Stuttgarts Cafés sind morgens voll, vor allem am Wochenende – der Hype ums Frühstücken gehen ist riesig. Doch ist der Brunch mit Pancakes und Co. wirklich der perfekte Start ins Wochenende oder purer Stress? Zwei Autor:innen, zwei Meinungen: Hier kommt ein Pro-und-Kontra zum Auswärts-Frühstück in Stuttgart.

Dass die Stuttgarter:innen gerne frühstücken gehen, zeigt ein allmorgendlicher Blick in die vollen Cafés unserer Stadt. Vor allem am Wochenende, wenn der Breakfast Club ruft, wird das Frühstück im Kessel so richtig zelebriert. Doch ist der Cafébesuch für Pancakes, Eggs Bendedict und Co. wirklich der perfekte Start in den Tag? Unsere Autor:innen sind da ganz unterschiedlicher Meinung. Wir bringen die beiden an den Frühstückstisch. Feuer frei!

 

Contra: Joachim Baier frühstückt stressfrei daheim

Es gibt so ein paar Dinge im Kessel, die mich wirklich zur Weißglut bringen können. Das kann das Kehrwochenschildle sein, das schon wieder an meiner Wohnungstür hängt, die nicht fahrende S-Bahn, auf die ich mich ausnahmsweise verlassen habe, fünf Euro für ein Stück Kuchen im Café oder ganz einfach die Frage: „Wollen wir frühstücken gehen?“

Ich weiß, das Frühstück ist (angeblich) die wichtigste Mahlzeit des Tages. In Stuttgart - und ganz sicher auch in anderen Großstädten - wird sie aber ganz schnell auch zur stressigsten Mahlzeit überhaupt. Vor allem an den Wochenenden kann ich mir (neben der Kehrwoche) nichts Schlimmeres vorstellen, als mich mit Freund:innen viel zu früh am Tag in einem der mehr oder weniger gehypten Cafés zum Frühstücken treffen zu müssen. Ich habe es mehrfach versucht, habe mir am Wochenende einen Wecker gestellt, der nach einer durchgefeierten Nacht dann doch viel zu früh klingelte, bin hungrig und ohne Kaffee aus dem Haus, nur um Frühstücken zu gehen.

Ich habe wirklich viele Jahre versucht, mich mit dem riesigen Angebot an Frühstückslocations im Kessel anzufreunden. Doch der Versuch ist gescheitert, es ist und bleibt für mich einfach nur die Hölle. Und lässt mich schon früh morgens zum hangry Bruddler mutieren. Einst behauptete eine Freundin, ich hätte ihr ein Auswärts-Brunch zum Geburtstag geschenkt. So als richtiges Event. Halte ich bis heute für ein Gerücht, wir gingen letztendlich ins Kino. Popcorn statt Pancakes!

Ja, die Vorstellung, dass Menschen im Kessel entweder Ewigkeiten vor einem Café anstehen, um die ersten Mahlzeit oder den ersten Kaffee des Tages nach viel zu langer Wartezeit serviert zu bekommen oder dass man mehrere Wochen im Voraus planen muss, ob man an diesem einen Morgen wirklich um 10 Uhr (noch früher wäre ja frech) schon wach genug ist, um fancy Pancakes von ebenso fancy Tellern zu essen, löst bei mir einfach nur Stress aus. Mittagessen, Kaffee und Kuchen, Dinner, After-Party-Burger – count me in, alles gar kein Problem, aber beim Frühstück hört der Spaß auf. Ich will nach dem Aufstehen meinen Kaffee, meine Butterbrezel oder frische Brötchen vom Bäcker nebenan. Klingt spießig, ist aber viel entspannter als den Hype um das "Frühstücken gehen" mitzumachen.

Klar, das Frühstück in Stuttgarts Cafés ist (bestimmt) lecker und sieht auch auf Instagram immer gut aus. Und sogar die Option, dass man den ganzen Tag Frühstücken gehen kann, zeigt, dass es für viele Stuttgarter:innen tatsächlich die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Vielleicht werde ich ja irgendwann dem Druck nicht mehr standhalten können und tatsächlich wieder ganz spaßig Frühstücken gehen. Dann aber natürlich nur mit Reservierung, denn beim Anstehen hört der Spaß schon direkt wieder auf. Bis dahin gönne ich mir eine Butterbrezel. Gefrühstückt wird daheim!

Pro: Tanja Simoncev könnte jeden Tag den ganzen Tag frühstücken gehen

OMG, dass es bei diesem Thema überhaupt ein Pro und Contra gibt, wundert mich tatsächlich sehr. Aber klar, viele Menschen, diverse Ansichten. I know, I know. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich Frühstücken früher richtig doof fand. Als Kind, in Kombination mit dem viel zu frühen Aufstehen für die Schule, ein Albtraum. Ich habe es gehasst, mir morgens um 6.30 Uhr ein Butterbrot mit Lyoner reinzufahren, während ich meine Augen kaum auflassen konnte. Das soll die wichtigste Mahlzeit des Tages sein? I doubt it! Neudeutsch: Ich hatte Zweifel.

Und dann wird man älter und weiß plötzlich andere Dinge zu schätzen beziehungsweise kann vieles nach dem eigenen Tempo und Gusto gestalten. Kann sich den Beruf so aussuchen, dass man – zum eigenen Bio-Rhythmus passend – ausgeschlafen aufstehen kann. Und dann hat man defintiv Bock auf Frühstück! Und wenn man dann auch noch gerne ausgeht beziehungsweise unter Leuten ist, was sieht, was erleben will, dann ist das Frühstück im Café um die Ecke der perfekte Ort, um in den Tag zu starten.

Denn dort wird einem nicht nur in einem coolen, urbanen Ambiente serviert, was das Herz begehrt, nein Freund:innen! Hier geht's von der Disse in den Club, genauer in den Breakfast Club. Und das bedeutet: (Fast) jeden Tag, den ganzen Tag frühstücken zu können, nach durchzechter Nacht oder auch einfach, weil man's liebt. Pancakes, Avocado-Stullen, Eier in allen Varianten – lecker! Der Schwabe oder die Schwäbin in uns würde sagen: Was willsch mehr!?! Und ja klar, stellen sich selbige auch nicht selten die Frage: Was koscht au des?!? Aber Leute, ganz ehrlich, dann muss man gar nicht mehr aus- beziehungsweise Essen gehen. Alles wird teurer, that's the game. Aber wir alle gönnen uns halt auch gern mal was. Nicht immer, nicht ständig und schon gar nicht jedes Wochenende, aber hin und wieder – und dann halt so richtig. Etageren mit Wurst, Käse, Hummus treffen auf Brotkörbe, Pancakes-Türme und ein Gläsle Sekt. Herrlich. Einfach das Leben einmal mehr zelebrieren und am besten vorab reservieren. Denn das Schlangestehen nervt natürlich, aber was mir wirklich gefällt, ist das Konzept, unabhängig von der Tageszeit leckeres Früshtsück serviert zu bekommen.

Niemand muss morgens frühstücken, wenn er oder sie da lieber schläft. Mittags geht ein belegtes Brot mit Ei Benedict auch gut runter und fluffige Pancakes sowieso. Und das ganze dann noch außerhalb der eigenen Küche serviert zu bekommen, ohne selbst einen Finger zu krümmen, besser geht's nicht. Start your day right! Bei mir heißt das: Frühstücken gehen geht immer!