Der Autovermieter Sixt hat auch schon recht unkonventionell geworben. So etwa mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese aber nahm das gelassen. In Europa will das Unternehmen Branchenführer werden.

Stuttgart - Rebellen haftet fast chronisch ein jugendliches Image an. Aber bei Erich Sixt ist einiges anders. Gegründet hat die von ihm seit 1969 geführte Autovermietung sein Vater Martin. Doch verkörpert wird sie durch dessen Sohn Erich. 70 Jahre wird der gebürtige Niederösterreicher heute alt. Aber was heißt das schon bei einem bekennend Arbeitsbesessenen wie ihm? „Alt sind Sie, wenn Sie beschlossen haben, alt zu sein“, hat der Jubilar soeben in einem Interview klargestellt. Er kenne jedenfalls Dreißigjährige, die älter als er selbst seien. „Ich dagegen bin immer bereit zur Revolution“, stellt der ewige Rebell klar.

 

Hautnah miterleben kann man das jedes Jahr bei Sixt-Hauptversammlungen, wo sich der Herr im Haus selten an einen Redetext hält und beim richtigen Reizwort schnell mal in Rage gerät. Für alle anderen offenbar wird das Wesen von Sixt in aggressiver Firmenwerbung, die Erich Sixt in großen Teilen selbst verantwortet. Der Liebhaber großer Opern und Philosophen geht dabei gerne in die Vollen und schießt in der ihm eigenen Interpretation von Humor bisweilen über das Ziel hinaus.

Zu spüren bekamen das unterschiedliche Persönlichkeiten wie Bundeskanzlerin Angela Merkel oder das bayerische Justizopfer Gustl Mollath, als dieser aus der Psychiatrie entlassen wurde. Merkels Frisur nutzte Provokateur Sixt auf wenig charmante Art, um Cabrios zu vermieten, Mollaths Konterfei unerlaubt zum Werbespruch „Wenn hier jemand verrückt ist, dann Sixt mit seinen Preisen“. Zumindest Letzteres fand nicht jeder lustig. Sixt musste sich öffentlich entschuldigen. Als er 2011 beim damals diskutierten Austritt Griechenlands aus der EU mit dem hämischen Satz „Liebe Griechen, Sixt akzeptiert wieder Drachmen“ warb, gab es Morddrohungen. Sein Wesen wird der 70-Jährige, der sein Betriebswirtschaftsstudium seinerzeit wegen unbedeutender Lehrinhalte abgebrochen hat, aber nicht mehr ändern. Das halten alle, die ihn näher kennen, für ausgeschlossen. Seine Mitaktionäre wissen ohnehin, was sie am Firmenpartriarchen haben, der seine börsennotierte Aktiengesellschaft wie ein Familienunternehmen führt. Seine Frau Regine, mit der er sein Unternehmen zu Deutschlands größtem Autovermieter gemacht hat, sowie seine beiden Söhne Alexander und Konstantin arbeiten im Topmanagement des Hauses. Ans Aufhören denkt der Mann, der sich selbst gern auf die Schulter klopft, trotz seines runden Geburtstages noch nicht.

Dem Hobbyflieger ist eher nach Angreifen. Europaweit ist Sixt dabei, Branchenführer zu werden. Hertz ist bereits abgehängt, bei Avis sind die Münchner auf die Stoßstange aufgefahren, auch die Nummer eins Europcar ist im Visier. Vor allem aber lässt Sixt derzeit in den USA expandieren, und er wagt auch immer wieder Neues. Zuletzt war das der Chauffeurservice MyDriver, eine Art Luxustaxi. Beim Carsharing kooperiert der bisweilen skurril wirkende Unternehmer mit BMW innerhalb der gemeinsamen Tochter Drive Now, die diesen April nach eigenen Angaben als erste Carsharing-Firma mit 300 000 Kunden die Gewinnzone erreicht hat.