Einmal einen Hundeschlitten lenken. Anfänger können im Bayerischen Wald lernen, wie man das Gefährt samt Hunden richtig führt.

Frauenau - „Mei o mei! Du foahrst mi ja übern Haufen!“ Der Schlittenhundechef grantelt. Weil die Hunde schnurstracks und haargenau auf ihn zulaufen statt haarscharf an ihm vorbei. Es ist eben noch kein Schlittenhundelenker vom Himmel gefallen. Schnupperkurs in Ostbayern im Bayerischen Wald. Unweit des Arbers betreibt Thomas Gut, Spitzname: Waldschrat, eine Schlittenlenkschule. Thomas Gut ist einer von Deutschlands erfahrensten Schlittenhundeführern, auch Musher genannt. Mushing ist folglich das gekonnte Lenken eines Hundegespanns.

 

Auf den Schlittenkufen zu stehen, bedeutet harte Arbeit. „Das hier ist keine Passagierfahrt“, raunzt Thomas Gut hart, aber herzlich in seinen langen Bart, „das hier ist echter Sport.“ Für die Hunde ist es sogar Hochleistungssport. Und deshalb gibt es für sie vor dem Start eine kräftige Fleisch-Fisch-Suppe. Die Schüler werden mit Eimern und Suppenkellen ausgestattet. „Die Hunde brauchen vorm Laufen viel Flüssigkeit“, sagt Gut, der sich vor 25 Jahren in der Ortschaft Frauenau auf einem abseits gelegenen Hof niederließ und seitdem mit Alaskan Huskys arbeitet. 55 dieser Hunde warten in den weitläufigen Zwingern aufs Futter.

Konsequent die Kommandos wiederholen

Die Kursteilnehmer sollen das streng riechende Gebräu an die Hunde verteilen: ein erstes Kennenlernen mit Schnauzen und Pfoten. Und sich mit den charakterlichen Eigenheiten der Tiere vertraut machen - von verspielt bis verstockt, von kooperativ bis konfrontativ. Man soll konsequent die Kommandos wiederholen, empfiehlt Thomas Gut. „Trainierst du die Hunde nicht richtig, trainieren sie dich!“ Mit dem Waldschrat-Mobil und knapp zwei Dutzend Huskys auf der Ladefläche geht es zum Startplatz zu Füßen des Großen Arber.

Es ist nasskalt. Hundewetter. In der Tat, die Vierbeiner können es kaum erwarten loszulaufen. „Das ist ihre Natur“, sagt Gut. Vier Schlitten werden es an diesem Tag sein. Es folgt eine einstündige Einweisung. Lenken, Bremsen, Ankern des Schlittens im Schnee und richtiges Verhalten in engen Kurven. „Dort oben steht der Musher-Baum“, warnt Thomas Gut, „der heißt so, weil dort so viele hängen bleiben.“ Unlängst habe an dieser Stelle ein Tourist aus New York einen Schlitten in Sperrholz verwandelt: „Das war ein Totalschaden.“ Thomas Gut zückt eine Pinnwand, auf der die einzelnen Hundeteams mit Hilfe von Namensschildern aufgeführt sind. Gemäß ihren jeweiligen Stärken und Fähigkeiten werden die Vierbeiner eingeteilt.

Auf dem Trail befolgt die Hündin alle Kommandos

„Musher-iPad“ nennt der Trainer die abgegriffene Holztafel. Mit seinem eigenen Achtergespann braust er auf und davon und ist schnell im Wald verschwunden. Jetzt gilt’s. Ein Pärchen aus Solingen kommt gleich ins Straucheln. Die beiden testen die Qualität ihrer Outdoorklamotten im nassen Schnee. Silver erweist sich als zuverlässiger Boss im Gespann. Auf dem Trail befolgt die Hündin alle Kommandos - und zwar ohne zu zicken. Das ist sehr von Vorteil, denn der Trupp gerät öfter ins Stocken. Die Touristen aus Nordrhein-Westfalen wollen offenbar etwas Schnee mit nach Hause nehmen - und sammeln dazu auf allen vieren. Immerhin beherzigen sie Guts Rat, den Bügel des Schlittens niemals loszulassen.

14 Kilometer lang ist der Trail. Ob von unten oder aufrecht auf den Kufen stehend: Der Wald ist herrlich verschneit. Nicht zufällig wird er auch Bayerisch-Sibirien genannt. So ziemlich das einzige einigermaßen schneesichere Mittelgebirge hierzulande. Beste Bedingungen also fürs Mushing. Und schön fürs Auge. Entlang der Strecke wildrauschende Bäche, dunkler Tann und uralte Fichten mit mächtigen Stämmen, wie sie in Kulturwäldern fast nirgendwo mehr zu finden sind. Hier vermittelt das riesige Waldgebiet im Osten Bayerns noch etwas Urzeitliches und Mystisches.

„Der Bayerische Wald ist für mich die schönste Landschaft in Deutschland“, sagt denn auch Thomas Gut, „mit den Hunden empfinde ich die Natur noch viel intensiver.“ Weil sie nur den Moment wahrnehmen würden. „Du kannst gar nicht anders, als alles Unnötige zu vergessen.“ Und das Klima ist herrlich gesund. Rund um den Arber sammeln sich bekannte Luftkurorte: Bayerisch Eisenstein, Zwiesel, Regen oder Arrach sind nur einen Huskysprung entfernt. Zurück am Ausgangspunkt. Für einen Anfängerausflug lief es ganz gut, auch mit Silver. Zum Dank gibt’s ein Stück frische Schweineleber. Sie guckt wieder anmutig und selbstbewusst. Den imaginären Mittelfinger lässt sie jetzt stecken. Aber a Hund is sie ja schon.

So wird das Reisewetter in Deutschland

Infos zum Bayerischen Wald

Anreise
Von Stuttgart über die A 8 Richtung München, dort auf die A 92 Richtung Deggendorf bis Ausfahrt Deggendorf-Rusel. Auf die B 85/B 11 Richtung Zwiesel wechseln, in Zwiesel Richtung Frauenau. Das Haus von Thomas Gut befindet sich circa einen Kilometer vor der Ortseinfahrt.

Mushing-Schnupperkurs
Bis Ende April Wochenend-Schnupperkurse im Mushing, ab 409 Euro, Unterbringung im Matratzenlager, außerdem wöchentlich Kurse mit Musher-Diplom, ab 799 Euro, im Sommer Ausfahrten mit Schlittenhundewagen, www.waldschrat-adventure.de , Flanitzmühle 9, 94258 Frauenau, Tel. 0 99 26 / 731.

Unterkunft
Landhausstil: Das Hotel Sankt Florian gibt sich bayerisch-modern und verfügt über einen angenehmen Wellnessbereich, am Ortsrand von Frauenau gelegen, ab 54 Euro pro Person im DZ, inklusive Frühstück, www.st-florian.de .

Tierisch zünftig geht es auf der Flanitzalm zu - Ferien auf einem richtigen Bauernhof, etwas abseits von Frauenau. Rodelhang vorm Haus. Rustikale, saubere Zimmer, ab 16 Euro pro Person inklusive Frühstück, www.flanitzalm.de .

Allgemeine Informationen
Offizielle Seite des Tourismusverbands für den Bayerischen Wald, www.bayerischer-wald.de .

Was man tun und lassen sollte
Auf jeden Fall ist hier Langlaufen empfehlenswert, vor allem im Gebiet Bretterschachten bei Bodenmais. Die Loipen gelten als die schneesichersten in ganz Deutschland.

Auf keinen Fall nach einem deftigen Essen zu einem gewöhnlichen Schnaps greifen. Rund um den Arber gibt’s Bärwurz und Blutwurz.

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