Nach den Sommerferien geht es los mit dem Startchancenprogramm für Schulen in Bildungsbrennpunkten. 222 Schulen in Baden-Württemberg sind von Anfang an dabei.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Rund 4500 Schulen gibt es in Baden-Württemberg. 222 erhalten schon vom nächsten Schuljahr an Fördergelder aus dem Startchancenprogramm, das Bund und Länder gemeinsam beschlossen haben. Das Programm richtet sich gezielt und ausschließlich an Schulen in sozialen Brennpunkten. Schon im ersten Jahr des auf zehn Jahre angelegten Programms sollen in Baden-Württemberg 153 Grundschulen, 21 Realschulen, 17 Haupt- und Werkrealschulen, 14 Schulen mit sonderpädagogischem Profil und ein Gymnasium Zuschüsse aus diesem neu geschaffenen Topf bekommen. Das hat das Kultusministerium auf Anfrage unserer Redaktion mitgeteilt.

 

Ergänzt werden soll die Liste der Geförderten demnächst um einige berufliche Schulen, bei denen sich die Auswahl allerdings noch etwas verzögert. Rund 300 weitere Schulen im Südwesten sollen laut Kultusministerium vom übernächsten Schuljahr an Fördergelder aus dem Programm erhalten. Das bundesweit geltende Bildungsziel dieses Förderprojektes ist die Stärkung der elementaren Deutsch- und Mathekenntnisse. Mit Hilfe der Zuschüsse – dabei handelt es sich laut Einschätzung von Experten um fünf- bis sechsstellige Beträge pro Jahr und Schule – sollen die Schulen den Anteil der Schüler halbieren, die die Mindestanforderungen in Deutsch und Mathematik verfehlen.

Schopper: „Das Programm ist ein Meilenstein“

„Das Programm ist ein Meilenstein“, betont Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) zum Start eines Internetportals über „Startchancen BW“, das am Mittwoch freigeschaltet wurde. „Wir unterstützen ganz gezielt dort, wo die Unterstützung am meisten gebraucht wird: Bei den Kindern und Jugendlichen, die es aufgrund ihrer Herkunft oder ihres familiären Hintergrunds nicht aus eigener Kraft schaffen können.“

Von besonderem Interesse ist das Startchancenprogramm bei den geförderten Grundschulen. Denn das Grundlagenpapier zur Weiterentwicklung des Bildungssystems, auf das die grün-schwarze Koalition sich gerade verständigt hat, hat die Umsetzung des Startchancenprogramms bereits antizipiert. „Wir entwickeln ein Konzept für den Ausbau des Ganztags und führen den verbindlichen Ganztag an allen Startchancenprogramm-Grundschulen ein“, heißt es in dem Papier.

In einem Schulleiterbrief der Kultusministerin über „Weichenstellungen im Bildungssystem“ vom 8. Mai, der unserer Redaktion vorliegt, informiert Schopper darüber, dass ihr Haus ein Konzept für den Ausbau des verbindlichen Ganztags erarbeitet. „Im ersten Schritt ist beabsichtigt, alle Startchancenprogramm-Grundschulen zu verbindlichen Ganztagsschulen weiterzuentwickeln“, heißt es dort. Die Umwandlung „in rhythmisierte verbindliche Ganztagsschulen soll attraktiver gestaltet und für die Kommunen erleichtert werden“.

Städtetag warnt vor „Ad-hoc-Prozess“

In den Kommunen schlägt diese Weichenstellung bereits Wellen. Beim Städtetag ist aufmerksam registriert worden, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Regierungserklärung nicht dargelegt hat, wie die Umwandlung in verbindliche Ganztagsgrundschulen erfolgen soll. Das könne nicht in einem „Ad-hoc-Prozess“ geschehen, ergänzt Bildungsdezernent Norbert Brugger auf Anfrage.

Im Informationsschreiben der Kultusministerin an die fürs Startchancenprogramm ausgewählten Schulen sei von der Weiterentwicklung zur Ganztagsgrundschule noch nicht die Rede gewesen, betont er. Brugger verweist auf die geltende Rechtslage, wonach über die Einrichtung verbindlicher Ganztagsgrundschulen die kommunalen Schulträger entscheiden. „Die Wirkung und Einrichtung eines verbindlichen Ganztagsschulangebots muss untersucht und berücksichtigt werden“, fordert er. Das sei besonders im Blick auf jene Eltern und Schüler zu berücksichtigen, die schon an den betroffenen Schulen seien und sich gegen das verbindliche Ganztagsangebot entschieden hätten.