„Am Schwarzen Berg“ heißt nicht nur die Straße am Waldrand, in der die unterschiedlichen Nachbarn Bub und Rau sich zusammengerauft und – bis hin zum zaghaften, bald abgebrochenen Versuch einer Affäre zwischen dem intellektuellen Romantiker Emil und der patent-norddeutschen Hausfrau Carla – miteinander eingerichtet haben. „Am schwarzen Berg da steht der Riese“, so beginnt Eduard Mörikes langes, interpretationsfreundliches Gedicht „Die Elemente“, das auch den sinnlos waltenden Naturkräften die göttliche Offenbarung verheißt („Denn in der Klarheit wandeln wir“), inspiriert vom Römerbrief, in dem der Apostel Paulus die Erlösungshoffnung auf das „ängstliche Harren der Kreatur“ ausdehnt.

 

Die Kreatur, die Elemente, die Bäume, die Tiere – sie sind in diesem nicht besonders dicken, aber sehr reichen Buch von herausragender Bedeutsamkeit, der Roman verneigt sich vor Mörike und anderen Penaten der schwäbischen, der Stuttgarter Literaturgeschichte, vor Hölderlin, vor allem vor Hermann Lenz. Wie seinerzeit der nimmermüde Beschreiter und Beschreiber der Stäffele und Straßenzüge zwischen Bopser und Killesberg, Hasenberg und Frauenkopf ist Hahn mit ihren Heldinnen und Helden unterwegs zwischen Heslach und Rohracker und immer wieder in der Mitte der Stadt, zwischen dem Reich der Bibliothekarin Veronika im Wilhelmspalais am Charlottenplatz und dem traditionsreichen Gymnasium gegenüber der Staatsgalerie, an dem Emil unterrichtet.

Den zu Gunsten kaum überzeugenderer Slogans lang abgetanen Werbespruch der „Großstadt zwischen Wald und Reben“ setzt Anna Katharina Hahn überraschend wieder in sein Recht; allenthalben sprießt das unbesiegbare Grün, da hilft kein Unkrautzupfen und kein Rasenmähen, es scheint Liebende in den Wiesen zu überwuchern, dringt in die Bezirke des urbanen Verkehrslärms vor – unausweichlich landet die Erzählung im Schlossgarten, wo die realiter unterdessen gefällten Baumriesen noch von Tüchern umhüllt, von Teddys besteckt ihres Untergangs harren und Peter eine Zeit lang mit seinen Buben im Zeltdorf der Parkschützer eine Aufgabe findet und Baumhäuser baut.