Ruth Handel und ihr Ehemann Elliot haben Mattel in einer Garage gegründet. Bis heute ist ihr Produkt Star und Reizfigur in einem.

Freizeit und Unterhaltung: Dominika Bulwicka-Walz (dbw)

Sie ist 64 Jahre alt, sieht aus wie 20 und wird entweder geliebt oder eben nicht: Barbie. Zwar hatte sich Barbie bereits 1965 als Astronautin in Richtung Weltall aufgemacht und hatte das geschafft, was noch keine Frau in den USA geschafft hat – sie war Präsidentin – und dennoch kann Barbie ihre Kritiker nicht wirklich von sich überzeugen. Da nützt es auch nichts, dass Barbie immer finanziell unabhängig war. Im Laufe der Jahrzehnte hatte sie 250 Berufe ausgeübt, in den 70ern war sie Chirurgin, in den 80ern CEO und bereits 1962 besaß sie ein eigenes Traumhaus.

 

Barbie war nie verheiratet. Ken, seit 1961 ihr treuer Begleiter, war stets immer nur schmückendes Beiwerk. Stoff für einen regelrechten Skandal in den prüden 60ern. Und eigentlich klingt das alles nach einer selbstbewussten und unabhängigen Frau.

Doch Barbies Kritiker bemängeln, sie hätte eine zu schmale Taille gehabt, sei zu dünn gewesen, sie würde ein ungesundes Körperbild transportieren und immerzu diese Stöckelschuhe... Mit diesen Attributen tauge sie irgendwie nur bedingt als Vorbild für junge Mädchen.

Schönheit als Lebensmittelpunkt, passt auch nicht richtig zu der Frau, die Barbie erfunden hatte. Die Amerikanerin Ruth Handel war eine Frau, die mitanpacken konnte. Sie entstammte einer polnisch-jüdischen Emigrantenfamilie und musste bereits in jungen Jahren zum Einkommen der Familie beitragen, später war sie eine berufstätige Mutter. Gemeinsam mit ihrem Mann Elliot hatte Handler in einer Garage erst Bilderrahmen, dann aus Materialresten zusätzlich Puppenmöbel produziert und erfolgreich verkauft. Vor 60 Jahren war das doch eine eher ungewöhnliche Laufbahn für Frauen.

Laut ihren eigenen Erzählungen hatte Handler irgendwann ihre Tochter Barbara beobachtet, wie sie mit Puppen aus Papier spielte, und ihnen verschiedene Kleider anzog. Dabei sei der Unternehmerin klar geworden, dass alle Puppen für Kinder Babypuppen seien. Die Idee zur Barbie hatte sie schließlich während einer Europareise. In der Schweiz hatte die Mattel-Gründerin im Schaufenster eine Puppe namens Lilli gesehen und die Idee zu einer dreidimensionalen Puppe, die Barbie heißen sollte, war geboren.

Nicht alle Käufer waren überzeugt

Handlers Begeisterung für eine erwachsene Puppe konnten nicht alle teilen. Käufer äußerten Bedenken: Barbie war das komplette Gegenteil der damals gängigen Babypuppen. Aber genau das war Ruth Handlers Absicht. Sie wollte eine Puppe auf den Markt bringen, die Mädchen zeigen würde, dass sie alles werden könnten. Ein Satz, mit dem die 2002 verstorbene Erfinderin bis heute immer wieder zitiert wird.

1959 schließlich kommt die erste Barbie auf den Markt. Ihre Premiere hat sie am 9. März in New York auf der Spielzeugmesse. Barbie war damals knapp 30 Zentimeter groß, hatte einen langen Zopf (wahlweise brünett oder blond), trug einen weiß-schwarz gestreiften Badeanzug und eine Cat-Eye-Sonnenbrille. Der Preis für das Spielzeug betrug 3 Dollar.

Hatte Barbie Ende der 50er als Bikini-Beauty gestartet, reagierte der Konzern immer wieder auf Veränderungen in der Gesellschaft und spiegelte auch mit Barbie den Zeitgeist wider. Und Barbie veränderte sich viele Male im Laufe der Jahre. 1968 bekommt sie eine Schwarze Freundin, Christie. Mit dieser Entscheidung wollte Ruth Handler angeblich den Einsatz für Gleichberechtigung unterstützen. Kritiker wiesen allerdings darauf hin, dass die Puppe nicht die echte Barbie gewesen sei. Erst zwölf Jahre später, 1980, brachte Mattel eine Schwarze Puppe auf den Markt, die tatsächlich auch Barbie hieß.

1985 steigt Barbie in die obersten Chefetagen auf und wird CEO in einem, wie könnte es anders sein, rosa Kostüm. Mit Hut und Aktenkoffer spielt sie in den Kinderzimmern der Welt eine Entscheider-Rolle. Im Laufe der Jahrzehnte hatte sie zugenommen und schaffte es damit sogar auf das Cover des Time Magazins. Die Barbie-Puppe thematisierte Krankheiten, wie Krebs, Barbie saß im Rollstuhl und am 25. April dieses Jahres kam die erste Barbie mit Down-Syndrom auf den Markt. Der Konzern Mattel habe dazu beitragen wollen „soziale Stigmata auf spielerische Weise zu überwinden und Inklusion zu fördern“, hieß es dazu in einer Pressemeldung.

Star und Reizfigur

Unbestritten ist: Barbie ist Star und Reizfigur in einem. Der weltweite Bekanntheitsgrad der Marke liegt laut Konzern bei 99 Prozent. Andy Warhol porträtiert sie 1985. Designer reißen sich darum mit Barbie zusammenarbeiten zu dürfen. Sie durfte elegante Kostüme von Dior, den Trench von Burberry und opulente Roben von Escada, Oskar de la Renta, Vera Wang oder Givenchy tragen.

Und obwohl sie diese enorme Bekanntheit und Beliebtheit genießt, es sind längst nicht alle Mädchen passionierte Barbie-Fans. Aber auch nach 64 Jahren sorgt sie nach wie vor für Gesprächsstoff.