Nach vierwöchiger Vorwarnung: Die Stadt transportiert alte Fahrräder ab, die seit Monaten auf dem Stellplatz am Bahnsteig 1 vor sich hingammeln. Radhaus weiter leer.

Da muss Dominik Grün doch ein wenig schmunzeln: „Das hier könnte man höchstens noch als Einrad im Zirkus nutzen.“ Der Mitarbeiter des Leonberger Ordnungsamtes zeigt auf ein Fahrrad, dem ein Rad fehlt. Seit Monaten steht es in diesem Zustand auf dem Radabstellplatz am Bahnhof in Leonberg. Drum gekümmert hat sich bisher noch niemand.

 

Bisher. Denn am Donnerstag sind Leute des Ordnungsamts und des Bauhofs angerückt, um auf dem Radplatz direkt am Bahnsteig 1 buchstäblich für Ordnung zu sorgen. Ist doch das zirkusverdächtige Einrad nicht der einzige Problemfall. Insgesamt sieben mehr oder minder hinfällige werden abtransportiert. Sie haben völlig abgefahrene und platte Reifen, keine Lenker oder eben nur ein Rad und stehen mindestens seit vergangenem Herbst am Bahnhof.

Einige bringen ihre Räder noch rechtzeitig weg

Anfang Februar waren es noch mehr gewesen. Doch die Aufforderung der Stadt, die dauerhaft abgestellten Räder zu entfernen, hat die eine oder den anderen dann doch beeindruckt. Vor gut einem Monat hatte das Ordnungsamt an schrottreife Räder am Bahnhof entsprechende Zettel angebracht. Auch in unserer Zeitung wurde berichtet.

„Wir hatten bewusst eine lange Frist gewählt“, erläutert Dominik Grün die vierwöchige Vorwarnzeit. „Der Krieg in der Ukraine beschäftigt viele Menschen und lässt Dinge des Alltags in den Hintergrund geraten.“

Die Guten kommen ins Fundbüro

Tatsächlich waren in den vergangenen Tagen mehrere der desolaten Räder verschwunden. Und die sieben Exemplare, die trotz aller Mahnungen am Donnerstag immer noch auf dem Abstellplatz am Bahnsteig 1 gestanden haben, sind nun auch nicht mehr da. Der Bauhof hat sie auf einem Laster abtransportiert. Jene, die noch in einem betriebsfähigen Zustand sind, kommen ins Fundbüro im alten Rathaus am Marktplatz. Die andere werden verschrottet.

„Es war höchste Zeit“, sagt Dominik Grün vom Ordnungsamt. „Wenn jetzt die warme Jahreszeit beginnt, werden viel mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sein. Da brauchen wir Platz.“ Und der ist am Bahnsteig 1 tatsächlich ein rares Gut. Nur 102 Räder können dort überdacht abgestellt werden. Diese Stellplätze sind schnell weg.

Gähnende Leere in der Radgarage

Wobei eigentlich mehr Platz vorhanden ist. Direkt auf der anderen Straßenseite ist das Radhaus. Doch in der gesicherten Fahrradgarage herrscht auch knapp zwei Jahre nach deren Eröffnung gähnende Leere. Am Donnerstag sind gerade mal zwei Räder und ein E-Scooter drin. Platz ist für 50 Zweiräder.

Im Gegensatz zum kostenlosen Stellplatz direkt an den Gleisen ist das Radhaus quasi einbruchsicher. Pedelecs können dort aufgeladen werden, für die Nutzer gibt es Schließfächer, in denen sie Wertgegenstände deponieren können.

Keine Akzeptanz trotz günstiger Preise

Der Tag im Radhaus kostet einen Euro, ein weiterer Euro ist für ein Schließfach mit Ladeakku fällig. Je öfter das Radhaus genutzt wird, desto günstiger wird es: Die Wochenmiete kostet vier Euro, ein Monat zehn Euro.

Trotz dieser moderaten Preise hat das Radhaus in den vergangenen 24 Monaten keine Akzeptanz gefunden. Und so werden wohl auch in Zukunft Menschen bei der Stadt anrufen, die sich darüber beschweren, dass auf dem kostenlosen Radparkplatz am Bahnhof neu aufgetauchte Schrotträder vor sich hingammeln.