An der Backnanger Mörike-Gemeinschaftsschule hat ein Fußballtrainer Kindern von Einheimischen und Flüchtlingen einige Kniffe gezeigt. Beim darauf folgenden Turnier zählte das Miteinander mehr als Tore.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Die Zuschauer in der Sporthalle der Mörikeschule johlen. Einer der Fußballspieler aus der Mannschaft ohne Leibchen passt den Ball weit über die Köpfe seiner Gegner hinweg, ein Mitspieler nimmt ihn an, prescht vor und zirkelt den Ball sauber am Torwart vorbei ins Netz. Doch kaum jemand zählt die Tore. Es geht darum, in der Gemeinschaft Spaß zu haben. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Hälfte der 24 Kids, die über den Hallenboden flitzen, kommt aus Flüchtlingsfamilien, die in Unterkünften in Auenwald und Backnang wohnen.

 

Am Spielfeldrand steht Jochen Bauer. Er ist Inhaber einer Fußballtrainer-A-Lizenz, war einmal Jugendtrainer des VfB Stuttgart und hat sich mit seiner Fußballschule JB Fairplay selbstständig gemacht. Bauer hat das Integrationsprojekt „Flüchtlingskinder“ ins Leben gerufen, das Training in Backnang ist nach einem Integrationstag in Neckarsulm das zweite seiner Art. In Backnang sind auch das Landratsamt, die Stadt und eine Menge Sponsoren mit im Boot. „Sport verbindet“, sagt Bauer.

Die Kids sind stolz auf die Trikots

Zuerst haben die Kids zwischen sechs und 14 Jahren ihre Koordination geübt, Bauer hat ihnen gezeigt, wie sie ihr Dribbling verbessern können. Dann standen noch Finten auf dem Programm, der Zweikampf eins gegen eins „mit Torabschluss“ und die Kür eines Elfmeterkönigs. Abschluss des gemeinsamen Trainingsvormittags war ein Turnier, gespielt nach den Regeln für Hallenfußball.

Bauer teilt die Kinder in vier Gruppen auf, achtet darauf, dass immer Flüchtlingskinder und einheimische Schüler zusammen spielen. Den Mannschaften mit den verschiedenfarbenen Leibchen gibt er Namen von Profivereinen. Die Kids tragen ihre Trikots und Bälle, die ein Sponsor zur Verfügung gestellt hat, mit einem Stolz, als liefen sie tatsächlich für Barcelona & Co auf. Ein Geschwisterpärchen, das sich anfangs kaum in die Halle getraut hat, ist bald kaum mehr vom Ball wegzubekommen.

Regeln sind wichtiger als Ergebnisse

Einen Turniersieger kürt Bauer nicht. Und zwar ganz bewusst: „Solche Ergebnisse vergessen die Kinder immer schnell. Es geht doch ums Spielen.“ Auch in seinen Workshops zur Talentförderung zeichne er Spieler nicht nur für sportliche Leistungen aus, sagt Bauer, sondern insbesondere, wenn sie sich im menschlichen Miteinander besonders hervorgetan hätten. Ganz wichtig dagegen seien Regeln. „Die muss man einhalten, wenn alle Spaß haben sollen“, sagt Bauer.

Dass das Projekt an der Backnanger Mörikeschule stattgefunden hat, ist kein Zufall. An der Gemeinschaftsschule gibt es drei internationale Vorbereitungsklassen für Migrantenkinder. Laut dem Rektor Klaus Lindner ist allerdings klar, dass der gemeinsame Sport nur ein Anknüpfungspunkt sein kann. „Am wichtigsten für die Integration ist die Sprache. Daher muss es uns gelingen, die Kinder jetzt dauerhaft in einen Verein einzugliedern“, betont Lindner.

Dafür ist Martina Kobald, die Jugendleiterin des FC Viktoria Backnang, gekommen. „Unser Verein ist 1948 im Prinzip als Flüchtlingsverein gegründet worden“, erzählt sie, als sie die Kinder ermutigt, doch mal beim Training vorbeizukommen. Bald will sie den Verein in einer der Integrationsklassen noch näher vorstellen – und vielleicht tatsächlich ein paar neue Fußballtalente für Viktoria gewinnen.