Im Bezirksrathaus stellt der Stuttgarter Künstler Jürgen Leippert aus. Zu sehen sind Bilder aus aller Welt – und dem Bezirk. Für deren Betrachtung gibt es einen Trick. Und die eine oder andere Anekdote.

Degerloch - New York, Rio, Degerloch. Nein, die Gruppe Trio Rio hat es nicht 30 Jahre nach ihrem einzigen Hit wieder versucht. Vielmehr sind New York, Rio, Degerloch und weitere sehenswerte Orte seit gestern Abend in einer ebensolchen Ausstellung im Degerlocher Bezirksrathaus zusammengestellt. Die circa 40 Werke stammen allesamt aus dem Pinsel Jürgen Leipperts.

 

Dass der 1944 im Stuttgarter Westen geborene Künstler bisher nach eigenem Bekunden keinen Bezug zu dem Bezirk am Fuße des Fernsehturms hatte, ist den Bildern nicht anzusehen. Ob Broadway oder Epplestraße – Leippert hat beides mit derselben Intensität gemalt. Der Bezug eines Malers zu einem Ort entstehe ohnehin nur, und zwar wirklich nur beim Malen, sagt Leippert. Von daher ist es auch einerlei, dass den 71-Jährigen nicht etwa bei einem Spaziergang durch Degerloch der Drang überkam, die Schönheit des Bezirks mit Ölfarben auf die Leinwand zu bannen, und die Werke stattdessen wegen einer alten Bekanntschaft mit dem Bruder Stephan Hutts von Huttmedia entstanden. „Stephan Hutt kam in meiner Stammboiz, dem Brett, auf mich zu und sagte, er sei der Bruder vom Achim“, erzählt Leippert.

Die Oak Bar und Rod Stewart

Aus den Kneipen und Cafés dieser Welt hat er ohnehin einige Anekdoten mitgebracht. Zum Beispiel aus der Oak Bar in New York. Während eines seiner zahlreichen Aufenthalte in dieser von ihm heiß geliebten Metropole schlich Leippert häufig an der Bar des Plaza Hotels vorbei. „Au, da würd’ ich gern einmal einen trinken“, habe er gedacht. Eines Tages traute er sich, die schicke Bar trotz seiner vom Malen gezeichneten Kleidung zu betreten: „,Sir‘ hinten und ,Sir‘ vorne – die haben wohl gedacht, wer mit so einem Aufzug reinkommt, muss wer sein“, sagt Leippert, der definitiv jemand ist.

Er selbst schloss in der Oak Bar eines Tages ebenfalls vom Äußeren auf den Menschen: „Da stand ein ganz nervöser Typ an der Bar und kippte einen nach dem anderen.“ Er habe noch gedacht, wie armselig es sei, dass der Mann sich als Rod-Stewart-Kopie ausgebe. Am nächsten Tag musste er in der Zeitung lesen, dass es das Original war. „Schade, vielleicht wäre es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft gewesen“, sagt der Weitgereiste lachend.

Ein Trick mit Aha-Effekt

Die Oak Bar hat Leippert auch künstlerisch festgehalten. Das Bild ist ebenfalls im Bezirksrathaus zu sehen und erinnert den einen oder anderen vielleicht an den Stil Max Beckmanns. Ein Gedanke, den Jürgen Leippert sehr freut: „Beckmann hat mich über viele Jahre hinweg geprägt“, sagt der einstige Schüler Alfred Lehmanns. In seinen Bildern steckt aber nicht nur etwas von Beckmann. Manche wirken geradezu impressionistisch. „Wenn sie bloß impressionistisch wären, wär’ mir das nicht recht“, sagt Leippert und meint, am besten ließe sich ein Unterschied erkennen, wenn man beispielsweise neben seinen „Bodensee“ einen Monet halte.

Zu einem Monet fällt Leippert auch eine Begebenheit ein: Er stand einmal in der Staatsgalerie und wandte einen Trick an, den ihm Alfred Lehmann beigebracht hat. Eine Frau ahmte ihn nach – und ließ plötzlich ein erstauntes „Huch!“ vernehmen. Wer auch ein solches Aha-Erlebnis haben möchte, sollte sich in den ersten Stock des Bezirksrathauses begeben, sich vor eines der Waldbilder Leipperts stellen, dann mit einer Hand ein Auge verschließen, mit der anderen einen engen Tunnel formen, vor das zweite Auge halten und das Bild betrachten.

Die Ausstellung