Rechtswidrige Zulagen, ein desolates Rechenzentrum, Professoren ohne Rechtsbewusstsein – die frühere Rektorin Claudia Stöckle schilderte als Zeugin viele Probleme bei ihrem Amtsantritt an der Beamtenhochschule.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die frühere Rektorin der Beamtenhochschule in Ludwigsburg, Claudia Stöckle, sieht in ihrem Vorgehen gegen diverse Missstände den Grund für ihre Abwahl. Vom Wissenschaftsministerium fühlte sie sich nicht nur bei der Bewältigung der Probleme im Stich gelassen, sagte Stöckle als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Zulagenaffäre. Mithilfe einer nur vorgeblich unabhängigen Kommission habe das Ressort von Theresia Bauer (Grüne) zudem ihre Ablösung betrieben. Dabei habe es ein enges Zusammenspiel zwischen ihren Kritikern und Ministerialen gegeben.

 

Die promovierte Juristin berichtete von zahlreichen Missständen, die sie bei ihrem Amtsantritt 2012 an der Beamtenhochschule vorgefunden habe. So habe sich das Rechenzentrum in einem „desaströsen Zustand“ befunden, der Brandschutz sei grob missachtet worden, und für Nebentätigkeiten habe es keine Übersichten gegeben. Schon früh sei sie auf die Problematik von Leistungszulagen gestoßen, die tatsächlich nach Alter vergeben worden seien. Zwei Professoren hätten einen Zuschlag von 500 Euro monatlich ausdrücklich unter Berufung auf ihren bevorstehenden 40. Geburtstag eingefordert; dabei hätten sie auf Gleichbehandlung gepocht.

Eigennutz wichtiger als Regeln?

Besonders irritiert zeigte sich Stöckle vor dem Ausschuss über das mangelnde Rechtsbewusstsein von Professoren. Für einige von ihnen sei „Eigennutz vor Regelbeachtung“ gegangen, sie hätten „kein Bewusstsein für Recht und Unrecht“ gezeigt. Gerade für eine Hochschule, von deren Absolventen „absolute Korrektheit“ erwartet werde, sei das hochproblematisch.

Ihr sei früh bedeutet worden, die Zulagen nicht infrage zu stellen, berichtete die Ex-Rektorin. So habe ein Prorektor empfohlen, sie solle da „bloß die Finger von weg“ lassen, sonst sei sie ihr Amt schnell wieder los. Bei den von zwei Gutachtern als klar rechtswidrig eingestuften Zulagen sah Stöckle einen „Anfangsverdacht wie einen Baumpfahl“. Sie hätte daher fest erwartet, dass das Ministerium die Staatsanwaltschaft einschalte und Disziplinarverfahren einleite. Beides war damals unterblieben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte erst aufgrund von Recherchen unserer Zeitung, Disziplinarverfahren kamen weitaus später in Gang.

Hilferuf an Bauer bleibt unerhört

Die Resolution zu ihrer Abwahl im Jahr 2014 schilderte Stöckle als Reaktion auf ihre Bemühungen, Recht und Gesetz an der Hochschule durchzusetzen. Sie habe Ministerin Bauer damals alarmiert, dass ein „Kesseltreiben“ mit fast schon „kriminellen Zügen“ gegen sie und die beiden Prorektoren stattfinde und dringend um ein Gespräch gebeten, darauf aber keine Antwort erhalten.

Die von Bauer eingesetzte Kommission unter Leitung von Ex-Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) kritisierte Stöckle als weder extern noch unabhängig. Tatsächlich habe das Ministerium das Gremium gesteuert, um ihre Abwahl zu begründen. Dies gehe klar aus Akten hervor, die sie inzwischen erhalten habe.

Bis heute würden keinerlei konkrete Vorwürfe gegen sie erhoben, sagte Stöckle, die inzwischen im Regierungspräsidium Stuttgart arbeitet. Es gebe lediglich „wachsweiche“ Kritik an ihrem Führungsstil.