Mit dem Babycafé im Eltern-Kind-Zentrum hat das Mütterforum ein offenes Netzwerk geschaffen. Jetzt wurde das Konzept sogar patentiert.

Stuttgart - Amelie ist zufrieden. Sie strahlt ihre Mutter an, die nach ihren Füßchen greift. Fünf Monate alt ist das Mädchen, jede Woche besucht ihre Mutter mit ihr das Babycafé im Eltern-Kind-Zentrum des Mehrgenerationenhauses in Stuttgart-West. "Wenn wir hier sind, ist sie immer ganz entspannt", sagt Birte Berking. Seit Januar kommt sie mit Amelie in den offenen Treffpunkt in der Ludwigstraße. Lange habe sie nach einem Angebot wie dem Babycafé gesucht. "Das ist eine seltene Sache. In Stuttgart gibt es wenig offene Runden."

 

Müttern wie Birte Berking eine Anlaufstelle zu bieten, wo sie Beratung und Gleichgesinnte finden, ist die Idee hinter dem Babycafé. An zwei Tagen in der Woche für jeweils zwei Stunden ist der Treff für frischgebackene Eltern geöffnet, die Kinder sind maximal ein Jahr alt. Im Vergleich zu anderen Angeboten hat das Babycafé keine feste Kursstruktur. "Hier bin ich flexibel, kann auch mal eine halbe Stunde zu spät kommen. Das ist ein Vorteil, wenn man ein kleines Kind hat", sagt Birte Berking. Sie unterhält sich mit anderen Müttern, zuvor haben sie gemeinsam Rückenübungen gemacht. "Das ist für jede stillende Mutter ein Thema." Je nachdem, mit welchen Fragen oder Bedürfnissen die Eltern in das Babycafé kommen, gibt es dort entsprechende Angebote. Das können gymnastische Einheiten oder kann ein Erfahrungsaustausch mit Experten des Kinderkrankenhauses sein. Regelmäßig werden Fachreferenten aus verschiedenen Bereichen eingeladen. Babycafé mit Gästen haben es die Gründer deshalb genannt.

Eine frühe Netzwerkbildung ist unverzichtbar

Als Teil der Familienbildung haben sich mehrere Mütterzentren in Baden-Württemberg das Konzept überlegt, das mit Unterstützung der Deutschen Bank patentiert wurde. "Es ist einmalig bei den Mütterzentren, dass wir aus unserer Philosophie heraus auf diese Weise ein eigenes Produkt schaffen", sagt Petra Renz, die Leiterin des Mütterforums Baden-Württemberg, dem Verband der Mütterzentren.

Das Siegel bedeutet für das Babycafé nicht nur Qualitätssicherung, sondern es bestätigt die Ansätze der Initiatoren. "Was wir hier machen, ist Teil der Familienbildung und nicht nur Pillepalle", sagt Andrea Laux, die Geschäftsführerin des Eltern-Kind-Zentrums West. Hier wurde das Babycafé als Marke entwickelt und ist im September 2009 als Pilotphase gestartet. Schon länger habe es ähnliche Ansätze gegeben, erzählt Laux. Im Zusammenhang mit dem neuen Elterngesetz habe sich der Bedarf entwickelt. "Das ist gut, weil es gut ausgebildete Mütter fördert, aber die Politik vergisst manchmal, was das genau bedeutet." So sei eine frühe Netzwerkbildung unverzichtbar für eine Mutter, die beispielsweise nach einem Jahr zurück in den Beruf kehre. Mit dem Babycafé wurde ein entprechendes Konzept erarbeitet.

Verknüpfung von offenem Treff und Kursangebot

Hier könne der nötige Rückhalt entstehen, sagt Laux. Die Besonderheit ist die Verknüpfung von offenem Treff und Kursangebot: beides bieten die Mütterzentren schon immer an. Das Babycafé mit Gästen verbindet aber erstmals beides. Gleichgesinnte treffen aufeinander, und zu den Gästen gehören nicht nur Fachleute, sondern auch Senioren oder erfahrene Mütter aus der Nachbarschaft. "Sie werden zu Ansprechpartnern, geben ihre Erfahrungen weiter und können den Eltern auch mal ihr Kind für eine Weile abnehmen", sagt Laux.

Gerade in Großstädten wie Stuttgart seien solche Kontakte wichtig. "Nicht jeder hat enge Freunde oder Verwandte in der Nähe, die aushelfen können. Wir brauchen dieses Dorf in der Großstadt." Im Babycafé im Stuttgarter Westen stehen der leitenden Erzieherin mehrere Seniorinnen und Frauen aus dem Viertel zur Seite. "Man kann hier sein Kind ablegen, ohne dass man Sorge haben muss", bestätigt Birte Berking. Keine Sekunde lässt sie ihre kleine Amelie aus den Augen, aber die Gewissheit, dass es möglich wäre, entspannt.

Jeder Besuch des Babycafés kostet 3,50Euro, bezahlen können die Eltern mit dem Gutscheinheft des baden-württembergischen Elternbildungsprogramms Stärke. In zehn der 50 Mütterzentren im Land gibt es bereits ähnliche Angebote. Im vergangenen Herbst haben sie sich zu einer Werkstatt zusammengeschlossen, um das Konzept zu übernehmen und auszuarbeiten. Das Babycafé mit Gästen soll flächendeckend im Land eingeführt werden, sagt Petra Renz. Im Zentrum West ist man nach der Einführung bereits beim nächsten Schritt. "Wir planen ein deutsch-türkisches Babycafé und die Ausweitung auf mehrere Tage", sagt Andrea Laux.

Öffnungszeiten: Das Babycafé in der Ludwigstraße 41-43 ist dienstags und freitags von 9.30 bis 11.30 Uhr geöffnet.