Die ARD zeigt am Donnerstag, 23 Uhr, den Fernsehfilm „Satte Farben vor Schwarz“, ein intensiver Film über die Frage, wann man sein Leben beenden darf. In den Hauptrollen glänzen Bruno Ganz und Senta Berger.

Stuttgart - In dem heiteren Drama „Ein starker Abgang“ hat Bruno Ganz vor einigen Jahren einen dem Tod geweihten Schriftsteller gespielt, der seinen Mitmenschen schon in gesundem Zustand in inniger Abneigung zugetan war. Während der misanthropische Literat also nach außen trug, was ihn innerlich zerfraß, ist der jetzt von Bruno Ganz verkörperte Fred in „Satte Farben vor Schwarz“ das genaue Gegenteil: Er hat Prostatakrebs und will sich nicht behandeln lassen, um den Rest seines Lebens nicht als Patient verbringen zu müssen – und um die Krankheit mit sich allein ausmachen zu können. Prompt kommt es zum Ehezerwürfnis, denn Anita (Senta Berger) fühlt sich zu Recht ausgeschlossen. Als sie durch Zufall herausfindet, dass Fred eine Wohnung gekauft hat, weil er einen Ort zum Nachdenken braucht, verliert sie endgültig die Fassung und flüchtet aus der Ehe.

 

„Satte Farben vor Schwarz“ ist der erste Langfilm von Sophie Heldman. Wie gut schon ihr Drehbuch gewesen sein muss, beweist die Besetzung. Senta Berger und Bruno Ganz zählen zu den populärsten und herausragendsten deutschsprachigen Schauspielern, stehen hier aber zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera. Die Regisseurin gibt ihnen den Raum, den sie brauchen. Lange Einstellungen sind nicht automatisch ein Qualitätsmerkmal, aber Ganz und Berger vermitteln mit subtilem Spiel, wie es in Fred und Anita arbeitet. Gut auch, dass beide in den entscheidenden Szenen wenig Worte machen müssen und mehr mit Gesten und Blicken arbeiten dürfen.

Das selbstbestimmte Ende

Klugerweise beschränkt sich Heldman nicht auf das Protagonistenpaar, schließlich betreffen Themen wie eine unheilbare Erkrankung die ganze Familie, weshalb auch die Auseinandersetzungen mit den erwachsenen Kindern einbezogen werden. Den Ausschlag für den Sinneswandel Anitas und die entscheidende Wende in der Beziehung gibt aber ausgerechnet die Enkelin Yvonne (Leonie Benesch). Deren Vortrag des Else-Lasker-Schüler-Gedichts „An den Gralprinzen“ – „Von Sternen sind wir eingerahmt und flüchten aus der Welt“ – steht für die entscheidende Handlungswende und ist zudem ein Hinweis auf den überraschenden Schluss.

Sophie Heldman hat sich zu ihrem Drehbuch durch authentische Personen inspirieren lassen. Die beiden Vorbilder für Anita und Fred lebten einst in der Nachbarschaft der Regisseurin, die als Tochter einer Mexikanerin und eines Deutschen in der Schweiz aufgewachsen ist. Während ihres Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin erreichte Heldman die Nachricht vom Freitod des Ehepaars, das praktisch sein ganzes Leben gemeinsam verbracht hatte. Sie möchte ihren Abschlussfilm daher als Denkanstoß verstanden wissen. „Gehört zu einem glücklichen Leben die Freiheit, über Leben und Tod selbst zu entscheiden?“, fragt sie. Und: „Gibt es wie beim Erwachsenwerden einen Punkt der Entscheidung und Orientierung, wenn es auf das Ende zugeht?“

„Satte Farben vor Schwarz“ ist das Ergebnis eines Denkprozesses, der sich über einen langen Zeitraum erstreckt hat, den die Regisseurin allerdings nicht ganz freiwillig in Kauf nehmen musste. Es erwies sich nämlich als äußerst schwierig, einen Termin zu finden, an dem sowohl Senta Berger wie auch Bruno Ganz zur Verfügung standen; von der entsprechenden Anfrage bis zum Beginn der Dreharbeiten vergingen zwei Jahre. Auf diese Weise hatte Sophie Heldman Zeit genug, sich darüber klar zu werden, „dass sich unser Blick auf das Alter radikal verändern wird“. Dieser Fernsehfilm, eine deutsch-schweizerische Koproduktion, wird seinen Teil zu dieser Diskussion beitragen.

ARD, Donnerstag, 23 Uhr