Die beiden Stuttgarter Beachvolleyballerinnen und ihr Trainer Srdjan Veckov haben bei den Weltmeisterschaften in den Niederlanden große Ziele. Inzwischen haben die Deutsche Meisterinnen sich in den Top Ten der Weltrangliste etabliert.

Stuttgart - Britta Büthe hat die Hände vor dem Mund zusammengeschlagen und sich mit weit aufgerissenen Augen zu Karla Borger umgedreht. Die beiden Beachvolleyballerinnen standen auf dem Centre-Court in Stare Jablonki und konnten selbst kaum glauben, dass sie nur noch einen Punkt vom Weltmeistertitel entfernt waren. Zwei Jahre ist es her, dass die beiden Stuttgarterinnen dann immerhin mit der Silbermedaille in Polen für eine große Überraschung gesorgt haben. Inzwischen sind sie Deutsche Meisterinnen, haben sich in den Top Ten der Weltrangliste etabliert – und gehören bei der an diesem Freitag beginnenden Beachvolleyball-WM in Den Haag zum Kreis der Favoritinnen.

 

Was Borger/Büthe vor allem auszeichnet, ist ihre Konstanz. Seit der WM 2013 gab es nur drei internationale Turniere, bei denen sie nicht unter den besten zehn Teams rangierten. Und das, obwohl sie im vergangenen Jahr mitten in der Saison ihren Trainer wechseln mussten. Der Spanier Guillermo Naranjo Hernández konzentrierte sich auf seine Aufgabe als Cheftrainer beim Hallenvolleyball-Erstligisten Allianz MTV Stuttgart, über ihre männlichen Kollegen Eric Koreng und Finn Dittelbach kam dann der Kontakt zu Srdjan Veckov zustande. „Zuerst hatte ich Bedenken, ein Team ohne Saisonvorbereitung zu übernehmen“, gibt Veckov zu. Er wollte Dinge verändern. „Du kannst aber nicht mitten in der Saison kommen und alles verändern. Das muss Schritt für Schritt passieren“, sagt der Trainer.

Mehr Konstanz mit dem neuen Trainer

Veckov, 35, ist für seine akribische Arbeitsweise bekannt. Das hat er in der Sporthochschule Belgrad gelernt, wo er sich zum Diplom-Volleyballtrainer ausbilden ließ. 50 Trainer werden dort innerhalb eines Kurses geschult. „Das Studium ist wirklich erstklassig, allerdings ist es so, dass wir viel mehr Trainer als Trainerjobs in Serbien haben“, sagt er. Viele gehen daher weg und tragen so ihr Wissen in andere Länder. So auch Veckov, den nach seinen vier Jahren als Beachvolleyball-Nationaltrainer von Serbien in den Libanon zog, wo er Hallentrainer war.

Jetzt lebt der Coach in Stuttgart, seine Familie ist aber noch in Serbien. „Das war schon eine schwierige Entscheidung. Das ist jetzt ein komplett anderes Leben. Im Hallenbereich hast du jeden Abend Training, die Spiele kosten einen maximal zwei Tage. Im Beach ist es ganz anders. Man fährt zu vielen Camps und Turnieren, ist lange Zeit ohne die Familie.“

Die erste gemeinsame Saisonvorbereitung hat sich allerdings ausgezahlt: Im Mai holten Borger/Büthe in Luzern ihre erste Goldmedaille bei einem Turnier der Weltserie, und vergangenes Wochenende gewannen sie zum ersten Mal bei einer internationalen Veranstaltung gegen die deutschen Konkurrentinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst. „Ich würde schon sagen, dass wir unter unserem neuen Trainer noch konstanter geworden sind“, sagt Britta Büthe und ergänzt: „Wir haben zwar auch vorher immer mal gute Teams geschlagen, aber auch ab und zu gegen schwächere verloren. Diese Ausrutscher nach unten gibt es jetzt nicht mehr.“

Die WM findet gleichzeitig in vier Städten statt

Veckovs Schwerpunkt liegt dabei im mentalen Bereich: „Ich habe gleich am Anfang gesehen: Karla und Britta spielen zwar ganz gut zusammen, aber sie können noch viel mehr ein Team sein. Das war mein erster Punkt. Das Team muss funktionieren, sonst hilft alle individuelle Stärke nichts“, sagt der Trainer. Mit Borger/Büthe arbeitet er daher intensiv an der Kommunikation innerhalb und außerhalb des Feldes. Die psychologische Komponente ist ein wichtiger Faktor, denn die Leistungsdichte ist bei den Frauen sehr hoch, da entscheiden Nuancen über Sieg und Niederlage.

Die Bedingungen in den Niederlanden sind zudem nicht einfach, denn die WM findet gleichzeitig in den vier Städten Den Haag, Amsterdam, Rotterdam und Apeldoorn statt. Borger/Büthe starten am Sonntag in den Wettbewerb und haben ihre drei Vorrundenspiele in Amsterdam. Danach wird mit den 32 besten Duos ein K.-o.-System gespielt. Unter den 48 Frauenteams, die sich bei der WM gegenübertreten, sind vier deutsche Paare. Neben Borger/Büthe kämpfen auch Laura Ludwig/Kira Walkenhorst, Katrin Holtwick und Ilka Semmler sowie Chantal Laboureur und Julia Sude um den Titel und die Olympiaqualifikation. Erstmals sichert der Weltmeister seiner Nation nämlich einen der beiden möglichen Startplätze für die Olympischen Spiele 2016 in Rio.

Das Ziel Rio de Janeiro hält Srdjan Veckov durchaus für realistisch. Warum? „In Serbien sagen wir immer: gib Dein Bestes und du schläfst wie ein Baby. Dann braucht man sich auch keine Gedanken darüber machen, ob man lieber etwas anders gemacht hätte“, sagt der Coach.