Die Nuklearindustrie will an Gorleben festhalten, weil dafür schon viel Geld ausgegeben worden ist. Dafür erntet sie bei einer Tagung in Stuttgart Protest.
Stuttgart - Etwa 200 Atomkraftgegner haben am Dienstagmittag vor dem Kongress- und Kulturzentrum Liederhalle unter dem Motto „Atomforum abschalten“ gegen die Jahrestagung Kerntechnik des deutschen Atomforums protestiert. Bei dieser Veranstaltung träfen sich bis Donnerstag die wichtigsten Lobbyisten der Atomindustrie, um nach Wegen zum weltweiten Ausbau der Atomenergie zu suchen, erklärte das Anti-Atom-Bündnis Kornwestheim. Die Teilnehmer der laut Eigenwerbung „größten kerntechnischen Veranstaltung“ wurden von den Kritikern lautstark mit der Forderung begrüßt, alle Meiler sofort abzuschalten.
Nach einem „Atomalarm“ vor dem Eingang des Kongresszentrums probten die Demonstranten in weißen Schutzanzügen den jederzeit möglichen Ernstfall und fielen unter Sirenengeheul „leblos“ zu Boden – akustisch begleitet von der Melodie „Spiel mir das Lied vom Tod“. Auf großen Tafeln war die Botschaft „Atomkraft ist sicher tödlich“ zu lesen. Als danach plakativ die Forderung „Windkraft statt Super-GAU“ erhoben wurde, erholten sich die Strahlenopfer wieder und freuten sich über die Energiewende. Am Abend zog ein Demonstrationszug von der Liederhalle zum Schlossplatz.
Soll Gorleben in der Liste der möglichen Standorte bleiben?
Im Sitzungssaal sprach sich der Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner, dafür aus, den niedersächsischen Salzstock Gorleben bei der Suche nach einem Endlager nicht vorzeitig auszuschließen: „Damit wäre die geforderte Offenheit nicht mehr gegeben.“ Zudem würde ein Präzedenzfall geschaffen, der die Suche erschweren könnte. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert derzeit über ein neues Standort-Suchverfahren. Dabei sollen auch unterirdische Lagerstätten in anderen Bundesländern auf ihre Eignung als Endlager hin untersucht werden.
Gorleben sei ungeeignet, weil Wasser eindringe, sagte hingegen Jörg Schmid vom Aktionsbündnis „Atomforum abschalten“. Zudem bestehe die Gefahr einer „Vorfestlegung“, weil bereits mehr als eine Milliarde Euro für die Erkundung ausgegeben wurde. Das Geld ist auch das Hauptargument für die Nuklearindustrie, denn die Betreiber von Kernkraftwerken haben die Kosten für die Endlagerung zu tragen. Solange keine „abschließende fachliche Aussage über die Eignung“ des Standorts vorliege, sei die Industrie „nach unserer juristischen Einschätzung“ nicht zur Finanzierung einer neuen Standortsuche verpflichtet, argumentierte Güldner.