Die Ludwigsburger Filmakademie hat eine 3-D-Animation der Heuneburg produziert – nach streng wissenschaftlichen Kriterien. Obwohl die Macher auf Action verzichten mussten, ist der Film sehr ausdrucksstark geworden.

Ludwigsburg - Die Rekonstruktion zeigt nicht das lange schon untergegangene Sparta, sondern die Heuneburg bei Herbertingen (Kreis Sigmaringen) – aber das auf sehr spartanische Weise. In der dreidimensionalen Animation, die im Rahmen der am 14. September beginnenden Landesausstellung „Die Welt der Kelten“ gezeigt wird, ist kein einziger Kelte zu sehen, nicht einmal ein Ochsengespann, das mühsam eine Höhe erklimmt, oder ein Lastkahn auf der Donau. Die Begründung ist schlicht: „Die Archäologen vom Landesdenkmalamt haben uns immer sehr genau auf die Finger geschaut“, sagt David Maas, Inhaber des Studios Brainpets und Professor an der Ludwigsburger Filmakademie.

 

„Wir wollten eine optisch ansprechende Darstellung, die auch wissenschaftlich zuverlässig ist“, erläuterte Landeskonservator Dirk Krausse während der gestrigen Vorstellung des vom Finanzministerium in Auftrag gegebenen Films. Die Vorgabe lautete: die Animation darf nur zeigen, was wirklich durch Funde belegt ist. Für die Produzenten und Bildkünstler hieß das totale Abstinenz: es gibt keine Spielsequenzen oder ausgedachte Alltagsszenen – nicht einmal Ton oder Musik. „Manchmal war das ganz schön frustrierend“, gesteht David Maas, der sich zwar auch privat für Vor- und Frühgeschichte interessiert, aber von Berufs wegen ein Faible für Action, Abenteuer und die richtige Dramaturgie hat.

Keine Effekthascherei

„Die Zuschauer werden viel Geduld aufbringen müssen“, sagt der Produktionssupervisor Christian Müller. Die überwiegend in der Ludwigsburger Filmakademie produzierte Animation stehe in krassem Gegensatz zu „den effekthascherischen Clips“, die das Fernsehen gern von hörnerbewehrten Wikingern oder von Dinos in einer frei zusammenfantasierten Urzeit zeigt. Das oberste Gebot der Fachleute aus Archäologie und Denkmalpflege forderte Authentizität. Weshalb im Fall der Heuneburg und der Darstellungen zur Burg Ipf bei Bopfingen aber dann doch wieder nur reine Kunstwelten geschaffen worden sind.

Immerhin sollen in der mächtigen Burganlage und in den angrenzenden Siedlungen 10 000 Menschen gewohnt haben, die Heuneburg gilt als die mächtigste Metropole diesseits der Alpen im 6. Jahrhundert vor Christus. Wie das Zusammenleben ausgesehen haben mag und wie große logistische Probleme wie Wasserversorgung, Warentransport oder Heizung gelöst wurden, wissen die Archäologen nicht – also ist es auch nicht im Film zu sehen. Anschaulich gemacht werden dagegen die enormen Dimensionen von Gebäuden, Gräben und Wehranlagen.

Viel Arbeit für 30 Hochleistungsrechner

Das habe ihm schon bei der Vorbereitung großes Kopfzerbrechen bereitet, gesteht Maas. „Wie stellt man solche riesigen Räume dar? Allein die benachbarte Grabanlage war 60 Meter lang.“ Maas und sein zeitweise zehnköpfiges Team haben seit März daran gearbeitet. „Da mussten riesige Datenmengen eingespeist werden“, sagt Julia Smola von der Filmakademie. „Ein handelsüblicher Personal Computer hätte ein Jahr lang rechnen müssen, um das zu bewältigen.“ Zum Glück aber verfüge die Ludwigsburger Hochschule über 30 Hochleistungsrechner. Die schafften das dann alle zusammen in drei Tagen.

Allein für den jetzt vorgestellten Zweieinhalbminutenfilm, der eine Art Loop über Burg, Vorburg und Donautal zeigt, wäre dieser Aufwand nicht nötig gewesen. Aber viele der abgebildeten Häuser sind mit weitergehenden Informationen unterfüttert. Im Rahmen von Vorträgen können damit Querschnitte aufgezeigt oder wissenschaftliche Beiträge mit Illustrationen versehen werden. David Maas hofft, dass sich Geldgeber finden, die ihm erlauben, die Arbeit fortzusetzen – und der rekonstruierten Heuneburg Leben einzuhauchen.

Goldschmuck für Neureiche

Ludwigsburg - Im Vorfeld der großen Kelten-Ausstellung im Haus der Wirtschaft können die Archäologen auch neue Funde aus dem Fürstinnengrab in der Bettelbühl-Nekropole bei der Heuneburg präsentieren. Gestern wurden sie von Finanzstaatssekretär Ingo Rust in Stuttgart vorgestellt. Es handelt sich um zwei Bernsteinanhänger und eine zwei Zentimeter große Goldkugel. „Die kleine Schwester der bereits von einigen Monaten geborgenen großen Goldkugeln“, wie sie Restauratorin Nicole Ebinger-Rist nennt, wurde vor wenigen Tagen bei einer unter Laborbedingungen laufenden Ausgrabung in Ludwigsburg entdeckt.

„Das reich verzierte Schmuckstück ist eine kunsthandwerkliche Meisterleistung des 6. Jahrhunderts vor Christus“, sagt der Landeskonservator Dirk Krausse. Auffallend sei, dass die kunsthandwerklichen Arbeiten nur eine gewisse Verwandtschaft mit Fundstücken der Etrusker aufwiesen. Vermutlich hätten keltische Goldschmiede den Schmuck abgewandelt. „Es ist nicht das Gold der Skythen“, sagt Krausse, „aber auch die Stücke sind immerhin mit 21-karätigem Gold versehen.“

Die kleinere Goldkugel sei ähnlich filigran bearbeitet wie die großen, auch hier seien Elemente aufgelötet worden, sagt Ebinger-Rist. Während man das Gold auf der angenommenen Brusthöhe der Fürstin gefunden habe, seien die Bernsteinanhänger etwa auf Bauchhöhe zum Vorschein gekommen. Die Funde zeigten eine gewisse Verwandtschaft zu einem schon früher von den Archäologen freigelegten Mädchengrab, seien aber prächtiger gearbeitet.

Die Funde untermauern, was der Landeskonservator Krausse in Bezug auf die gesamte Keltenansiedlung an der oberen Donau sagt: „Die Bewohner waren ein bisschen neureich, die haben gern gezeigt, was sie hatten.“ Wegen der Ausmaße der Bauwerke müsse man davon ausgehen, dass die Heuneburg in ihrer Zeit so etwas wie Manhattan darstellte: „Eine Stadt mit protzigen Hochhäusern.“