Der Eon-Konzern will sich von seinen Atomkraftwerken trennen. Doch die Entsorgung des Atommülls kostet Milliarden. Die Energiekonzerne, so heißt es parteiübergreifend, sollen in jedem Fall finanziell dafür einstehen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Oft kommt es nicht vor, dass Hubertus Zdebel, Energiepolitiker der Linkspartei im Bundestag, und die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld einer Meinung sind: Dass die Steuerzahler nach der Aufspaltung des Eon-Konzerns in eine Zukunfts- und eine Traditionsenergiesparte nicht für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls finanziell in Haft genommen werden dürfen, darauf pochen sowohl die Christsoziale als auch der Linkspolitiker. Genauso sehen das die SPD-Fraktionsvizechefin Ute Vogt und der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer.

 

Besonders entschieden vertreten Barbara Hendricks und Sigmar Gabriel, die beiden SPD-Minister, die für die Reaktorsicherheit und die Energiewende zuständig sind, diese Position. Die Frage, ob der Staat nach dem Aufspaltungsbeschluss von Eon gegebenenfalls für die Restrisiken des atomaren Zeitalters geradestehen werde, beantworteten beide mit einem markigen Nein. „Den Rückbau der Atomkraftwerke und die sichere Endlagerung des Atommülls bezahlen die Unternehmen, nicht der Steuerzahler“, betonte Gabriel und verwies auf die Rechtslage. „Eine Verstaatlichung von Risiken nach jahrzehntelangen Gewinnen aus den Atomkraftwerken kommt nicht in Frage“, ergänzte Barbara Hendricks.

Wie weit reicht das Verursacherprinzip?

Käme es nur auf die Gesetze an, könnten die beiden vielleicht sogar Recht behalten: Eon ist für den Rückbau von sechs Kernkraftwerken und die Entsorgung des dort angefallenen Atommülls verantwortlich. Dafür musste der Konzern Rückstellungen in Höhe von 14,6 Milliarden Euro bilden. Sowohl die Rückstellungen als auch die Aufgabe und die damit verknüpften Risiken werden der neuen Konzernsparte für die Traditionsenergien zugewiesen.

Weil es bei der sicheren Abwicklung der Kernenergie aber auch auf die Finanzkraft ankommt, die dieser Unternehmensteil entwickelt, ist das Risiko ziemlich hoch, dass das Verursacherprinzip am Ende nicht weiter hilft und der Staat doch mindestens für einen Teil der Kosten aufkommen muss. Ob die Atom- und Kohlesparte von Eon auch in vielen Jahren, wenn die Rückbau- und Entsorgungskosten anfallen, noch so viel wert sein wird, dass sie die Rückstellungen flüssig machen kann, muss sich erst noch zeigen. Jürgen Trittin, der frühere Umweltminister und Ex-Fraktionschef der Grünen, bezweifelt das. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk warf er Eon vor, mit seinem Aufspaltungsbeschluss einen Weg gefunden zu haben, die Gesamthaftung für den Rückbau der Atomanlagen zu umgehen.

Sind die klassischen Energieträger mit den geringeren Ertragsperspektiven und den hohen Risiken erst einmal vom zukunftsträchtigen, die höheren Erträge versprechenden Konzernteil separiert, ist in Trittins Augen nicht mehr gewährleistet, was beim Atomausstieg eigentlich vorgesehen war: dass Eon „mit seiner gesamten Kapital- und Unternehmenssumme für den Rückbau haftet und nicht nur mit einer Teilmenge, die im Wesentlichen aus abgeschriebenen Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken besteht“. Dass die Kapitalkraft der Eon-Traditionssparte ausreichen wird, den Rückbau und die sichere Endlagerung des Atommülls zu finanzieren, ist deshalb zweifelhaft. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Kosten für Suche und Bau des Endlagers und die Rückbaukosten für die stillgelegten Meiler zu niedrig angesetzt wurden. Was geschehen soll, wenn das Unternehmen die Finanzen dafür nicht aufbringen kann, ist deshalb die Schlüsselfrage für die Politik.

Es ist kaum vorstellbar, dass die Bundesregierung in diesem Fall Zugeständnisse bei den Sicherheitsanforderungen ins Auge fassen wird, damit Rückbau und Endlagerung kostengünstiger werden und von dem Unternehmen alleine finanziert werden können. So populär es jetzt ist, auf das Verursacherprinzip zu pochen. Dass es im Ernstfall dabei bleibt, ist wenig wahrscheinlich.

Trittin zweifelt an den Aussagen der Eon-Manager