Der Hotelbetrieb ist seit Beginn der Pandemie stark eingeschränkt. Nicht immer lohnt es sich, aufzumachen. In einem Hotel in Filderstadt haben die Mitarbeiter im Lockdown eine besondere Aktion gestartet, um finanzielle und mentale Folgen abzufedern.

Bonlanden - Für Heiko Schleser war der 1. Februar ein besonderer Tag. An diesem Tag hat sein Hotel Ibis Styles in Bonlanden für Geschäftsreisende wiedereröffnet. „Pünktlich zum fünfjährigen Bestehen“, sagt er und grinst breit. Der Hoteldirektor versucht nicht, seine Emotionen zu verstecken. Die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Es war einfach nur schön“, sagt er strahlend, und das, obwohl es viel Extraarbeit fürs Team gibt – Tische auseinanderrücken, Zeitfenster fürs Frühstück vergeben und die Einhaltung der Coronaregeln überwachen, häufig lüften und alles desinfizieren.

 

Hinter Heiko Schleser und seinen zwölf Mitarbeitern liegen harte Monate. Zunächst musste das kleine Hotel Ende März 2020 zumachen, im Sommer wurde erst teilweise und später ganz wiedereröffnet. Ende Oktober dann die zweite Schließung. „Der erste Lockdown war hart, aber der zweite hat richtig wehgetan. Hier flossen Tränen“, sagt er.

Um die – finanziellen und mentalen – Folgen der Kurzarbeit abzufedern, habe sich das Team geschlossen bei einem Supermarkt in Filderstadt um Nebenjobs beworben. „Sich nicht aufgeben“, dies sei das Motto gewesen. Alle Hotelleute seien untergekommen. Der Hoteldirektor Heiko Schleser hat eine Zeit lang Regale eingeräumt. Er erzählt es erhobenen Hauptes. „Das hat uns besser zusammengeschweißt“, sagt er.

Diese Ausnahmen in Hotels sind erlaubt

Grundsätzlich gilt in Baden-Württemberg: In gewerblichen Übernachtungsstätten sind touristische Beherbergungen verboten. Ausnahmen: Übernachtungen für Arzt- und Prüfungsbesuche, für die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger oder das Besuchsrecht bei Kindern, zudem bei Dienstreisen. Die haben zuletzt aber so gut wie nicht stattgefunden, sagt Heiko Schleser. In vielen Firmen herrsche ein Reiseverbot. Die wenigen Geschäftsleute hätten die Kosten im Hotel nicht gedeckt, also habe man im Herbst schließlich ganz geschlossen.

Das „Ibis Styles Hotel Filderstadt Stuttgart Messe“, so der volle Name, ist insbesondere auf Messegäste ausgelegt, doch auch Musicalbesucher buchen sich sonst in die 62 Zimmer ein. Flugreisende gehören ebenfalls zur Klientel, „als das eingebrochen ist, hatten wir nichts mehr. Das war hart“, sagt Heiko Schleser, der Franchise-Nehmer ist.

Mit seinen Nöten ist der Bonländer Hoteldirektor nicht allein. Im Raum Stuttgart sind Businessleute die wichtigsten Hotelbesucher. 70 Prozent der Übernachtungsgäste in der Region sind aus beruflichen Gründen unterwegs, bestätigte Armin Dellnitz, der Vize-Präsident des Deutschen Tourismusverbands und Experte für den Großraum Stuttgart, jüngst gegenüber unserer Zeitung.

Gastgewerbe hatte 2020 Umsatzeinbußen von 40 Prozent

Der Effekt: Laut Tobias Zwiener vom Hotel- und Gaststättenverband im Land lag die Bettenauslastung in den Hotels im November 2020 bei nicht mal 13 Prozent; ein Minus von knapp 76 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. 2020 habe das Gastgewerbe im Land 40 Prozent seines Umsatzes eingebüßt.

Nach einer aktuellen Umfrage sähen drei von vier Selbstständigen in der Branche ihre Existenz gefährdet. Und gerade bei Businesshotels sei mit einer längeren Erholungsphase als bei touristischen Unterkünften zu rechnen, sagt Tobias Zwiener. Obwohl Geschäftsreisen erlaubt seien, gebe es aktuell kaum Buchungen. Das lohne sich für das Gros der Hoteliers nicht. „Wir haben die Rückmeldung, dass relativ viele, die am Anfang noch offen hatten, später doch geschlossen haben.“

Er ist vorsichtig optimistisch

Heiko Schleser hat die Wiedereröffnung nach drei Monaten dennoch gewagt. Er ist aktuell vorsichtig optimistisch. „Wir haben die Rückmeldung von den Firmen, dass Präsenz wieder mehr gefragt ist“, die Zahl der Buchungsanfragen sei wieder gestiegen. Bereits am zweiten Öffnungstag spricht er von einer zweistelligen Belegung. Doch zur Realität gehört auch: Die Situation ist dynamisch und instabil.

„Wir beobachten von Woche zu Woche“, sagt Caroline Nguyen, eine Sprecherin der Hotelgruppe. Die Infektionszahlen und die Bestimmungen des Landes müssten ständig überprüft werden. Heute aber erwartet Heiko Schleser erst mal einen Stammgast, der seit Monaten nicht da war. „Wir freuen uns wie Bolle.“