Ein 64-jähriger ehemaliger Geschäftsführer einer insolventen Waiblinger Hausverwaltung muss sich vor Gericht verantworten. Er soll rund 1,7 Millionen Euro an Rücklagen veruntreut haben.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Gegen den früheren Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Waiblinger Hausverwaltungsgesellschaft, die im vergangenen Jahr Insolvenz beantragt hatte, hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart vor dem Landgericht nun Anklage erhoben. Dem 64-Jährigen wird in 764 Fällen Untreue und 15-mal Urkundenfälschung vorgeworfen. Sein 36-jähriger Sohn ist wegen Beihilfe zur Untreue in 43 der Taten angeklagt.

 

Die beiden sollen in den vergangenen Jahren 73 Wohnungseigentümergesellschaften (WEG), die zum größten Teil im Nordosten der Region Stuttgart zu finden sind, um ihre Rücklagen gebracht haben. Dazu sollen sie deren Gelder auf das Konto einer Firma transferiert haben, bei der Vater und Sohn ebenfalls die Fäden in den Händen gehalten haben sollen: der eine als Alleingesellschafter, der andere als Geschäftsführer. Der angerichtete Schaden soll rund 1,7 Millionen Euro betragen.

Tatsächliche Schadenshöhe ist nur schwer zu beziffern

Prozesstermin ist noch nicht bekannt

„Die tatsächliche Schadenshöhe ist nur schwer zu beziffern“, sagt Claudia Krauth, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Da der Tatvorwurf der Untreue bereits erhoben werde, wenn ein Geldbetrag nur in Gefahr gerate, verloren zu gehen, sei es in einigen Fällen nicht sicher, ob auch tatsächlich ein Schaden eingetreten sei. So wird den beiden Angeklagten vorgeworfen, durch eine Vielzahl von Buchungen zwischen den Konten der Eigentümergesellschaften versucht zu haben, Fehlbeträge zu verschleiern. Manche Summen seien wie in einem Kreislauf auch wieder auf ihr ursprüngliches Konto zurück überwiesen worden. Außerdem sollen die Zwei Kontoauszüge gefälscht haben, um damit ebenfalls ihr Treiben zu vertuschen. Ein genauer Prozesstermin sei noch nicht bekannt, teilt die Staatsanwältin mit.

Die betroffenen WEGs werden mit aller Wahrscheinlichkeit auf ihrem Schaden sitzen bleiben, da die insolvente Verwaltungsfirma deren Rücklagen nicht von ihrem Vermögen getrennt hatte. Das Wohnungseigentumsgesetz schreibt aber eine Rücklage zwingend vor, weshalb die Betroffenen durch Sonderumlagen ihre Kassen wieder auffüllen mussten. Die Pleite des Waiblinger Unternehmens und einer großen Stuttgarter Hausverwaltung im vergangenen Frühjahr hat den Verband der Immobilienverwalter Baden-Württembergs (VDIV) veranlasst, eine Checkliste zur Suche qualifizierter Verwalter zu erstellen.

Versicherungen sollen Eigentümer schützen

Verband bemängelt Qualifikationen

Bisher reiche es aus, ein Gewerbe anzumelden, um sich als Immobilienverwalter zu betätigen, teilte der Verband aus diesem Anlass mit. Das Wohnungseigentumsgesetz sei jedoch sehr komplex, weshalb eine Qualifikation darin eigentlich dringend notwendig wäre. Wichtig seien nicht nur entsprechende Referenzen, sondern vor allem eine Reihe von Versicherungen, die eine Verwaltung abschließen sollte, um finanzielle Schäden von ihren Kunden abzuhalten. Dazu zähle neben einer Vermögensschaden- und einer Betriebshaftpflichtversicherung eine Vertrauensschadenversicherung, die das Vermögen einer WEG auf bis zu zwei Millionen Euro abdecke.