Obwohl bei einer Wohnbebauung am Südostzipfel des Fellbacher Oberdorfs erst etliche Probleme gelöst werden wollen, arbeitet die Stadt an einem Bebauungsplan. Die Idee, neben Landwirtschaft auch Handwerksbetriebe anzusiedeln, ist offenbar vom Tisch.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Wenn dereinst mal Wohnhäuser im Hasentanz stehen, könnte es gut sein, dass die frisch ins neue Heim eingezogenen Menschen sich beim Gute-Nacht-Lied für den Nachwuchs die Ohren zuhalten müssen. Es könnte auch passieren, dass ein guter Teil der Pendler auf der B 14 bei der täglichen Vorbeifahrt fröhlich den Mittelfinger reckt. Denn gebaut werden kann am Südostzipfel des Fellbacher Oberdorfs nur, wenn es bei Lärmschutz und Schadstoffbelastung eine gute Lösung gibt. Ohne ein schlüssiges Konzept kann es auf dem direkt an den Tunnelmund der Kappelbergröhre angrenzenden Areal keinen Wohnbau geben.

 

Zur Bundesstraße soll ein bis zu zwei Meter hoher Zusatzwall aufgeschüttet werden

Wie eine Lösung für Lärm und Luft aussehen könnte, hat der Fellbacher Stadtplaner Christian Plöhn jetzt im Bauausschuss des Gemeinderats skizziert. Entweder, sagte der Verwaltungsmann am Mittwoch unter eifrigem Nicken seiner Baudezernentin Beatrice Soltys, müsse an der Lärmschwelle zur Bundesstraße erst ein bis zu zwei Meter hoher Zusatzwall aufgeschüttet werden. Oder aber, ging es weiter, müsse in den künftigen Schlafzimmern an eine schallgedämpfte Lüftung gedacht werden, damit nachts wenigstens bei geschlossenem Fenster mal Ruhe ist. Eine dritte Möglichkeit wäre aus Sicht der Fellbacher Bauverwaltung, der täglich von mehr als 90 000 Fahrzeugen genutzten Verkehrsader ein scharfes Tempolimit zu verordnen.

60 Dezibel am Tag und 50 Dezibel in der Nacht werde deutlich überschritten

Wenn Autos und Lastwagen zwischen Stuttgart und dem Remstal statt mit bisher 100 nur mit 80 oder gar nur mit 60 Stundenkilometern unterwegs sind, sinkt auch die Lärmbelastung. Die nämlich ist aktuell viel zu hoch, um im Hasentanz an eine Wohnoase zu denken. Der Grenzwert von 60 Dezibel am Tag und 50 Dezibel in der Nacht werde auf einem Großteil der noch unbebauten Grundstücke in dem 1,2 Hektar-Areal laut einem Schallgutachten deutlich überschritten.

Wohnbau allerdings will die Stadt Fellbach in dem bisher als Sondergebiet für die Landwirtschaft reservierten Gebiet unbedingt – auch wenn es nur noch vier unbebaute Grundstücke gibt. Ende der 1980er-Jahre war der Hasentanz noch als Sammelort für Aussiedlerhöfe gedacht – Scheunen, Ziegenwiese und Hühnerstall sollten eine Pufferzone zwischen der lärmumtosten Verkehrsachse und der Wohnbebauung schaffen. Deshalb durften neben landwirtschaftlichen Betrieben bisher auch nur Familienangehörige dort leben – Reihenhaus-Publikum war im Hasentanz nicht vorgesehen.

Die Stadtpolitik steht der Planungsänderung im Hasentanz aufgeschlossen gegenüber

„Inzwischen hat sich die Welt weitergedreht“, kommentiert Fellbachs Baubürgermeisterin die Abkehr vom einstigen Konzept. Begründet mit dem chronischen Wohnungsmangel unterm Kappelberg soll jetzt ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden – die einst für nicht mal 100 Euro pro Quadratmeter gehandelten Flächen erleben einen gewaltigen Wertzuwachs.

Die Stadtpolitik – das wurde am Mittwoch im Bauausschuss deutlich – steht der Planungsänderung im Hasentanz aufgeschlossen gegenüber, auch wenn es durchaus offene Fragezeichen gibt. CDU-Fraktionschef Jörg Schiller etwa zweifelte, ob das Stuttgarter Regierungspräsidium grünes Licht für eine Temporeduzierung auf der B 14 gibt, sein Fraktionskollege Franz Plappert sorgte sich um den Bestand der landwirtschaftlichen Betriebe, wenn neue Nachbarn plötzlich auf Ruhezeiten pochen. Und für die Freien Wähler wunderte sich Thomas Seibold ein wenig, dass von einer im Vorfeld offenbar durchaus diskutierten Nutzung für Handwerksbetriebe und Kleingewerbe plötzlich keine Rede mehr ist. Mit deutlicher Mehrheit wurde die Wohnbau-Nutzung empfohlen. Nur die SPD enthielt sich der Stimme: „Wenn wir keine Änderung beim Lärm erreichen, muten wir den Menschen, die da hinziehen, eine unerhörte Belastung zu“, sagt die Fraktionschefin Sybille Mack.