Die Folgen des Coronavirus haben die ungewöhnliche Dienstleistung von Barbara Immler aus Höfingen gefragter denn je gemacht.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Barbara Immler schreckt nicht so schnell vor etwas zurück. Das zumindest sagt die Mittfünfzigerin aus Höfingen über sich selbst. Als Ordnungsexpertin kommt sie viel rum und hat in den vergangenen Jahren schon einiges gesehen. Aber seit dem Beginn der Coronapandemie ist sie besonders stark gefragt.

 

„Ich bin fast zu 100 Prozent ausgelastet“, sagt die Höfingerin. Sie bezeichnet sich selbst als Aufräumcoach und hat es sich zur Aufgabe gemacht, anderen Menschen dabei zu helfen, ihr Zuhause auf Vordermann zu bringen. Ihr Motto lautet: „Das geht schön in Ordnung.“

Erste Infektionswelle hat den Trend befeuert

Ihr ungewöhnlicher Beruf ist an sich nicht mehr brandneu. Aus den USA ist diese Art der Dienstleistung bereits vor drei bis vier Jahren nach Europa herübergeschwappt. „Corona hat das Ganze aber richtig befeuert“, sagt sie. Mit der ersten Infektionswelle konnten viele Menschen ihrem Zuhause nicht mehr oft entfliehen. Homeschooling und das Arbeiten in den eigenen vier Wänden haben zudem die Wohnsituation verändert. Das hat zuerst dazu geführt, dass viele die Zeit genutzt haben, selbst ihr Zuhause auszumisten und zu verschönern. Bei einigen haben sich aber dadurch einige Defizite gezeigt, und es ist der Wunsch entstanden, sich Hilfe beim Ordnen und Verbessern der Wohnräume zu holen.

Wem es an Zeit, Lust oder Ideen mangelt, um das eigene Zuhause zu verschönern und eine sinnvollere Struktur zu schaffen, der ist bei Barbara Immler an der richtigen Adresse. Sie hilft beim Entrümpeln von Keller und Dachboden, um wieder Platz zu schaffen. Sie zeigt, wie sich Gegenstände gut aufbewahren lassen, um jederzeit einen Überblick zu haben. Sie gibt Tipps, wie sich Räume in wenigen Schritten umgestalten lassen, um sie wohnlicher und funktionaler zu machen.

Viele handeln erst, wenn alle Kapazitäten erschöpft sind

Manchmal sind es nur überschaubare Bereiche, in denen Chaos herrscht. „Etwa 25 Prozent der Anfragen kommen von Frauen, die meinen Kleiderschrank-Service nutzen möchten“, sagt Immler. Dabei geht sie mit ihren Kundinnen alle Kleidungsstücke durch und reduziert sie mit ihnen auf die Teile, die den Frauen passen und beim Tragen Freude bereiten.

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Mit überfüllten Schränken, Kisten und Regalen hat es die Höfingerin immer wieder zu tun, denn nicht selten kommt das Thema Ausmisten erst dann auf, wenn bereits alle Kapazitäten voll ausgeschöpft sind. Im Laufe der Zeit sammelt sich viel an. In diesem Punkt spielt nach Ansicht von Barbara Immler die schwäbische Mentalität durchaus eine Rolle. „Viele denken sich: ,Des isch no guad‘“, sagt sie und schmunzelt. Zudem mache sich der Trend zum Onlineshopping bemerkbar. Bequem vom heimischen Sofa aus kauft es sich schnell und bequem ein, vor allem wenn man wegen der Pandemie sowieso nicht nach draußen möchte. So stapeln sich nach kurzer Zeit etliche neue Kartons und Gegenstände zu Hause.

Kein Beruf, sondern eine Berufung

Bei ihren Terminen packt die Höfingerin kräftig mit an. Sie räumt zusammen mit ihrer zumeist weiblichen Kundschaft auf, sortiert aus und zeigt Handgriffe. „Das ist kein Hexenwerk. Ich lasse mir alles abgucken“, sagt sie. Bei zeitlich aufwendigen Bereichen mit mehreren Terminen gibt sie Hausaufgaben auf. „Die Leute sehen dann, es geht voran, und bleiben am Ball.“

Ihr Job ist für Barbara Immler „kein Beruf, sondern eine Berufung“, wie sie betont. „Ich räume extrem gerne auf und war schon immer sehr ordentlich.“ Ihr ist es jedoch wichtig hervorzuheben, dass es keine Schande ist, wenn man beim Thema Ordnung Hilfe in Anspruch nimmt. „Es ist eine Chance auf Veränderung.“

Ihre Anfänge liegen in der Modebranche

Als langjährige Hausfrau hat die Mutter zweier inzwischen erwachsener Kinder privat reichlich Erfahrung darin gesammelt, wie sich ein strukturiertes Zuhause am besten organisiert ist. Bevor sie sich als Aufräumcoach im Jahr 2018 ihr Metier professionell aufgezogen hat, hat sie im Freundes- und Bekanntenkreis und auf ehrenamtlicher Basis ihr Talent zur Verfügung gestellt. Ursprünglich kommt sie aber aus der Modebranche. Nach ihrer Ausbildung zur Damenschneiderin hat Barbara Immler an der Staatlichen Modeschule in Stuttgart einen Diplomabschluss als Schnitt- und Entwurfsdirektrice erworben. Zudem hat sie schon einmal als selbstständige Textildesignerin gearbeitet. Daher hat die Höfingerin ein besonderes Auge fürs Einrichten.