Der Druck auf den ADAC nimmt weiter zu. Angesichts der Manipulationen bei der Wahl der beliebtesten Autos drohen die Hersteller damit, die Preise der zurückliegenden Jahre zurückzugeben. Gleichzeitig plant der Club tief greifende Strukturreformen.

München - Der Druck auf den ADAC wird immer größer. Sollte sich bewahrheiten, dass beim Autopreis „Gelber Engel“ nicht nur die Stimmenzahl, sondern auch die Ergebnisse frisiert wurden, wollen die deutschen Autokonzerne sämtliche ADAC-Preise der vergangenen Jahre geschlossen zurückgeben, heißt es in der PS-Branche. „Solche Preise braucht niemand“, sagt der Vertreter eines Autobauers verärgert. Man habe sich branchenintern abgestimmt und werde gemeinsam handeln.

 

Insider befürchten, dass Deutschlands größter Verein kommende Woche offiziell eingestehen muss, dass auch die Reihenfolge der Preisträger beim Autopreis manipuliert wurde. Noch werden die neuen Vorwürfe geprüft. Die Süddeutsche Zeitung will davon von einem ungenannten Informanten erfahren haben. Demnach wurde beim Gelben Engel 2014 BMW begünstigt. Eigentlich wäre der 5er-BMW bei der Preisverleihung Anfang Januar nach Stimmen nur auf den siebten Platz gekommen. Der ADAC hat ihn aber auf Rang fünf gesetzt, zu Lasten des VW Tiguan als eigentlichem Fünftplatzierten.

„Wir können das nicht bestätigen", sagte ein ADAC-Sprecher. Noch würden die Abstimmungslisten von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte unabhängig untersucht. Der Club könne nur auf deren Mitteilung warten und habe keinerlei Einfluss auf die Prüfung. Deloitte habe signalisiert, kommenden Montag oder Dienstag Resultate zu präsentieren. „Für BMW sind die Preise nur dann von Bedeutung, wenn sie unabhängig und transparent ermittelt wurden“, stellte ein Konzernsprecher klar. Sollte sich bestätigen, dass die Reihenfolge der Preisträger manipuliert wurde, werde BMW alle seit Existenz des Gelben Engels 2005 erhaltenen Trophäen zurückgeben – unabhängig davon, wie sich andere Autokonzerne verhalten. Sprecher von Daimler und VW äußern sich ähnlich.

Meyer will im Amt bleiben

Mit einer massiven Kurskorrektur versucht der Club nun, den Flächenbrand im Haus in den Griff zu bekommen. Um wieder glaubwürdig zu werden, hat der Verwaltungsrat ein Zehn-Punkte-Programm verabschiedet. „Angesichts der Vorwürfe der vergangenen Wochen sind wir überzeugt, dass der ADAC eine Zäsur braucht und sich neu ausrichten muss“, räumte Club-Präsident Peter Meyer ein. Geplant ist unter anderem, dass die international renommierte Anwaltskanzlei Freshfields die Struktur und insbesondere die interne Rechtsverfassung des ADAC sowie seiner 18 Regionalclubs unter die Lupe nimmt. Ein Antikorruptionssystem soll installiert und der Posten eines für Recht und Gesetz zuständigen Topmanagers neu geschaffen werden. Zudem wird eine externe Webseite freigeschaltet, auf der man anonym Missstände und Verfehlungen melden kann. Ähnlich hatte Siemens reagiert, als dort 2006 schwarze Kassen gedeckt wurden. Darüber hinaus wird es ab sofort für ADAC-Pannenhelfer keinen Bonus mehr für den Verkauf von Batterien geben. Diese Praxis war heftig kritisiert worden, weil dadurch tendenziell Batterien ausgetauscht werden, die gar nicht kaputt sind. ADAC-Rettungshubschrauber würden künftig nur noch für Rettungsflüge verwendet und es gebe keine Tests mehr ohne doppelte externe Qualitätskontrolle.

Diskutiert werden sollen alle Reformvorhaben mit ADAC-Delegierten bei der kommenden Hauptversammlung in Saarbrücken vom 8. bis 10. Mai. Einige Monate später sollen sie dann von einer außerordentlichen Hauptversammlung beschlossen werden. Persönlich will Meyer weiterhin keine Konsequenzen ziehen und im Amt bleiben. Er ist bis 2017 als ADAC-Präsident gewählt. Erfahrene Krisenmanager, die einen internen Einblick in den ADAC erhalten haben, zeichnen indessen ein erschreckendes Bild von den dortigen Zuständen. „So etwas habe ich noch nie erlebt, es brennt überall, alles muss überprüft werden“, sagt einer von ihnen. Die Reformfähigkeit des Clubs entscheide nun über seine Zukunft. „Der ADAC muss sich neu erfinden“, betont der Insider.

Es könnte aber auch noch schlimmer kommen. Zum einen wird befürchtet, dass nicht nur die Reihenfolge der Preisträger beim Gelben Engel 2014 sondern auch in Vorjahren manipuliert wurde. Zum anderen prüft das Amtsgericht München den Vereinsstatus des Clubs. Wird der kassiert, muss der ADAC deutlich mehr Steuern zahlen. Dazu kommen hohe Aufklärungskosten durch Deloitte und Freshfields. Zudem könnten durch die Skandale die Anzeigenerlöse der Clubzeitschrift unter Druck geraten. Angesichts einer Auflage von 14 Millionen werden dort ganzseitige Anzeigen bislang für knapp 100 000 Euro verkauft.