit zahlreiche Profis in die USA. Was steckt dahinter?

Wirklich rund lief es für Sporting Kansas City in dieser Runde noch nicht. Nach 22 Spieltagen belegt das Team aus dem Mittleren Westen den letzten Platz der Western Division. Die Hoffnungen im Team von Trainer Peter Vermes liegen nun unter anderem auf einem, den man aus der Bundesliga gut kennt: Erik Thommy soll mit seinem Tempo das Spiel von Sporting bereichern und den Club nach oben schießen.

 

Erik Thommy sucht das Abenteuer

Der 27-Jährige hat sich für manche überraschend dem Team aus der amerikanischen Major League Soccer (MLS) angeschlossen. Vorbehaltlich letzter Einreiseregularien wird der langjährige Profi des VfB Stuttgart in Kürze zu seiner neuen Mannschaft stoßen. „Mein Gefühl hat mir gesagt, dass ich den Schritt wagen soll“, erklärte Thommy. „Also habe ich auf mein Gefühl gehört.“ Trotz sportlich vermeintlich besserer Offerten aus der zweiten Liga, wo unter anderem Fortuna Düsseldorf Interesse an Thommy gezeigt hatte. Doch statt den sicheren Weg zu wählen, stürzt sich der gebürtige Ulmer ins Abenteuer nach Übersee.

Fußball in Amerika, das galt lange Zeit als Exotentum. Dann als letztes Refugium für europäische Altstars. Nach der ersten Wechselwelle der Beckenbauer-Pelé-Ära der 70er Jahre und einem zweiten Hoch Ende der nuller Jahre entwickeln sich die USA nun aufs Neue zum Sehnsuchtsort für Profis aus der Alten Welt. Vier Jahre vor der WM in den USA, Kanada und Mexiko erlebt der Profifußball made in USA einen neuen Boom.

Apple steigt groß ein

Neben Thommy heuerte in diesem Sommer auch der Berliner Eduard Löwen in Amerika an. Adrian Fein (Bayern München) und Victor Palsson (Schalke 04) befinden sich auf dem Sprung. In Januar siedelte der Kölner Rafael Czichos nach Chicago über. Dazu zahlreiche weitere Profis aus Europas Topligen, Kategorie solide Erstligaspieler. Und dann natürlich die Transfers schon in die Jahre gekommener Topstars wie Gareth Bale und Giorgio Chiellini (beide zu Los Angeles FC) oder von Lorenzo Insigne (Toronto FC) und Xherdan Shaqiri (Chicago Fire).

„Die MLS ist die am schnellsten wachsende Fußballliga der Welt“, hat Jochen Schneider festgestellt. Der frühere Sportchef des VfB und von Schalke 04 ist seit Kurzem ebenfalls in den USA tätig – als sportlich Verantwortlicher bei den New York Red Bulls. Infrastruktur, sportliches Niveau, Gehälter und das aus europäischer Sicht verbesserte gesellschaftliche Klima nach der Ära Trump – die MLS hat sich zu einem lukrativen Standort auf der Weltkarte des Fußballs entwickelt. Von der südamerikanisch angehauchten Atmosphäre in den Stadien ganz zu schweigen. In den vergangenen 20 Jahren stieg der Zuschauerschnitt von 13 000 auf 24 000. Jüngst gab Apple seinen Einstieg bekannt. 2,5 Milliarden Euro lässt sich der Technikriese die Vermarktungsrechte für die kommenden zehn Jahre kosten.

Eigentümer kennen keine Grenzen

Ernst Tanner kann den Boom bestätigen. Seit vier Jahren ist der frühere Bundesliga-Manager (Hoffenheim, 1860 München) als Sportchef in Philadelphia tätig. Im „Kicker“ sagte Tanner: „In dieser Liga wird ständig weiter investiert, was inzwischen sehr selten ist im globalen Fußball, gerade wegen der Coronapandemie. In der MLS ist noch immer Geld da durch die Eigner.“

Dass sich der Unterhalt eines Clubs wirtschaftlich nicht rechnet, schert die meist schwerreichen Eigentümer in der MLS wenig. „Think big“, lautet die Devise. Von Eigentumsstrukturen wie in Deutschland mit 50 plus 1 sind die Amerikaner so weit entfernt wie die Champions League von der Bezirksliga.

Längst keine Altherrenliga mehr

Auch sportlich werde die MLS immer besser, betont Tanner. Zum einen durch Profis aus Mittel- und Südamerika, welche die MLS als Sprungbrett nach Europa schätzen. Außerdem entwickeln viele Clubs immer mehr eigene Spieler, was durch die Zugänge aus dem Ausland gern übersehen wird.

Eine Altherrenliga ist die MLS also keineswegs. Das wird auch Erik Thommy feststellen, sobald er bei seinem neuen Club Fuß gefasst hat. Er werde den VfB und seine Fans schwer vermissen, schrieb er. Die in Kansas sollen aber auch nicht so schlecht sein.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu MLS USA Kansas VfB Stuttgart