Das Fellbacher Kulturprogramm bietet im Frühsommer etliche Veranstaltungen zur Literatur und Sprachkultur. Dazu gehört auch eine Silent Disco in einer ehemaligen Kläranlage bei Oeffingen. Eine Wiederauflage erfährt zudem die Fête de la Musique am längsten Tag des Jahres.

Diverse Abhandlungen haben sich schon mit berühmten ersten Sätze literarischer Werke befasst. Stets und meist sogar mit gleich mehreren Werken dabei ist Franz Kafka – etwa bei der ungeheuerlichen Verwandlung Gregor Samsas in einen Käfer oder bei unserem Favoriten aus „Der Prozess“: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben. . .“ Kafka zieht immer, in diesem Jahr allerdings aus gegebenem Anlass ganz besonders – denn am 3. Juni wird der Autor zu seinem 100. Todestag weltweit mit zahlreichen Veranstaltungen gewürdigt.

 

Mörike-Preis im Mittelpunkt

Dass Kafka, geboren am 3. Juli 1883 in Prag, in diesem Jahr auch in Fellbach ausgiebig zelebriert wird, hat noch einen speziellen Grund. Denn im Mittelpunkt des diesjährigen Kulturlebens am Fuße des Kappelbergs steht der mittlerweile zum zwölften Mal vergebene, mit 15 000 Euro dotierte Mörike-Preis der Stadt an den tschechischen, seit einigen Jahren in Berlin lebenden Schriftsteller, Dramatiker und Musiker Jaroslav Rudiš.

Die Zeremonie als Höhepunkt des in den Tagen darum herum gruppierten Veranstaltungsreigens findet statt am am Mittwoch, 15. Mai, also zwei Wochen vor Kafkas Todestag, abends im Uhlandsaal der Schwabenlandhalle. Und als Highlight des Höhepunkts wiederum schließt sich an die diversen Laudationes ein Konzert von Rudiš Rockformation an – diese heißt passenderweise Kafka-Band und sorgte hierzulande schon öfter im Literaturhaus Stuttgart am Berliner Platz für Furore. Ihr jüngstes Projekt hat die Band übrigens in Anlehnung ans Kafkas Romanfragment eben „Der Proceeß“ getauft und im September 2023 auch als Album veröffentlicht – das Ergebnis wird sie nun als musikalisch-literarisches Konzert in der Fellbacher Vorzeigehalle präsentieren.

Passend zum Mörike-Preis – er wechselt sich im dreijährigen Turnus mit der Triennale Kleinplastik (steht 2025 wieder an) sowie dem zuletzt 2023 über die Bühne gegangenen Europäischen Kultursommer ab – stehen heuer somit Literatur und Sprache im Mittelpunkt des diesjährigen Angebots, berichtete Fellbachs Kulturamtsleiterin Maja Heidenreich jetzt im Verwaltungsausschuss.

„Deutsch ist beautiful“

Bereits angelaufen ist die Ausstellung „Deutsch ist beautiful“, eine Liebeserklärung an unsere Sprache im Stadtmuseum an der Hinteren Straße. Von April bis Juli gibt es dann als Teil des Literaturfests zum Mörike-Preis das vielseitige Veranstaltungsprogramm „Prosa, Pop und Poesie“. „Es gibt sehr viel zum Mitmachen und Genießen“, verspricht Heidenreich.

Eine der moderierten Lesungen stellt dabei eine außergewöhnliche Premiere dar. Denn unter den elf bisherigen Mörike-Preisträgern ist einer, der überhaupt noch nicht vor Ort in Fellbach war: Es ist Leif Randt, der eigentlich vor drei Jahren geehrt werden sollte. Die diversen anberaumten Termine scheiterten allerdings gleich mehrfach entweder an den Pandemie-Bestimmungen oder schließlich an dessen eigener Coronainfektion. Nun jedoch ist Randt fest eingeplant – ebenso wie weitere ehemalige Preisträger, die nach Fellbach kommen werden.

Das Weidachtal soll wiederbelebt werden

Vorgesehen sind in diesem Frühsommer zudem ein Bücherfest mit Flohmarkt, eine Schreibwerkstatt mit der Akademie für gesprochenes Wort und ein Pub-Quiz. Wiederbelebt werden soll außerdem das Weidachtal, nordwestlich des Fellbacher Stadtteils Oeffingen in Richtung Neckarufer gelegen. Die dortigen Tropfkörper der einstigen Kläranlage wurden zur Remstal-Gartenschau 2019 hergerichtet und dienten als Kulisse für Theateraufführungen und Konzerte. In diesem Sommer findet dort nun ein Kinderkulturfest statt. Außerdem wird’s in der stillgelegten Kläranlage eine Silent Disco geben, bei der sich Tanzfreudige zu den Klängen aus dem Kopfhörer wiegen können. Stadträtin Agata Ilmurzynska (Grüne) offenbarte bereits große Vorfreude auf die Silent Disco, sie werde vor Ort sein. Keine Kopfhörer hingegen sind erforderlich beim ebenfalls im Weidachtal vorgesehenen Konzert am 28. Juli mit dem Sonus Quintett, einem jungen Kammermusikensemble aus Stuttgart.

Nach dem großen Besucherzuspruch bei der Premiere im vergangenen Jahr hat das Kulturamt eine Wiederholung von La Fête de la Musique vorgesehen – am längsten Tag des Jahres, am Freitag, 21. Juni 2024.

In den Mittelpunkt ihres Rückblicks auf 2023 stellte Heidenreich natürlich den 7. Europäischen Kultursommer unter dem Motto „L’art de Vivre“. In mehr als 50 Veranstaltungen – Konzerte, Theater, Lesungen, Ausstellungen – wurde das Gastland Frankreich in all seinen Facetten präsentiert.

Mit Heidenreichs Kulturbericht und der herausragenden Bandbreite des Angebots waren die Fraktionsvertreter sehr zufrieden. „Fellbach ist ohne Frage eine Kulturstadt“, konstatierte Ulrich Lenk (FW/FD), „der Ruf in diesem Bereich ist weit über Fellbach hinaus sehr gut.“ Hans-Ulrich Spieth ergänzte: „Der Kultursommer ist ein Edelstein der Kultur“, lobte Hans-Ulrich Spieth (CDU).

„Die Verwandlung“ mit Wolfram Koch

Lesung
Exakt zum 100. Todestags von Franz Kafka hat Christa Linsenmaier-Wolf, Vorsitzende der Kulturgemeinschaft Fellbach, als hochkarätigen Gast den Schauspieler Schauspieler Wolfram Koch für eine Lesung gewinnen können.

Metamorphosis
Koch, bekannt als Tatort-Kommissar in Frankfurt, liest am Montag, 3. Juni 2024, um 19.30 Uhr im Uhlandsaal der Schwabenlandhalle aus „Die Verwandlung“ – jener unheimlichen Geschichte über Gregor Samsa, der eines morgens als Käfer erwacht. Passend dazu spielt der junge Pianist Ido Ramot Stücken aus „Metamorphosis“ von Phil Glass, die der amerikanische Minimal-Komponist eigens für „Die Verwandlung“ schrieb. Karten gibt’s beim i-Punkt Fellbach, Telefon 0711 / 58 00 58.