Daimler und Renault-Nissan wollen eine Milliarde Euro in ein neues gemeinsames Werk in Mexiko investieren. Es ist das bisher größte Projekt der beiden Autokonzerne. Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht dabei auch Vorteile für die Beschäftigung in Deutschland.

Stuttgart - Daimler und Renault-Nissan wollen eine Milliarde Euro in ein neues gemeinsames Werk in Mexiko investieren. Dies kündigten die beiden Konzernchefs Dieter Zetsche und Carlos Ghosn in einer Videokonferenz an. Es ist das bisher größte Projekt der 2010 geschlossenen Allianz der beiden Autokonzerne, die sich besser als erwartet entwickelt habe, wie beide betonten. „Vor vier Jahren hätte ich nicht vorherzusagen gewagt, dass die Zusammenarbeit so breit und intensiv würde“, sagte Zetsche und wollte aus diesem Grund keine Prognose wagen, wie viele weitere Projekte in der Zukunft noch in Angriff genommen werden. Eines indes schloss Zetsche nach den schlechten Erfahrungen nach der Hochzeit mit Chrysler aus: eine Fusion von Daimler mit Renault-Nissan sei kein Thema. Die Allianz sei gerade deshalb erfolgreich, weil man die Freiheit habe, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine Zusammenarbeit für beide Seiten vorteilhaft sei.

 

Die gemeinsame Entwicklung von Wagen der Kompaktklasse für Mercedes-Benz und die Nissan-Nobelmarke Infiniti sowie der gemeinsamen Produktion der Fahrzeuge in dem neuen mexikanischen Werk bringt nach Angaben der beiden Konzernchefs gleich mehrere Vorteile. Die beiden Konzerne können sich die Investitionen für den Bau des Werks und das Training der Mitarbeiter sowie die Entwicklungs- und Produktionskosten teilen. Zudem wollen sie damit zusätzliche Absatzchancen in Nordamerika nutzen und schneller als im Alleingang in diesem Marktsegment vorankommen. Der Daimler-Chef schloss allerdings nicht aus, dass auch Autos aus Mexiko nach Europa exportiert werden.

Zetsche versicherte, dass der zusätzliche Markterfolg in Amerika auch der Absicherung der heimischen Standorte beitragen werde. Zudem werde es Zulieferungen von Teilen aus deutschen Daimler-Werken geben. Der Motor und das Getriebe wird nach Angaben von Ghosn allerdings aus Nordamerika kommen. Insgesamt können in der neuen Fabrik bei voller Auslastung 300 000 Autos im Jahr produziert werden. Bis 2021 sollen dort insgesamt 5700 Arbeitsplätze entstehen. Grundsätzlich sollen die Wagen von Mercedes-Benz und Infiniti auf getrennten Produktionsstraßen hergestellt werden. Es könnten jedoch auch Autos von Mercedes-Benz und Infiniti im Wechsel vom gleichen Band laufen.

Welche Modelle produziert werde ist noch geheim

Welches oder welche Mercedes-Modelle in Mexiko produziert werden, wollte Zetsche noch nicht verraten. Klar ist nur, dass 2017 zunächst die Autos von Infiniti anlaufen und ein Jahr später die von Mercedes-Benz. Das „Manager-Magazin“ schrieb, dass dort das Coupé Mercedes-Benz CLA sowie als neues Modell der Kompaktklasse ein Kombi-Coupé mit der Bezeichnung Shooting Brake produziert werden soll. Beide werden auch in Ungarn hergestellt. Für eine Produktion in Mexiko würde sprechen, dass der CLA ein wichtiges Einstiegsmodell von Mercedes-Benz in den USA ist.

Zetsche und Ghosn betonten, dass es kein Risiko einer Kannibalisierung gebe. Ghosn sagte, die Marktforschung habe gezeigt, dass Käufer der Marke Infiniti sich in der Regel nicht für Mercedes-Benz interessierten und umgekehrt. Zetsche versicherte, dass die Vertriebsmannschaft warnend den Finger gehoben hätte, wenn ein Kompaktauto von Infiniti der Marke mit dem Stern Kunden abjagen würde.

Nach Einschätzung von Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht bietet sich in der derzeitigen Wachstumsphase die historische Chance, im In- und Ausland gleichermaßen zu investieren. Aus Sicht des Betriebsrats sei entscheidend, dass auch die deutschen Standorte am weltweiten Wachstum, der Erschließung neuer Beschäftigungsfelder und dem technologischen Fortschritt beteiligt werden, sagte Brecht der Stuttgarter Zeitung. So lange sich die Allianzpartner nicht gegenseitig Geschäft wegnehmen, habe der Betriebsrat nichts gegen die Kooperation einzuwenden. In der derzeitigen Wachstumsphase sieht Brecht keine große Gefahr, dass Belegschaften bei Standortentscheidungen gegeneinander ausgespielt werden könnten. Schwieriger werde es sicher, wenn die Produktion irgendwann einmal gedrosselt werden müsse. „Mit dem gleichen Nachdruck, mit dem der Vorstand seine Globalisierungsstrategie vorantreibt, werden wir dafür sorgen, dass auch die Belegschaften und ihre Interessenvertreter weltweit immer enger vernetzt werden,“ sagte der Betriebsratschef.