Johann P.Hebel, Georg Herwegh und Joseph Viktor von Scheffel sei Dank: Jetzt hat der Landkreis Lörrach einen 50 Kilometer langen Literaturweg.  

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Stuttgart - Per pedales auf den Spuren der Poeten - das ist in Baden-Württemberg bereits auf sieben Routen möglich, die jüngste dieser Strecken kam unlängst im Südwestzipfel dazu: Von Lörrach im Wiesental führt der Weg gegen den Strom des "Feldbergs Töchterlein". So nannte der einzige alamannische Dichterfürst Johann Peter Hebel (1760-1826) den Fluss Wiese, der seine Quelle am höchsten Schwarzwaldberg hat.

 

Geboren im Bürgerspital in Basel, hat Johann Peter Hebel den Weg wieseaufwärts zu seinem Elternhaus in Hausen als Neugeborener in den Armen seiner Mutter gemacht, vorbei an den Ruinen des Röttler Schlosses bei Brombach. Nur dreizehn Jahre später starb auf der gleichen Strecke die geliebte Mutter, und nicht von ungefähr handelt eines seiner berühmtesten Gedichte - "Die Vergänglichkeit" - von einem apokalyptischen Dialog zischen Opa und Enkel unterhalb der Burgruine.

Entlang der Route gibt es literarische und historische Anhaltspunkte

Also schon zu Beginn der insgesamt 50 Kilometer langen Route gibt es genug literarische und historische Anhaltspunkte, die am Weiterfahren hindern könnten. Hebel ist in seinen Gedichten großzügig mit Ortsnamen umgegangen, so dass fast alle umliegenden Dörfer stolz sein können, in der Weltliteratur verewigt worden zu sein. In Hausen, dem Walhall der Hebel-Freunde ist das Hebelhus ein mehr als triftiger Grund, aus dem Sattel zu steigen, es ist im letzten Jahr anlässlich des 200. Geburtstages von Hebel zu einem veritablen Literaturmuseum umgestaltet worden.

Von Hausen geht es wieseabwärts zurück nach Schopfheim, dann nimmt der mit eigenem Signet beschilderte Weg eine andere Himmelsrichtung und windet sich südwärts auf den Dinkelberg hinauf, einen Muschelkalkrest zwischen Wiesen- und Rheintal; lieblich hügelig, mit saftigem Grün und alten Streuobstwiesen.

In dieser schönen Landschaft hatte der Dichter Georg Herwegh im Frühjahr 1848 sein Waterloo, das Dossenbach heißt. Mit einer Deutschen Demokratischen Legion waren der Dichter und seine energische Frau Emma aus Frankreich anmarschiert, um den Aufstand des Friedrich Hecker zu unterstützen. Aber sie kamen zu spät und wurden dann noch kurz vor der rettenden Schweizer Grenze von Militär angegriffen. Der Literat und seine Frau konnten über den Rhein fliehen, zehn Aufständische kamen zu Tode. Nie mehr hat sich der so wortgewaltige Freiheitsdichter von diesem Trauma erholt. Und wie keinem anderen wurde ihm posthum gründlich der literarische Garaus gemacht. Selbst  "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" wird meist ohne Kenntnis des Autors Herwegh zitiert.

Nur ein paar Kilometer weiter, in Bad Säckingen, lebte für kurze Zeit der Karlsruher Dichter Joseph Victor von Scheffel (1826 bis 1886). Er war 1850/51 Rechtspraktikant in der Kleinstadt am Hochrhein. Sein kurzer Aufenthalt hatte später Folgen. Der Biedermeier-Schriftsteller Scheffel schrieb eine aus dem 17. Jahrhundert stammende Geschichte eines musizierenden Bürgersohnes auf, die als Epos vom "Trompeter von Säckingen" die Stadt berühmt machte. Der "Trompeter" wurde auch als Oper aufgeführt und später verfilmt. Scheffel, der spätere Ehrenbürger von Säckingen, war im deutschen Kaiserreich nach 1871 einer der populärsten Autoren. Säckingen hat seinen literarischen Botschafter zwar vergoldet auf den Sockel gestellt, aber immer noch kein angemessenes Museum eingerichtet, das diesen Namen verdiente.

Der erste Radweg wurde in Hölderlins Geburtsstadt Lauffen eröffnet

Für die Idee der literarischen Radwege ist die im Deutschen Literaturarchiv Marbach angesiedelte Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg zuständig. Der erste dieser Radwege wurde im Juni 2008 in Hölderlins Geburtsstadt Lauffen eröffnet. Insgesamt sollen einmal 25 literarische Radwege im Land befahrbar sein.