Die Qual der Wahl hatten die Besucher der Interkom am Samstag in Leonberg. 56 Aussteller präsentierten 115 Ausbildungsberufe.

Leonberg - Im Pflegedienst putzt man nur alten Menschen hinterher? Beim Finanzamt geht’s stinklangweilig zu? Und die Bundeswehr ist nur ein großer Abenteuerspielplatz? Jeder Beruf hat seine Klischees, oft haben sie mit der Realität wenig zu tun. Bei der Interkom, der interkommunalen Ausbildungsbörse in der Stadthalle Leonberg, konnten am Freitag zahlreiche Jugendliche, aber auch Erwachsene, aus erster Hand allerlei Ausbildungsberufe kennenlernen – und dabei vielleicht mit dem einen oder anderen Klischee aufräumen.

 

Bundeswehr ist zum ersten Mal dabei

56 Aussteller aus der Region haben sich an der Interkom beteiligt, berichtet die Organisatorin Kerstin Raschke. Im „Gepäck“ hatten sie 115 Ausbildungsberufe, die sie den Besuchern präsentierten. Einige, darunter die Firma Trumpf und die Bundeswehr, waren zum ersten Mal dabei.

„Klar sind wir bei den jungen Leuten nicht gerade erste Wahl“, sagt Sandra Schulz vom Finanzamt Leonberg. Sie weiß um den Ruf, den ihr Berufsfeld beim Nachwuchs hat. Einige machen auf Ausbildungsbörsen einen großen Bogen um ihren Stand. „Aber die, die stehenbleiben, zeigen auch Interesse.“ Für diese biete das Finanzamt anschließend auch Schnuppertage an, damit sie einen besseren Einblick bekommen. „Und die, die tatsächlich eine Ausbildung anfangen, bleiben meist auch dabei.“

Dass auch soziale Berufe auf Ausbildungsbörsen einen schweren Stand haben, kann Reinhard Ernst, Geschäftsführer der Sozialstation Gerlingen-Leonberg-Weilimdorf, nicht bestätigen. „Das wurde die letzten Jahre viel besser“, sagt er. „Es spricht sich inzwischen herum, dass Pflege doch mehr ist, als andere Leute aufs Klo zu begleiten, und dass es ein zukunftsträchtiger und wichtiger Beruf ist.“ Die Ausbildung gehöre zudem zu den bestvergüteten überhaupt. Ein Klischee stimmt allerdings: Unter den Besuchern sind es hauptsächlich die Mädchen, die an dem Stand stehenbleiben. „Wenn ich hier einen jungen Mann anspreche, heißt es meist: ,Oh Gott, nee!’“ Gleichwohl habe die Zahl der männlichen Bewerber in den vergangenen Jahren trotzdem zugenommen.

Die Schüler sind interessiert

Ist es dann bei der Bundeswehr vielleicht genau umgekehrt? „Im Gegenteil“, sagt Hauptmann Hans Brandel, der Büroleiter der Karriereberatung in Stuttgart. Auf Ausbildungsbörsen sei die Hälfte der jungen Interessierten weiblich. „Es ist erstaunlich, wie viele zu den Beratungen kommen.“ Tatsächlich verschickten dann aber hauptsächlich doch die jungen Männer eine Bewerbung. Für beide Gruppen gilt: „Viele wissen gar nicht, was wir überhaupt machen, und haben gar keine Vorstellung von dem Berufsfeld“, bedauert Brandel. In den Beratungen informierten er und sein Team dann ganz offen über alle Aspekte des Berufs, auch über die Risiken.

„Ich finde es gut, dass man hier direkt mit den Betrieben sprechen kann“, findet die 15-jährige Larissa von der Gemeinschaftsschule Döffingen. Freundin Janina (14) interessiert sich vor allem für die Krankenhausberufe: „Ärztin wäre für mich das schönste, aber ich könnte mir auch eine Ausbildung vorstellen“, erzählt sie.

Alessio (15) und Simon (14) von der Realschule Weil der Stadt haben sich vor allem bei den kaufmännischen Berufen umgesehen, zum Beispiel Automobil- und Industriekaufmann. „Ich bin technisch nicht so begabt, aber ich kann gut am PC arbeiten“, sagt Alessio. Von den Ständen mit technischen Berufen haben sie sich deshalb ferngehalten. Die von Polizei und Bundeswehr dagegen haben ihr Interesse dann wieder geweckt.

Auch die 14-jährige Veronika von der Realschule Renningen könnte sich eine Laufbahn bei der Polizei vorstellen, ebenso einen medizinischen Beruf. „Ich finde, man konnte an den Ständen auch viel Neues erfahren“, erzählt sie. Und konnte dabei auch so manche Überraschung erleben, sagt Freundin Jana. „Zum Beispiel bei Bankkauffrau dachte ich erst, dass mich das überhaupt nicht interessiert, aber es klang am Ende doch ganz interessant.“

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