Seit Jahren dämmert das Stammhaus des Instituts Eckwälden vor sich hin. Nun soll es für drei Millionen Euro renoviert und umgebaut werden. In die sanierten Räume ziehen die Verwaltung, vier Schulklassen und zwei Wohngruppen ein.

Bad Boll - Am Blumhardt-Haus machen wir nicht mehr viel, es wird ja demnächst umgebaut.“ Dieser Satz aus seinen Anfangstagen im Institut Eckwälden klingt dem Heimleiter Edzard Götz noch immer in den Ohren. Das ist 24 Jahre her. Doch nun wird es wahr: das Baugesuch für eine Sanierung und einen Umbau ist genehmigt, die Finanzierung ist gesichert, und möglicherweise rücken schon im Herbst die ersten Handwerker an. Insgesamt drei Millionen Euro investiert das Institut, das Kinder mit einem besonderen Förderbedarf auf der Grundlage der anthroposophischen Heilpädagogik betreut, in sein Stammhaus.

 

Wer in den Bad Boller Teilort Eckwälden fährt, kommt am Blumhardt-Haus nicht vorbei. Das Gebäude mit seinem verblassten roten Anstrich fällt schon durch seine Größe ins Auge, obwohl es von Bäumen und Büschen verdeckt wird. Seit Jahren steht der streng symmetrisch angelegte Fachwerkständerbau, den der Pfarrer Christoph Blumhardt 1888 errichten ließ, so gut wie leer. Lediglich das Erdgeschoss wird noch genutzt. Die oberen Stockwerke hat man im Jahr 2009 aufgegeben.

Nähe von Schule und Wohnen

Doch in anderthalb bis zwei Jahren soll wieder Leben in das Gebäude einziehen, das trotz seines prominenten Bauherrn nicht denkmalgeschützt ist. Das Heil- und Erziehungsinstitut für seelenpflegebedürftige Kinder, das von einem Verein gleichen Namens getragen wird, will im ersten Stock Räume für eine erste bis vierte Klasse einrichten. In den zwei Etagen darüber sollen zwei Wohngruppen mit jeweils acht Kindern einziehen. Diese räumliche Nähe von Schule und Wohnen sei ideal für Mädchen und Jungen, die einen besonders geschützten Raum bräuchten, weil sie in ihrem jungen Leben schon durch alle Maschen gefallen seien, sagt Andreas Völkel. Er ist einer von mehreren Schulleitern der staatlich anerkannten Einrichtung. Im Erdgeschoss wird nach Abschluss der Arbeiten wieder die Verwaltung ihren Sitz nehmen. Das Dachgeschoss, das in den 1980-er Jahren ausgebaut wurde, wird künftig nicht mehr genutzt. „Allein der Brandschutz wäre sehr kostspielig“, sagt Völkel.

Bei der anstehenden Sanierung soll möglichst viel erhalten werden. Das sei auch kein Problem, da das Gebäude nicht schadstoffbelastet sei, sagt Völkel. Wenig Spielraum habe man bei der Raumaufteilung. „Die Baustruktur gibt vieles vor, die Anordnung der Fenster etwa“, erläutert Götz. Als Nachteil empfindet er das nicht. Das „Innenleben“ sei sehr durchdacht. Nach Ende der Arbeiten sollen auch die alten Heizkörper frisch gestrichen an ihren Platz zurückkehren.

Symmetrie wird wieder hergestellt

Dem Institut ist es ein Anliegen, den einstigen Charme des Hauses wieder herzustellen. Durch den Anbau eines zweiten Treppenhauses in den 1980-er Jahren sei die für einen Fachwerkständerbau typische Symmetrie zerstört worden, erläutert Götz. Besonders fatal habe sich ausgewirkt, dass dieser Seitentrakt mit der gleichen Farbe gestrichen worden sei, wie das historische Gebäude. Nun soll dieses zweite Treppenhaus etwas zurückgebaut und farblich deutlich vom Hauptgebäude abgesetzt werden. „Damit kommt die Symmetrie wieder besser zur Geltung“, sagt Götz. Außerdem wird ein Aufzug eingebaut. Auch eine andere Bausünde wird beseitigt: die vor 30 Jahren eingebauten Dachflächenfenster müssen weichen, und das Dach wird wieder mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. „Nach Auskunft der Experten sind die nicht teurer als andere“, sagt Götz.

Behutsam verändert wird der in den 1950-er Jahren angebaute Festsaal. Für ein größeres Foyer wird ein Teil seiner Fläche zum Haupthaus hin geopfert. Im Gegenzug entsteht gegenüber ein Vorbau.

Vom Kurhaus-Ableger zum Institut

Pfarrer Christoph Blumhardt ließ das Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts als Außenstelle des Kurhauses in Bad Boll errichten. 40 besonders ruhebedürftige Patienten kamen dort unter. Zehn Jahre später wurde das Haus aufgegeben, weil die Entfernung zum Boller Bad als ungünstig empfunden wurde. 1902 bis 1930 diente das Gebäude als Pensionat für höhere Töchter, das Heinrich Härlin 1858 in Göppingen gegründet hatte. Nach seinem Tod führten seine Töchter die Einrichtung weiter, bis diese im Jahr 1930 aus Wirtschaftlichkeitsgründen geschlossen wurde. Die Härlin-Töchter schlugen alle Angebote der Nazis aus, die die Immobilie gerne erworben hätten.

Im Jahr 1937 zog Frank Geraths mit seinem Heil- und Erziehungsinstitut, das er acht Jahre zuvor in Stuttgart eröffnet hatte, nach Eckwälden. Ganz freiwillig war dieser Umzug nicht. Er wollte seine Schützlinge den Blicken der Nationalsozialisten entziehen, die kranken und behinderten Menschen ein Lebensrecht absprachen und später viele von ihnen systematisch töten ließen. Die Kinder des Instituts – damals etwa 40 – überlebten alle. Heute besuchen 160 Kinder die Schule des Instituts. 80 von ihnen leben im dazugehörigen Heim.