Ein 46-Jähriger musste sich am Dienstag wegen versuchter Strafvereitlung vor dem Amtsgericht Esslingen verantworten. Er soll versucht haben zu verhindern, dass die Polizei seine ehemalige Nachbarin als Schreiberin eines Hasskommentars im Internet entdeckt.

Esslingen - Wie schnell man sich eine Anzeige wegen versuchter Strafvereitelung einhandeln kann, musste ein 46-Jähriger aus einer Gemeinde im Landkreis Esslingen erfahren. Weil er nach Ansicht der Polizei in einer Vernehmung durch eine Kripobeamtin bewusst den Verdacht von einer ehemaligen Nachbarin ablenkte, die einen fremdenfeindlichen Post auf der Sozialplattform Facebook abgesetzt hatte, flatterte ihm ein Strafbefehl ins Haus. Gegen diesen legte er Einspruch ein, weshalb er am Dienstag vor dem Amtsgericht Esslingen erscheinen musste. Der Richter Andreas Arndt stellte das Verfahren schließlich gegen eine Geldauflage von 400 Euro ein.

 

Anklage geht von Verschleierung aus

Die 62-jährige ehemalige Nachbarin hatte auf Facebook unter einem Fake-Profil per se Asylbewerber beleidigt und denunziert. Die Polizei versuchte daraufhin, Anfang dieses Jahres herauszufinden, wer hinter dem Pseudonym steckt. Als ein Facebook-Freund, der früher mit diesem Account kommuniziert hatte, war der 46-Jährige Ende Februar als Zeuge zu einer Vernehmung geladen worden. Er sagte in dieser aus, bei dem Profil handle es sich möglicherweise um eine Bekannte aus seinem Reitverein.

Die Polizei geht davon aus, dass er genau wusste, dass es die ehemalige Nachbarin war, die die Hassbotschaft ins Netz gestellt hatte. Mit dem vagen Hinweis auf eine Reiterkollegin habe er den Namen der wirklichen Kommentatorin „verschleiern“ wollen, lautete der Vorwurf in der Anklageschrift. Das streitet der Mann vor Gericht ab. Er sei sich bei der Vernehmung „unsicher“ gewesen – zumal er es „nicht für möglich gehalten“ habe, dass sich die 62-Jährige auf diese rassistische Weise äußere. Ansonsten „hätte ich schon gesagt, dass ich sie kenne“. Aber er habe zu viele Facebook-Bekanntschaften, um das so schnell zuordnen zu können.

Dass er sie aber bereits tags darauf besuchte, wertet der Richter Andreas Arndt indes als „seltsames Vorgehen“. Allerdings führte dieses letztlich zur Aufklärung des Falls. Denn laut seiner eigenen Aussage und jener der inzwischen verurteilten 62-Jährigen, legte er ihr nahe: „Es ist besser, du meldest dich bei der Polizei, sonst mach ich’s“. Daraufhin habe sie ihre Tochter angerufen und diese wiederum bei der Polizei, um einen Vernehmungstermin für die Mutter zu vereinbaren. Eine per WhatsApp geschriebene Nachricht, in der die 38-jährige Tochter befürchtet, der ehemalige Nachbar könnte wegen seiner die Mutter verschonenden Aussage „Ärger bekommen“ legt zudem den Verdacht nahe, dass dieser genau wusste, wer hinter dem Post steckte.

Richter: „Nicht komplett korrekt“

Der Richter Andreas Arndt findet, der 46-Jährige hätte „bei der Polizei etwas nachdenklicher sein können“. Zumindest habe er sich bei seiner Aussage „nicht hundertprozentig korrekt verhalten“. Doch letztlich habe er zur Aufklärung beigetragen, weshalb „man dieses Verfahren anders beenden kann als mit einem Urteil“, so Arndt. Er schlägt der Staatsanwältin und der Verteidigerin eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 400 Euro vor und stößt damit auf Zustimmung. Er rät dem Angeklagten, das Geld pünktlich an den Bewährungshilfeverein Stuttgart zu überweisen: „Ansonsten treffen wir uns hier wieder und dann gibt’s sicher keine Einstellung.“