Bei den Bundesliga-Basketballern aus Ludwigsburg hat Rocky Trice Knieprobleme, schlimmer wiegt jedoch das Pech von Johannes Thiemann. Der Verein denkt darüber nach, einen Ersatz zu verpflichten.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Den größten Applaus gab es am Dienstagabend in der MHP-Arena von den nur spärlich besetzten Rängen schon vor dem Spiel – als der Name Rocky Trice vom Hallensprecher verkündet wurde. Der steht zwar bereits seit vier Monaten wieder unter Vertrag, feierte aber erst jetzt sein Heimdebüt. Zuvor hatte sich der 33-Jährige wochenlang mit Kniebeschwerden herumgeplagt, so dass gar nicht sicher war, ob er (nach einem Auswärtsspiel in Braunschweig) in dieser Saison überhaupt noch mal zum Einsatz kommt.

 

Die weitere Zukunft ist immer noch offen, „wir müssen schauen, wie sein Knie nach der Belastung reagiert“, sagte Trainer John Patrick nach dem 86:61-Sieg zum Abschluss der Gruppenphase der Champions League gegen Capo d’Orlando. „Aber wir mussten den Einsatz jetzt einfach riskieren.“ Zumal Dwayne Evans muskuläre Probleme hatte, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen werden. Patrick weiß: „Wir brauchen einen Rocky Trice.“

Mehr denn je sogar. Wobei der US-Amerikaner die kleinere Baustelle ist, etwas für Heimwerker gewissermaßen. Das größere Loch ist ein Fall für Experten – und heißt Johannes Thiemann. Der Center der Riesen hat sich vor einer Woche im Training vor dem Gastspiel in Gaziantep eine schwere Oberschenkelverletzung zugezogen, so dass er für den Rest der Saison ausfällt. Minimum! Die Prognosen für den Heilungsverlauf betragen zwischen fünf und neun Monaten. Kein Wunder, dass der Nationalspieler vor einer OP noch eine zweite medizinische Meinung einholen wollte, ob es auch eine konservative Behandlungsmethode gibt. Der Ausfall wiegt schwer – wie schwer? „Das muss man sehen“, sagt Patrick. Bisher hat die Mannschaft alle drei Spiele ohne Thiemann gewonnen, doch in der Champions League zählten die Gegner zu den schwächeren Teams, und beim nicht selbstverständlichen Sieg am Sonntag in Frankfurt hatten die Hessen selbst große Verletzungssorgen.

Stammplatz im Nationalteam ist weg

„Der Ausfall ist tragisch für uns“, sagt der Vorsitzende Alexander Reil, „aber insbesondere für den Spieler selbst.“ Der hatte im Nationalteam inzwischen einen Stammplatz sicher, den er nun auf längere Sicht kampflos abgeben muss. Bundestrainer Henrik Rödl hat bereits reagiert und für die anstehende WM-Qualifikation den Bayreuther Andreas Seifert nachnominiert. Ganz so leicht haben es die Riesen nicht. Thiemann – 11,9 Punkte, 4,8 Rebounds im Schnitt – war ein Glücksfall, weil er nicht unters Ausländerkontingent fällt, also müsste als Ersatz eigentlich ein deutscher Spieler her. „Doch den gibt es auf dieser Position zurzeit nicht“, sagt Patrick.

Also doch ein Amerikaner? In der Bundesliga dürfen nur sechs Ausländer eingesetzt werden – Ludwigsburg hat (mit Trice) schon sieben, „und es macht keinen großen Sinn, wenn wir acht oder neun haben“, meint der Trainer. Abwarten. Normalerweise ist Patrick dafür bekannt, nicht lange zu fackeln, wenn es um Personalwechsel geht. Doch in dieser Saison ist alles anders, nicht nur der sportliche Erfolg. Bis auf Trice wurde noch kein Spieler nachgeholt, obwohl während einer Saison laut Statuten viermal gewechselt werden kann.

Wird Thiemanns Vertrag verlängert?

Der Verein hat also noch ein paar Optionen bis Ende März, wenn die Transferperiode ausläuft. Man darf also gespannt sein, wie die Verantwortlichen reagieren werden. Vorerst gar nicht. Am Samstag steht die schwere Partie in Bonn an, nächsten Mittwoch kommt der Mitteldeutsche BC. Patrick: „Eines der beiden Spiele wollen wir gewinnen.“

Man könnte auch sagen, müssen – in der Liga ist ja noch nicht mal ein Play-off-Platz sicher. Dann ist erst mal zwei Wochen Länderspielpause. Zeit genug, um sich Gedanken über eine Lösung zu machen. Und auch, um mit dem sehr begehrten Thiemann über eine Verlängerung seines Vertrags zu reden, der zum Saisonende ausläuft? Da winkt Reil ab: „Wir werden sicher nicht versuchen, die Situation jetzt für uns auszunutzen“, betont der Vorsitzende und meint: „Der Ausfall darf aber auch nicht als Ausrede gelten, wenn es jetzt nicht mehr so läuft.“ Zur Erinnerung: Von 39 Pflichtspiele in dieser Saison haben die Riesen 32 gewonnen. Eine stolze Bilanz, die ohne Thiemann zumindest in Gefahr gerät.