Herausragende Lehre an Hochschulen hat Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) mit Preisgeldern von 250.000 Euro gewürdigt. Erstmals wurden Studierende für ihr Engagement zu Gunsten von Flüchtlingen mit einem Sonderpreis bedacht.

Stuttgart - Mit einem Festakt im Neuen Schloss hat das Wissenschaftsministerium die Hochschullehre aus dem Schatten der Forschung geholt. Sechs Professoren erhielten den Landeslehrpreis. Projekte von Studierenden in Tübingen und in Ulm wurden mit Sonderpreisen für studentisches Engagement bedacht. „Gute Lehre schafft es, neue Generationen von neugierigen Menschen hervorzubringen“, lobte die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Sie erwartet, dass die jungen Menschen „die Grenzen dessen, was wir wissen, überwinden.“

 

Dazu haben in den Augen der Juroren an den Universitäten Mathias Gutmann und Peter Nick von Karlsruher Institut für Technologie (KIT) am meisten beigetragen. Gutmann lehrt Technikphilosophie, Nick hat einen Lehrstuhl für Molekulare Zellbiologie. Zusammen haben sie ein interdisziplinäres Lehrkonzept „Modellbildung Ethik in der Biologie“ erstellt. In kurzen Vorlesungen und Diskussionen entwickeln Studierende und Lehrende Antworten auf Grundsatzfragen wie „was ist Leben“, oder „was ist ein Gen“. Das Preisgeld von 50 000 Euro wollen die Professoren für den Aufbau einer „Akademie für kritische Interdisziplinarität“ verwenden.

Ausgezeichnetes Hochschulradio

Den Landeslehrpreis für die Pädagogischen Hochschulen (PH) bekommt Monika Löffler von der PH Freiburg für das Lernradio PH 88,4. Das 2006 gegründete Radio ist 14 Stunden pro Woche auf Sendung. Studierende, Kinder, Senioren und Jugendliche bereiten ihre eigenen Beiträge in Workshops und Seminaren auf. Bei „Schule & Co“ sind die jüngsten Radiomacher nach Angaben des Wissenschaftsministeriums vier bis sechs Jahre alt. In der „Hörspieltruhe“ werden ein Mal im Monat eigene Hörspiele gesendet. Das Preisgeld gibt die Diplompädagogin Löffler für mehr Personal und bessere Technik aus.

Die langjährige Primaballerina des Stuttgarter Balletts, Birgit Keil, steht auch als Hochschullehrerin in der ersten Reihe. Sie bringe „Leidenschaft und Exzellenz, fachliche und soziale Kompetenz, persönliches und pädagogisches Einfühlungsvermögen, Bühnen- und Lebenserfahrung“ in die Lehre ein, loben die Juroren die Leiterin der Akademie des Tanzes an der staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim. Ihre Studierenden sagen über die Preisträgerin Birgit Keil: „Dass wir unsere Träume leben können, das verdanken wir ihr“.

Virtuelle Unternehmensführung für Studierende

Der Preis für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften geht an die Hochschule der Medien in Stuttgart. Dort lehrt Nils Högsdal „Corporate Finance und Entrepreneurship“. In seiner Lehrveranstaltung „führungsorientiertes Rechnungswesen“ lässt der Betriebswirtschaftler seine Studierenden im Planspiel acht Jahre lang als Vorstandsmitglieder ein virtuelles Unternehmen steuern. Die virtuelle Unternehmensführung aktiviere die Studierenden, jeder Einzelne könne sich einbringen.

Die Jury würdigt außerdem, dass der Professor gesellschaftliche und ethische Aspekte in sein Fach integriere, die über reines Fachwissen weit hinaus gingen. Högsdal plant, mit dem Preisgeld ein Planspiellabor einzurichten und Online-Angebote weiter zu entwickeln.

Stuttgart ist auch Gewinner bei der Dualen Hochschule (DHBW). Andreas Griesinger von der Fakultät Technik wird für sein Konzept des „Cyber-Lab“ ausgezeichnet. Angehende Mechatroniker und Maschinenbauer untersuchen die Wärmeentwicklung bei elektronischen Systemen. Sie haben von zuhause via Internet Zugriff auf das Labor und lernen, wie die Vernetzung intelligenter Produktions- und Prüfsysteme funktioniert. Ausgezeichnet wurden „der hohe Innovationswert und der starke Vernetzungsgedanke des Cyber-Lab.“

Studierende engagieren sich für Flüchtlinge

Zum ersten Mal gibt es in diesem Jahr einen Sonderpreis für hervorragendes studentisches Engagement bei der Unterstützung von Flüchtlingen. Ministerin Bauer erklärte, das vielfältige Engagement wolle das Land gesondert würdigen. Akademiker von morgen sollen nach Auffassung der Regierung hervorragend fachlich gebildet sein, sie sollen aber auch „ermutigt werden, Verantwortung als Staatsbürger wahrzunehmen.“

Den Preis erhält die Organisation Medinetz Ulm, die sich um die medizinische Versorgung von Flüchtlingen, Obdachlosen und Menschen ohne Krankenversicherung kümmert. Die studentische Initiative wurde 2009 gegründet und hat 38 Mitglieder, davon 15 Aktive. Die Studenten halten regelmäßige Sprechstunden ab und vermitteln bei Bedarf an Ärzte. Sie engagieren sich politisch für die Flüchtlinge und stehen im Austausch mit den sozialen Einrichtungen. Gelobt wird, dass Medinetz existenzielle Hilfe leistet.

Den klassischen Preis für studentisches Engagement bekommen die Jurastudenten Clemens Kaltenmark, Fabian Alexander Heide, Valentin Löffelad und Joel Straub für ihren Verein zur studentischen Rechtsberatung. Bei „Law&Legal“ beraten Studierende Studierende – unter Anleitung und Betreuung von Volljuristen, wie es Vorschrift ist. Die Jury würdigt den hohen Praxisbezug und den Nutzen für die Kommilitonen. Die Idee wird nun auch in Heidelberg, Bayreuth, Berlin und Frankfurt/Main praktiziert. Die Tübinger wollen ihr Angebot jetzt auf das Asylrecht ausweiten.

Pro Lehrpreis gibt es 50 000 Euro

Das Wissenschaftsministerium verleiht den Landeslehrpreis seit 1993 für die Universitäten. 1994 kamen die Pädagogischen Hochschulen hinzu, 1996 die jetzigen HAW. Seit 2009 sind die Kunst-und Musikhochschulen sowie die Duale Hochschule DHBW dabei. Der Preis für studentisches Engagement wurde 2009 zum ersten Mal ausgelobt. Neu ist in diesem Jahr der Preis für studentisches Engagement für Flüchtlinge.

Jeder einzelne Landeslehrpreis ist mit 50 000 Euro dotiert. Das Preisgeld ist zweckgebunden und soll wieder der Lehre zugute kommen. Für studentisches Engagement gibt es 5000 Euro. Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums wurden inzwischen mehr als 400 Lehrende ausgezeichnet.

Die Kommissionen sind hochschulspezifisch zusammengesetzt; dabei sind Experten aus anderen Bundesländern und Studierende.