Die Bachakademie Stuttgart stellt das Programm des Musikfests sowie die Spielzeit 2014/15 vor. Mit dem Freiburger Barockorchester wird eine engere Zusammenarbeit vereinbart.

Stuttgart - Ein Glaskasten mit abgenagten Riesenknochen, im Hintergrund das Gequackel von Schulklassen beim Dino-Glotzen: manche PR-Idee ist nichts als ein flauer Kalauer. Im Museum für Naturkunde am Löwentor hat die Internationale Bachakademie Stuttgart (IBA) am Donnerstag ihre Pläne für das Musikfest und die Saison 2014/15 vorgestellt – und das alles, weil das Musikfestthema dieses Jahr „Herkunft“ heißt. Das war es schon mit den paläontologischen Bezügen, denn unter den Stoßhörnern des Mammuthus primigenius fraasi wird künftig nicht konzertiert.

 

Der künstlerische Leiter Hans-Christoph Rademann und Gernot Rehrl, der Intendant, haben feinsinnigere Bezüge im Sinn, als dass es solcher Gags bedürfte: „Ohne Herkunft gibt es keine Zukunft“, sagte Rademann. Herkunft als kulturelles Erbe, als geografischer Ursprung, aber auch als Herkommen – die sprachliche Dynamik des Themas soll ein Echo im Musikprogramm des Musikfests finden. Vom 29. August bis zum 14. September sind in Stuttgart 43 Veranstaltungen terminiert.

Erstmals wird es ein Orchestra in Residence geben, es ist das Freiburger Barockorchester (FBO), ein naheliegender Partner – seit 15 Jahren haben die Badener eine Abonnementsreihe in Stuttgart. Langfristig könnte sich eine engere Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten der historischen Aufführungspraxis und der Bachakademie mit seiner Gächinger Kantorei ergeben, meint Rademann, der als Dirigent stilistisch ebenso offen ist wie das FBO mit seinem Repertoire vom Frühbarock bis weit in die Romantik. Im Sommer werden die Freiburger ein Konzert in Consort-Besetzung geben, das Abschlusskonzert der Meisterkurse für Gesang und Dirigieren sowie die Aufführung von Händels Oratorium „Solomon“ bestreiten. Anfang 2015 folgt dieh-Moll-Messe, mit der die Gächinger Kantorei, das FBO und Rademann auch in Halle, Berlin und Freiburg gastieren werden.

„Bach.Lab“ mit Jazz, Live-Elektronik und Konzert im Dunkeln

Wie im vergangenen Jahr wird es beim Musikfest die Reihe „Sichten auf Bach“ geben. Ausgehend von den späten Kantaten werden mittlere und frühe Werke der Gattung in Bachs Schaffen beleuchtet. Eine ganz neue Farbe bringt das Podium Esslingen ins Spiel. Unter der künstlerischen Leitung des Cellisten Steven Walter hat das alternative Klassik-Festival seit 2009 rasch Aufmerksamkeit und junge Hörer gefunden. Die Bachakademie, immer bemüht um nachwachsendes Publikum, hat die dreiteilige Reihe „Bach.Lab“ beim Podium Festival Esslingen bestellt, bei der in den Wagenhallen und im Club Schocken mit Jazz, Live-Elektronik und einem Konzert vollständig im Dunklen auf den berühmten Bach reagiert werden soll.

Daneben stehen einige große Namen auf dem Musikfest-Programm, die mal mehr, mal weniger das Motto Herkunft bedienen, etwa die Münchner Philharmoniker mit Lorin Maazel, das RSO Stuttgart mit Roger Norrington und die Junge Deutsche Philharmonie unter der Leitung von Christopher Hogwood. Ganz apart sind die Vater-Sohn-Konzerte mit den Familien Brendel, Prégardien und Zimmermann. Hans-Christoph Rademann selber eröffnet das Musikfest mit Haydns „Schöpfung“ und drei Wunschsolisten: Annette Dasch, Réne Pape und Daniel Behle.

Rademann ist auch in der Saison außerordentlich fleißig, von den sieben Akademie- und Sakral-Modern-Programmen leitet er fünf mit Werken von Bach, Händel, Beethoven, Zemlinsky und Honegger. Zur Saisoneröffnung gibt es ein Wiederhören mit dem IBA-Gründer Helmuth Rilling, der Mozarts Requiem und dessen späte g-Moll-Sinfonie dirigiert. Geradezu ins Schwärmen geriet der Sachse Hans-Christoph Rademann, der sich in Stuttgart zunehmend wohlzufühlen scheint, gestern über die Erfolge des Kinder- und Jugendprogramms „Bachbewegt!“ – auch das wird fortgesetzt.