Der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp ist beim 1:2 gegen den SSC Neapel in der Champions League ausgerastet – wieder einmal. Danach gibt der den reuigen Sünder und nimmt die Schuld an der Niederlage auf sich.

Neapel - Eine halbe Stunde nach Spielschluss hatte sich Jürgen Klopp wieder im Griff. Der Dortmunder Trainer betrat den Presseraum des Stadio San Paolo, reichte dem Übersetzer lächelnd die Hand und setzte sich, um die Fragen der Journalisten zu beantworten. Die drehten sich nur am Rande um die 1:2-Niederlage der Dortmunder zum Auftakt der Champions-League-Saison beim SSC Neapel, sondern in erster Linie um das Verhalten des Trainers, das wieder einmal viel Diskussionsstoff bot. Thema des Exkurses: Wie viel darf sich ein Trainer an der Seitenlinie herausnehmen, ohne dabei peinlich zu wirken?

 

Der brodelnde Vulkan am Fuße des Vesuvs

Der 46-Jährige, der in der vergangenen Saison in Europa als eine der schillerndsten Figuren seiner Zunft wahrgenommen wurde, offenbarte am Fuße des Vesuvs sein zweites Gesicht: Das eines brodelnden Vulkans, der sich nicht zu kontrollieren weiß.

Der Aufreger des Spiels ereignete sich in der 29. Minute, Neapels Stürmer Gonzalo Higuain hatte nach einer Ecke gerade zur Führung eingeköpft, als Klopp an der Seitenlinie ausrastete. Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer hässlichen Grimasse, der Trainer war völlig außer sich und wurde auf die Tribüne geschickt. Der Grund für Klopps Wut entsprang dem Umstand, dass Neven Subotic, der mit einer Platzwunde behandelt worden war, nach dem Dafürhalten des Trainers viel zu spät zurück auf den Rasen gelassen wurde und so das Unglück nicht verhindern konnte.

Es war nur eine Szene eines turbulenten Spiels, in dem die Dortmunder keinen glücklichen Eindruck hinterließen. Der Innenverteidiger Mats Hummels musste noch vor der Pause raus, er hatte bei einem Zweikampf einen Schlag auf den Ischias bekommen und konnte sich nicht mehr bewegen. Direkt im Anschluss flog der Torhüter und Kapitän Roman Weidenfeller vom Platz, bei seiner Rettungstag außerhalb des Strafraums hatte der Keeper die Hände zur Hilfe genommen. Sein Vertreter Mitch Langerak schlug sich einen Zahn aus, als er beim 2:0 für Neapel vergeblich versuchte, den Freistoß von Lorenzo Insigne zu entschärfen und dabei an den Pfosten knallte.

„Erst mal sacken lassen“

Eine Rote Karte, Verletzungspech und ein Trainer, der komplett die Fassung verliert – alles in allem war es also ein schwarzer Abend für den BVB, nicht nur, weil es in Neapel nichts zu gewinnen gab. Entsprechend mitgenommen war der Clubpräsident Reinhard Rauball nach dem Abpfiff. Er müsse das Erlebte „erst mal sacken lassen“, sagte der promovierte Jurist und sprach von „drei unglücklichen Momenten“ mit den Protagonisten Klopp, Hummels und Weidenfeller. Dass dem BVB kurz vor Schluss noch der Anschlusstreffer gelang, weil Neapels Camilo Zuniga den Ball ins eigene Tor lenkte, schönte den schlechten Gesamteindruck nur unwesentlich.

Hernach warf sich Klopp das Büßerhemd über („Ich mach’ da draußen den Affen! Das war wirklich doof“) und nahm die Niederlage auf seine Kappe. Er habe sich nach dem Schlusspfiff sowohl beim Schiedsrichter, als auch bei seinem Assistenten und der eigenen Mannschaft für sein Verhalten entschuldigt. So sei die Rote Karte für Weidenfeller eine Art Spätfolge gewesen, „weil meine negativen Emotionen nicht dazu beigetragen haben, die Hektik aus dem Spiel zu nehmen“. Klopp fand, „dass wir hier an guten Tagen, an denen der Trainer seine Nerven im Griff hat, durchaus was mitnehmen können. Doch da weder das eine noch das andere der Fall war, haben wir verdient verloren.“

Den weiteren Spielverlauf erlebte Klopp zuerst auf der Tribüne, danach im Kabuff des Hausmeisters, wo Klopp Asyl fand und das Spiel „mit einem sehr netten Mann, der auf das Stadion aufpasst“ am Fernseher sah. Auch wenn sich die Dortmunder in der zweiten Hälfte in Unterzahl achtbar schlugen und am Ende mit ein wenig Glück sogar zum Ausgleich hätten kommen können, bedeutete der Auftritt in Neapel einen herben Dämpfer für eine Mannschaft, die in der Liga bislang ohne Fehl und Tadel agierte. Klopp sprach von einem „sehr gebrauchten Abend, aber deshalb schenken wir jetzt die Champions League nicht kampflos ab“.