In Gablenberg wird passend zu 200 Jahre Cannstatter Volksfest und zum 100. Landwirtschaftlichen Hauptfest eine Ausstellung mit Drehorgeln und anderen mechanischen Musikinstrumenten eröffnet. Am 6. Oktober gibt es im Stadtteil Konzerte damit.

S-Ost - Leierkastenmänner haben einst zu Volksfesten gehört wie heute Zuckerwatte, gebrannte Mandeln oder ein Riesenrad. Die eindringliche Drehorgelmusik hallte noch lange in den Gehörgängen nach und die Männer am mal kleineren, mal größeren Leierkasten freuten sich über jeden Groschen. Das war vor allem in Berlin so, ebenso in Wien – und auch auf dem Cannstatter Wasen. Die erste Zeichnung, auf der ein Drehorgelspieler in Stuttgart zu sehen ist, stammt aus dem Jahr 1835 und zeigt einen Leierkastenmann beim Volksfest. Was würde also besser zum Doppeljubiläum 200 Jahre Cannstatter Volksfest und 100. Landwirtschaftliches Hauptfest passen, als ein großes Drehorgelspieler-Treffen? Das wird es zum Jubiläum auch tatsächlich geben, und zwar am 6. Oktober, aber nicht etwa auf dem Wasen, wo bis 14. Oktober gefeiert wird, oder beim – dann schon beendeten – historischen Volksfest auf dem Schlossplatz, sondern im nahen Gablenberg.

 

HGV und Muse-O arbeiten zusammen

Dort hatten die Verantwortlichen des Handels- und Gewerbevereins und des Museumsvereins Stuttgart-Ost lange nach einer Attraktion gesucht, die wenigstens einige der Zehntausenden von Volksfestbesuchern auf der anderen Seite des Neckars in die Gablenberger Geschäfte locken könnte. Zumal viele dieser Wasenbesucher auf dem Weg dorthin ohnehin durch Gablenberg fahren. Dabei entstand zunächst die Idee für das Treffen der Drehorgelspieler und in der Folge auch eine Ausstellung, in der die Besucher richtig was auf die Ohren bekommen.

Die Kurbeln von Drehorgeln üben eine fast unwiderstehliche Anziehungskraft auf Zuschauer und Zuhörer aus. Was allerdings dem professionellen Leierkastenmann ganz leicht und unangestrengt von der Hand geht (und dann oft auch ganz passabel klingt), bringt den ungeübten Laien schnell in Schwierigkeiten. Mal leiert er zu langsam, was die Musik dann unerträglich leiern lässt, mal zu schnell, was auch nicht viel besser klingt. Erleben und selbst ausprobieren können das Laien, Interessierte und Profis von Sonntag, 23. September an, im Muse-O am Schmalzmarkt, Gablenberger Hauptstraße 130. Dort wird um 15 Uhr die Ausstellung „Drehorgel & Co. Mechanische Musikinstrumente zum Schauen, Hören und Spielen“ eröffnet, und jeder darf einmal probieren.

Musikalischer Christbaumständer aus Bad Cannstatt

Zu sehen und zu hören sind mehrere Dutzend solcher mechanischer Instrumente, vom sich drehenden Christbaumständer aus Bad Cannstatt über über die beliebte Bacigalupo-Drehorgel aus Berlin und – kaum spielbare – Akkordeonautomaten bis hin zum raumhohen luxuriösen Musikautomatenschrank Komet. Dieser Komet-Plattenspielschrank ist auch das Prunkstück der Muse-O-Ausstellung. Laut Ulrich Gohl vom Museumsverein, der die Ausstellung zusammengestellt hat, gibt es davon weltweit noch genau zwei funktionsfähige Exemplare. Einer steht in einem in ein Museum umgewandelten ehemaligen Sultans-Palast in Indonesien, der andere bis zum Ausstellungsende am 25. November in Gablenberg. Während dieser wohlklingende Musikschrank einst ganz weltlich in einer Gaststätte stand und mit Münzgeld in Gang gesetzt werden konnte, erfüllten andere, viel leichtere und einfachere Drehorgeln auch geistliche Zwecke: Pfarrer nahmen sie in orgellose Kapellen mit, um für passende Andachtsmusik zu sorgen.

Mit der zunehmenden Verbreitung von Radio und Grammophon verschwanden die Drehorgeln ab etwa 1920 langsam von den Volksfesten und aus den Städten. Deswegen dürfte das große Drehorgeltreffen in Gablenberg am 6. Oktober eine Veranstaltung werden, die man so schnell nicht wieder erleben kann.