Ein Grüner und ein Roter sollen gemeinsam die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes leiten. Nachdem einer absprang, bleibt es nun bei einem Chef.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes, Baden-Württemberg International (BWI), soll nun doch keine Doppelspitze bekommen. Nach den Turbulenzen um das geplante Führungsduo hat Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) dem Aufsichtsrat vorgeschlagen, es bei einem Geschäftsführer zu belassen. Der neue, von der SPD empfohlene BWI-Chef Jürgen Oswald habe bald nach seinem Amtsantritt festgestellt, dass die Leitungsstruktur durch die Zusammenlegung von Geschäftsbereichen optimiert werden könne und seine beiden Kollegen zusätzliche Verantwortung übernehmen wollten, begründete Schmid das Umdenken. „Vor diesem Hintergrund lag es nahe, (. . .) die Zahl der Geschäftsführerstellen von zwei auf eins zu reduzieren“, schreibt er in der Antwort auf eine Anfrage von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

 

Angesichts der Turbulenzen hatte sich Rülke nach den Modalitäten der Postenvergabe erkundigt. Neben Oswald als Sprecher der Geschäftsführung war ursprünglich der frühere Grünen-Landeschef Andreas Braun als zweiter Geschäftsführer gewählt worden. Braun verzichtete jedoch überraschend auf den Chefposten und begründete dies mit ungeklärten formalen und Zuständigkeitsfragen. Zuvor hatte es zwischen Grünen und SPD ein Gerangel um die Position des Sprechers gegeben. Die Entscheidung fiel letztlich im Aufsichtsrat, wo der SPD-Kandidat Oswald – Ministerialrat im Wirtschafts-und Finanzressort von Nils Schmid – auch von den Vertretern der Wirtschaft unterstützt wurde. Braun, beim Klinikum Stuttgart für das Auslandsmarketing zuständig, konnte sich nur knapp gegen eine dritte in die Endauswahl gelangte Bewerberin durchsetzen. Zunächst gab es Überlegungen, anstelle Brauns die aus einer Beratungsfirma kommende Kandidatin zum Zuge kommen zu lassen. Sie geht nun wohl leer aus.

Personalberatung im Zwielicht

Die Stellenbesetzung war auch wegen der eingeschalteten Personalberatung, Dr. Heimeier & Partner, in die Schlagzeilen geraten. Die Berater hatten mit Oswald und Braun genau jene Favoriten aus mehreren Dutzend Bewerbern herausgefiltert, die Grün-Rot von Anfang an bei BWI installieren wollte. Dies nährte den Verdacht eines abgekarteten Verfahrens – ähnlich wie bei einer Stellenbesetzung des Bundesentwicklungshilfeministers Dirk Niebel (FDP), bei der ebenfalls Heimeier tätig war.

Auf kritische Fragen Rülkes hin verteidigte Minister Schmid nun das Vorgehen. Die Personalberatung sei beauftragt worden, weil sie bei der Besetzung von Führungspositionen für das Land seit Jahren „ausgezeichnete Arbeit“ leiste. Es habe sich um eine objektives Verfahren gehandelt, bei dem nach Eignung und Befähigung entschieden worden sei. Der Frage nach Vorabsprachen wich Schmid aus, weshalb die FDP hier noch einmal nachhaken will – genauso wie bei den Kosten für die Berater. Laut der Antwort erhielten sie ein „branchenübliches Honorar“, das der Minister aber nicht bezifferte. Damit blieb er in puncto Transparenz hinter seinem Berliner Kollegen Niebel zurück, der das Honorar für Heimeier – knapp 60 000 Euro – genau angegeben hatte.

Dem Vernehmen nach will das Land die Vergütung kürzen, weil statt zwei Geschäftsführern nur einer bestellt wurde. Üblicherweise erhalten Personalberater etwa ein Drittel des Jahreseinkommens des Gesuchten. Als „völlig haltlos“ wies Schmid den Vorwurf zurück, es handele sich um ein teures Scheinverfahren auf Kosten der Steuerzahler, das sogar strafrechtlich relevant sein könnte.

Verdacht gegen Niebel erhärtet?

Genau diesen Verdacht hat der hessische SPD-Bundestagsabgeordnete Sascha Raabe gegen den FDP-Minister Niebel erhoben. Dabei geht es um die Berufung der früheren Ettlinger Oberbürgermeisterin Gabriela Büssemaker (FDP) zur Chefin einer neuen Servicegesellschaft, die das entwicklungspolitische Engagement von Kommunen koordinieren soll. Büssemaker hatte schon vor der Ausschreibung von einem neuen Job gesprochen, behauptet inzwischen aber, etwas anderes gemeint zu haben. Angesichts der vermuteten Vorfestlegung, die der Minister bestreitet, wittert Raabe einen Fall von Untreue. Er hat Niebel deshalb bei der Staatsanwaltschaft Berlin angezeigt, wartet aber noch auf eine Reaktion der Behörde.

Inzwischen sieht der Kritiker seinen Verdacht erhärtet. So habe Büssemakers Ehemann bereits im Sommer einer Ettlinger Bürgerin gesagt, seine Frau werde einen neuen Job im Entwicklungshilfeministerium annehmen. Zudem habe die Ex-Rathauschefin verdächtig früh eine Wohnung in Bonn angemietet, wo die Servicegesellschaft ihren Sitz hat. Auch FDP-intern dauert der Unmut über die Personalie an. In Ettlingen haben bereits zwei prominente Lokalpolitiker dagegen protestiert, in dem sie Funktionen für die Partei abgaben.