In Stuttgart kümmern sich mehrere Anlaufstellen um Frauen in Not. Die Frauen sind häufig auch Opfer häuslicher Gewalt. Vor allem Wohnungen fehlen.

Stuttgart - Es kommt immer mal wieder vor, dass Maria Hassemer-Kraus von der Zentralen Frauenberatung Anrufe von resoluten Ehefrauen bekommt, die sagen: „Mir reicht’s. Ich habe mich mit meinem Mann gestritten und will ihn verlassen. Bitte besorgen Sie mir eine Wohnung.“

 

Aber so einfach geht das nicht. Die Frauen, für die Maria Hassemer-Kraus zuständig ist, die haben meistens schon gar keine Wohnung mehr. Oft haben sie ihre Arbeit verloren, psychische Probleme oder kämpfen gegen eine Sucht. Allein im vergangenen Jahr haben sich 1478 solche Frauen an die Beratungsstellen in Stuttgart gewandt. „Wir denken, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist“, sagt Maria Hassemer-Kraus.

Landesweite Aktionswoche

In Stuttgart kümmern sich mehrere Einrichtungen von verschiedenen Trägern um wohnungslose Frauen. Diese haben sich in der Frauenspezifischen Hilfekonferenz zusammengeschlossen und sich an der landesweiten Aktionswoche „Wohnst Du noch? Armut bedroht alle“ beteiligt. Ihr Beitrag: eine Innenstadtbegehung, die zu Orten für wohnungslose Frauen führt.

Ein Anlaufpunkt ist das Neeffhaus, sehr zentral gelegen an der Gerberstraße 2. In dem denkmalgeschützten Haus gibt es sowohl Plätze für Notübernachtungen als auch Betten für Übergangs- und Dauergäste. In dem Wohnheim gibt es 66 Plätze, wie die Leiterin Ursula Leutert-Ehring sagt: 28 im Aufnahmehaus, 20 im teilstationärem Wohnheim und 18 Plätze in der stationären Langzeithilfe. Damit ist das Neeffhaus sowohl ein Ort für Notübernachtungen (insgesamt gibt es hierfür vier Anlaufstellen in der Stadt) als auch eines der sechs Wohnheime speziell für Frauen.

Mitarbeiterinnen wollen sich Eindruck vor Ort verschaffen

Die meisten, die an der Innenstadtbegehung teilgenommen haben, arbeiten selbst in einer Anlaufstelle für obdachlose Frauen oder haben im Sozialamt oder im Jobcenter mit diesen Fällen zu tun. Die Koordinatorin Maria Hassemer-Kraus findet es wichtig, dass die Sachbearbeiterinnen sich auch mal die Einrichtungen von innen anschauen und sehen, wie gut vernetzt die einzelnen Anlaufstellen sind.

Eine davon ist die Tagesstätte Femmetastisch an der Heusteigstraße. Frauen können in dem Treff nicht übernachten, aber günstig Mittagessen, nachmittags umsonst Kaffee trinken, sich waschen und unterhalten, ausruhen, nähen, Computer nutzen und malen. „Wir geben jeden Tag zwischen 30 und 40 Essen aus“, sagt die Leiterin, Dagmar Schünemann. Viele der Frauen hier haben zwar eine kleine Wohnung, aber eine sehr geringe Rente.

Frauen oft von Gewalt betroffen

Bei dem Rundgang wird klar: Es gibt in Stuttgart gute Anlaufstellen mit sehr motivierten und freundlichen Sozialarbeiterinnen und Pädagoginnen – vor allem, wenn man den Zustand vergleicht mit den Gegebenheiten in den 80er Jahren, als es zwar Wohnheime und Notunterkünfte für Männer gab, aber überhaupt kein Angebot für Frauen. „Dabei haben ausgerechnet wohnungslose Frauen auch oft Gewalterfahrungen mit Männern erlebt“, sagt Maria Hassemer-Kraus. Ein wichtiger Einschnitt kam im Jahr 1982, als der Arbeitskreis „Frauen“ gegründet worden ist. „Damit war Stuttgart führend in ganz Deutschland“, sagt Maria Hassemer-Kraus.

Dafür gibt es heute andere Probleme: So gut die Anlaufstellen auch sind – es fehlt an günstigem Wohnraum. Denn das oberste Ziel aller Einrichtungen und Programmen ist, die Frauen in die Eigenständigkeit und damit in eigene Wohnungen zu bringen. Das wissen auch die Stadträtinnen Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) und Beate Bulle-Schmid (CDU), die bei dem Rundgang dabei waren und wenig Hoffnungen haben, dass sich die Situation entspannt. „Es wird nicht leichter: Wir müssen ja auch die vielen Flüchtlinge unterbringen“, sagt Beate Bulle-Schmid.