Theo und Thomas Unger führen eine Familientradition fort: Sie stehen früh auf und backen Brot.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Sillenbuch - Mehl mischen und Teig anrühren, das liegt den Ungers offensichtlich in den Genen. Der Großvater und sein Vater haben’s getan, zurzeit ist Theo Unger selbst der Chef, und vermutlich hat in Zukunft sein Sohn Thomas das Sagen in der Sillenbucher Backstube. Der 29-jährige Sprössling besucht zurzeit die Meisterschule. Doch bis der 56-jährige Theo Unger in den Ruhestand geht, werden noch ein paar Jahre vergehen.

 

Bis zum Jahr 1979 war die Sillenbucher Bäckerei und Konditorei eine reine Familienangelegenheit, heute beschäftigt Theo Unger 50 Mitarbeiter. Was vor allem daran liegt, dass die Ungers expandiert haben. Sie betreiben Filialen in Degerloch, Kemnat und Uhlbach. Das hat Theo Unger vorangetrieben, nachdem er den Betrieb vor mehr als 30 Jahren übernommen hatte.

Theo Unger hat damals gar nicht lange über seine Berufswünsche gegrübelt, er hat stattdessen einfach mit der Bäckerlehre begonnen. „Es hat sich für mich einfach so ergeben“, sagt er. Als Junge kannte er den väterlichen Betrieb so gut wie sein Kinderzimmer. „Ich habe geholfen“, sagt Theo Unger, „das war damals so üblich“. Und es dürfte dazu beigetragen haben, dass ihn die Arbeitszeiten eines Bäckers nicht erschreckten, dass es für ihn ganz normal ist, aufzustehen, wenn die meisten anderen Menschen ganz weit weg sind, irgendwo in der Welt der Träume.

Wer Bäcker ist, sollte kein Vielschläfer sein

Der Wecker auf Theo Ungers Nachtisch klingelt um 2.15 Uhr. Dann wird gebacken bis morgens um sechs Uhr. Hat der Bäckermeister die letzten Brote und Brezeln aus dem Ofen geholt, ist der Papierkram im Büro an der Reihe. Das bedeutet: Wer Bäcker ist, sollte kein Vielschläfer sein. Denn Theo Unger verbringt nachts gerade einmal vier Stunden im Bett und mittags vielleicht noch mal zwei. „Es ist reine Gewohnheitssache“, sagt er.

Während Theo Unger aus seinem Alltag erzählt, sitzt er auf einer roten Couch im Obergeschoss eines Hauses an der Kirchheimer Straße. Im Erdgeschoss verkauft seine Mitarbeiterin Plunderstücke und Laugenweckle. In der Wohnung oben riecht es nach Backstube, der Mehlgeruch sucht sich seinen Weg. Auf dem Stubentisch verraten ein paar Krümel und Mohnkügelchen, dass hier die eigene Ware gevespert worden ist.

Neben Theo Unger sitzt Thomas, der Sohn. Er mischt zurzeit nur selten in der Backstube mit. Denn er macht seinen Meister an der Württembergischen Bäckerfachschule in Stuttgart, im Sommer ist er fertig. Hat er den Schein in der Tasche, will der junge Bäckermeister erst mal weg aus Sillenbuch – Erfahrungen sammeln. Vater und Sohn liebäugeln jedoch damit, dass der Betriebsleiter in Sillenbuch in vielleicht fünf Jahren Thomas Unger heißt. „Ein eigener Betrieb wäre schön“, sagt Thomas Unger. Doch es kann auch anders kommen.

Sohn hat freie Wahl

Bäcker sei zwar ein schöner, kreativer Beruf, wie Theo Unger sagt. Aber das Handwerk hat sich während der vergangenen Jahrzehnte sehr verändert. Es geht längst nicht mehr nur darum, möglichst hübsche Brezeln zu schlingen. Die Leute kommen zum Bäcker, um mittags ihren Hunger zu stillen. Und das große Geld, das verdient der Bäcker damit nicht. Das wissen Theo und Thomas Unger. Daher bleibt dem Sohn die Wahl. „Von mir kommt kein Druck“, sagt der Vater Theo. „Wir sind heute in einer anderen Zeit.“

Noch gibt es aber keinen handfesten Anlass übers Ende der Bäckereitradition in dieser Familie zu sprechen. Das Mehl-Gen ist bisher stärker als die Zukunftssorgen.