Auch Ruth Ozeki betreibt Zazen, täglich mindestens vierzig Minuten. Ruth Ozeki ist nämlich eine geweihte Zen-Priesterin. Allerdings irrt, wer hinter „Geschichte für den Augenblick“ nun einen belletristisch verschnörkelten Eso-Trip ins Zen-Paradies vermutet. Dafür ist der Roman zu vielschichtig und zu tragikomisch mit seinen Szenen aus Tokios schrillem Viertel Aikiba Electricity Town, und mit Naos Vater, der seinen eigenen Selbstmord mehrfach verbockt. Außerdem: „Ich halte nichts von didaktischer Literatur“, erklärt Ruth Ozeki. Da rieche man doch gleich, dass etwas faul sei. „Ich setze mich in meinen Romanen mit Themen auseinander, die mich beschäftigten, und versuche, auf eine Weise zu einer Einsicht zu gelangen, die für meine Leser ebenso unterhaltsam und von Nutzen ist wie für mich.“

 

Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Internet. In „Geschichte für den Augenblick“ verbindet es Figuren miteinander und es entfremdet sie von einander. Wie in der richtigen Welt ist es eine Quelle von Gutem und Schlechtem. Ruth Ozeki muss sich oft zwingen, den Stecker rauszuziehen – sofern ihr diese Mühe nicht ein Stromausfall erspart. Zumindest auf der kanadischen Insel geschieht das ziemlich häufig. Aber nicht häufig genug: „Am schlimmsten sind die E-Mails“, gesteht Ozeki. „Ich werde auf meinem Totenbett bitter bereuen, so viele Stunden, Tage, ja Wochen mit dem Lesen und Beantworten von E-Mails verbracht zu haben.“

Keine Leute, keine Geschäfte

Nao hat ihrer Urgroßmutter das Simsen beigebracht. Diese Form der Kommunikation ist weder für Ruth noch für Ruth Ozeki eine Alternative, weil auf der Insel kein Handy-Empfang herrscht. Die Insel, Cortes Island, um genau zu sein, ist seit 1998 Ozekis zweite Heimat. „Ich genieße es ungeheuer, dass ich auf der Insel aus dem Haus gehen und in wenigen Minuten in einer Umgebung sein kann, in der es keine menschlichen Spuren gibt. Keine herumhetzenden Leute, keine Geschäfte, in denen ich etwas kaufen soll. Nichts, was mich zu einem bestimmten Verhalten oder Gedanken verleitet.“

Roman
Ruth Ozeki: Geschichte für einen Augenblick. Roman. Aus dem Amerikanischen von Tobias Schnettler. S. Fischer Verlag, Frankfurt. 560 Seiten, 19,99 Euro.

Ozeki hält nichts von didaktischer Literatur

Auch Ruth Ozeki betreibt Zazen, täglich mindestens vierzig Minuten. Ruth Ozeki ist nämlich eine geweihte Zen-Priesterin. Allerdings irrt, wer hinter „Geschichte für den Augenblick“ nun einen belletristisch verschnörkelten Eso-Trip ins Zen-Paradies vermutet. Dafür ist der Roman zu vielschichtig und zu tragikomisch mit seinen Szenen aus Tokios schrillem Viertel Aikiba Electricity Town, und mit Naos Vater, der seinen eigenen Selbstmord mehrfach verbockt. Außerdem: „Ich halte nichts von didaktischer Literatur“, erklärt Ruth Ozeki. Da rieche man doch gleich, dass etwas faul sei. „Ich setze mich in meinen Romanen mit Themen auseinander, die mich beschäftigten, und versuche, auf eine Weise zu einer Einsicht zu gelangen, die für meine Leser ebenso unterhaltsam und von Nutzen ist wie für mich.“

Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Internet. In „Geschichte für den Augenblick“ verbindet es Figuren miteinander und es entfremdet sie von einander. Wie in der richtigen Welt ist es eine Quelle von Gutem und Schlechtem. Ruth Ozeki muss sich oft zwingen, den Stecker rauszuziehen – sofern ihr diese Mühe nicht ein Stromausfall erspart. Zumindest auf der kanadischen Insel geschieht das ziemlich häufig. Aber nicht häufig genug: „Am schlimmsten sind die E-Mails“, gesteht Ozeki. „Ich werde auf meinem Totenbett bitter bereuen, so viele Stunden, Tage, ja Wochen mit dem Lesen und Beantworten von E-Mails verbracht zu haben.“

Keine Leute, keine Geschäfte

Nao hat ihrer Urgroßmutter das Simsen beigebracht. Diese Form der Kommunikation ist weder für Ruth noch für Ruth Ozeki eine Alternative, weil auf der Insel kein Handy-Empfang herrscht. Die Insel, Cortes Island, um genau zu sein, ist seit 1998 Ozekis zweite Heimat. „Ich genieße es ungeheuer, dass ich auf der Insel aus dem Haus gehen und in wenigen Minuten in einer Umgebung sein kann, in der es keine menschlichen Spuren gibt. Keine herumhetzenden Leute, keine Geschäfte, in denen ich etwas kaufen soll. Nichts, was mich zu einem bestimmten Verhalten oder Gedanken verleitet.“

Roman
Ruth Ozeki: Geschichte für einen Augenblick. Roman. Aus dem Amerikanischen von Tobias Schnettler. S. Fischer Verlag, Frankfurt. 560 Seiten, 19,99 Euro.