Hans-Peter Fischer ist gebürtiger Cannstatter und hat 24 Jahre lang die Geschicke des Stadtbezirks als Bezirksvorsteher gelenkt. Gerade bei wichtigen politischen Themen beobachtet er, dass sich Geschichte wiederholt.

Bad Cannstatt - Was wäre Bad Cannstatt ohne seine Bewohner? In einer Serie stellen wir Cannstatter Persönlichkeiten vor, sprechen mit ihnen über Privates, aber auch über Aktuelles aus dem Stadtbezirk.

 
Herr Fischer, was darf es für Sie sein, Wein oder Wasser?
Ich trinke gerne ein Viertele, am liebsten einen Trollinger oder Lemberger aus dem Cannstatter Zuckerle.
Und wenn Sie dabei in Ihren Kalender schauen, was steht in der kommenden Woche an?
Wir haben eine große Zusammenkunft zur Vorbereitung des Volksfest-Umzugs; nach meinem Rücktritt als einer von drei geschäftsführenden Vorständen bin ich immer noch Ehrenvorstand im Volksfestverein. Bei dieser Besprechung kommen rund 40 ehrenamtliche Helfer zusammen und besprechen, wer für welche Aufgabe zuständig ist. Insgesamt helfen rund 300 Personen beim Absperren der Strecke, als Zugbegleiter, Sprecher an der Strecke und vielen anderen Aufgaben, die bei einem so großen Umzug anfallen.
Wie lange leben Sie schon in Bad Cannstatt?
Ich bin Cannstatter! Ich bin in der St.-Anna-Klinik geboren und habe fast mein ganzes Leben im Stadtbezirk verbracht.
Was mögen Sie an Bad Cannstatt?
Sehr vieles. Ich habe als Kind die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau miterlebt; da entwickelt man eine Bindung, auch wenn an manchen Dingen berechtigte Kritik geübt wird. Ich finde, Bad Cannstatt hat trotz sehr dichter Besiedelung viele herrliche Parks. Ich wohne in der Nähe des Kurparks und bin fast jeden Tag an einem meiner Lieblingsplätze, dem Aussichtspunkt im Oberen Kurpark.
Was gefällt Ihnen weniger, wo gibt es Verbesserungspotenzial?
Bad Cannstatt ist stark vom Verkehr belastet, besonders durch die Bundesstraßen, die hindurch und in unmittelbarer Nähe verlaufen. Dies zu verbessern, ist schwierig. Die Entlastung, die der Bau des Kappelbergtunnels gebracht hat, wurde durch den Rückbau der Waiblinger/Nürnberger Straße rückgängig gemacht; dort staut sich der Verkehr täglich. Meiner Ansicht nach war das eine falsche Entscheidung.
Sie waren von 1982 bis 2006 – also 24 Jahre lang – Bezirksvorsteher von Bad Cannstatt. Was sind rückblickend die gravierendsten Veränderungen, was ist gleich geblieben?
Interessanterweise wiederholen sich viele Themen. Da ist zum Beispiel die Marktstraße. Immer wieder werden fehlende Fachgeschäfte beklagt. Doch viele schimpfen bloß, tragen aber nichts zu einer Veränderung bei. Die Möglichkeiten der Stadtverwaltung sind begrenzt, wobei die Einführung einer Stadtteilmanagerin vor einiger Zeit eine gute Sache ist. Und nicht zuletzt die Flüchtlingsfrage: In den 90er Jahren war das Problem mindestens ebenso groß wie jetzt, auch damals waren viele Anwohner nicht begeistert darüber, wenn Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft untergebracht wurden. Letztlich hat das in Bad Cannstatt aber gut funktioniert: Das Leben in der Gemeinschaft funktioniert gut in Bad Cannstatt, es gibt viele aktive Vereine, die auch Migranten mit einbeziehen. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen habe ich immer als eine der wichtigsten Aufgaben während meiner Zeit als Bezirksvorsteher empfunden. Integration kann man nicht regeln, man kann nur versuchen, das Umfeld für Begegnungen zu schaffen.
Und wo trinken Sie Ihren Trollinger oder Lemberger am liebsten?
In einer der Cannstatter Weinstuben oder zuhause auf meinem Balkon.