Baden-Württemberg ist Risikogebiet Mehr gefährliche Krankheiten durch Zecken

Sie wirkt wie aus einem Horrorfilm: eine Zecke in Großaufnahme. Der Parasit ernährt sich vom Blut von Wirbeltieren – auch dem von Menschen. Foto: dpa/Marijan Murat

So viele Menschen wie noch nie haben sich im vergangenen Jahr eine FSME-Virusinfektion zugezogen. Diese kann dramatisch enden. Was hat die Coronapandemie damit zu tun?

Rems-Murr-Kreis - Für die Menschen ist 2020 ein Krisenjahr gewesen, oft mit Kurzarbeit verbunden. Hochkonjunktur gab es dennoch – bei den Zecken. Darauf weist zumindest die Zahl der FSME-Infektionen hin. FSME ist die Abkürzung für Frühsommer-Meningoenzephalitis, einer von Zecken übertragenen Viruserkrankung, die zu einer Gehirnentzündung führen kann. Diese trat 2020 in Baden-Württemberg mehr als doppelt so oft wie 2019 auf. 350 Fälle wurden dem Landesgesundheitsamt gemeldet.

 

Damit machten die FSME-Fälle im Land fast die Hälfte der Gesamtzahl in Deutschland von mehr als 700 aus – dem höchsten Wert, seit 2001 eine Meldepflicht für FSME eingeführt wurde. „Das Robert Koch-Institut weist außer dem Stadtkreis Heilbronn ganz Baden-Württemberg als FSME-Risikogebiet aus“, sagt der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha.

Die Infektionszahlen in den Kreisen entwickeln sich unterschiedlich

Auch im Rems-Murr-Kreis gab es mehr Fälle, diese blieben aber mit der Steigerung von drei auf sieben im einstelligen Bereich. Im Vergleich dazu schnellten im Stadtkreis Stuttgart die FSME-Infektionen von 4 auf 14 hoch. In den Kreisen Böblingen (9 Fälle), Esslingen (4) und Ludwigsburg (2) stagnierten dagegen die FSME-Infektionen auf dem jeweiligen Vorjahresniveau, derweil im Kreis Göppingen gar keine registriert wurden. Damit spiegeln die unterschiedlichen Entwicklungen in der Region Stuttgart das differenzierte Bild in ganz Baden-Württemberg wider, wobei die Kreise Freudenstadt und Ortenau mit 28 beziehungsweise 27 FSME-Fällen an der Spitze liegen.

Über die Ursachen für die deutlich höhere Gesamtzahl an FSME-Infektionen können Zeckenexperten der Universität Hohenheim nur spekulieren. Eine Erklärung könne das durch die Coronapandemie veränderte Verhalten der Menschen sein, die sich 2020 häufiger draußen in der Natur aufgehalten haben, mutmaßt die Professorin Ute Mackenstedt. Doch gibt es noch andere Gründe. So kann es auch daran liegen, dass die Wahrscheinlichkeit, sich bei einem Zeckenbiss zu infizieren, höher war. So gab es nach Angaben des Nationalen Konsiliarlabors für FSME beim Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr voriges Jahr ungewöhnlich viele der Spinnentiere im Erwachsenenstadium, die eine höhere Virusträgerrate als halbwüchsige Zecken im sogenannten Nymphenstadium besitzen. Ob sich der Trend in diesem Jahr fortsetzt, ist laut Zeckenexperten nicht absehbar.

Auch der Klimawandel macht sich bemerkbar

Man beobachte, dass FSME auch in den nördlichen Bundesländern auf dem Vormarsch sei, berichtet Ute Mackenstedt: „Eine Rolle spielt dabei sicherlich auch der Klimawandel. So ist der gemeine Holzbock jetzt nicht nur in den wärmeren Jahreszeiten, sondern auch im Winter aktiv.“ Zudem erobere die ganzjährig aktive Auwaldzecke als neue Art in Deutschland immer mehr Gebiete. „Sie könnte durchaus eine Rolle bei der Ausbreitung des FSME-Erregers spielen.“

Gegen FSME kann man sich impfen lassen. Da es jedoch noch andere Krankheiten wie etwa Borreliose gibt, die von Zecken übertragen werden können, empfiehlt das Bundesministerium für gesundheitliche Aufklärung noch andere Schutzmaßnahmen. So sollte jeder bei Spaziergängen auf befestigten Wegen bleiben und Kontakt zu Unterholz, hohem Gras und bodennahen Pflanzen meiden, wo sich Zecken aufhalten. Zudem sollte man feste Schuhe und helle Kleidung tragen, auf der Zecken auffallen. Zurück daheim sollte der gesamte Körper sorgfältig nach Zecken abgesucht werden.

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