In den Kliniken im Land werde Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau erbracht. Darin sind sich Kassen und Kliniken einig. Aber um das Gute zu verbessern, müsse die Krankenhausplanung verfeinert werden. Wie – darüber solle rasch nachgedacht werden.

Stuttgart - Wer im Krankenhaus arbeitet, muss sich darauf einlassen, Teil eines immerwährenden Veränderungsprozesses zu sein. Was heute vorbildhaft ist, kann künftig zur Entwicklungsbremse werden. Der medizinische Fortschritt und die finanziellen Rahmenbedingungen sind zwei der ständigen Unruheherde im klinischen Geschehen. Und ständig versucht die Politik, dem Treiben eine Richtung zu geben, um die Versorgung der Kranken sicherzustellen, sie aber auch bezahlbar zu halten – und das zu erträglichen Arbeitsbedingungen für die Ärzte und Pfleger.

 

Tut sie das wirklich? Sie könnte mehr tun, findet Andreas Vogt. Er ist der Leiter der Landesvertretung Baden-Württemberg der Techniker Krankenkasse (TK). Mit mehr als einer Million Versicherten gehört die TK zu den großen Kassen im Südwesten. 600 Millionen Euro im Jahr gibt sie für Krankenhausbehandlungen aus, das sind rund 30 Prozent ihrer Ausgaben im Land.

Was die stationäre Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg anlangt, „diskutieren wir auf hohem Niveau“, sagt Vogt. „Wir entwerfen keine Katastrophenszenarien, sondern reden über die Verbesserung des Guten.“ Aber das sollte man zügig tun, fordert der Kassenfunktionär.

Krankenhausplanung muss laut TK moderner werden

Die Bundesregierung arbeitet seit einigen Monaten an einer neuen Krankenhausreform. Wie es in der Politik oft ist, verstreichen dabei in Aussicht gestellte Umsetzungstermine immer wieder. Und Vogt appelliert an die grün-rote Landesregierung, sich nicht hinter den Aktivitäten der Bundespolitik wegzuducken, sondern das Heft in die Hand zu nehmen und selbst Skizzen für die Fortentwicklung der Krankenhauslandschaft zu zeichnen. Denn das Land sei schließlich dafür zuständig.

Die Krankenhausplanung im Südwesten habe sich in der Vergangenheit durchaus bewährt. „Aber aus heutiger Sicht basiert sie auf Parametern von gestern und droht blind zu werden für die Herausforderungen von morgen“, heißt es in einem Papier der TK. Bei der Krankenhausplanung müsse man von der Fixierung auf Bettenzahlen wegkommen. Vielmehr müsse der tatsächliche Bedarf in den Mittelpunkt rücken. „Das Land muss mehr tun als moderieren und Wünsche nachvollziehen“, fordert der TK-Mann. „Es muss eine Vision, ein Masterplan entwickelt werden, wie die Versorgungslandschaft auszusehen hat.“

Die Planung läuft vor allem im Landeskrankenhausausschuss ab. Dort sitzen Klinikträger und Kassen zusammen und legen Angebote, Forderungen und Ideen auf den Tisch. Am Ende geben die Vertreter des Landes vor, was gemacht wird – am liebsten freilich im Konsens.

Mischung aus Zentralisierung und Spezialisierung

In diesem Gremium könnte man, so die TK, unter Beiziehung von medizinischen Fachleuten, darüber zu sprechen beginnen, was jedes Krankenhaus können muss. Das nennt die TK Basisversorgung. Ausgewählte Krankenhäuser im „Spezialkorridor“ sollen hingegen Leistungen anbieten, die einer besonderen Behandlungskompetenz bedürfen – etwa wie der Versorgung von Frühgeborenen, bei Herzklappenoperationen oder dem Einsetzen von Hörhilfen. Im Dialog solle festgestellt werden, welche Krankenhäuser das machen dürfen – aber auch, dass es die anderen nicht machen dürfen. Das diene der Sicherheit der Patienten. Kostengünstiger wird das Krankenhauswesen so aber womöglich auch.

Das bereitet Matthias Einwag Kopfzerbrechen. Einwag ist Hauptgeschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), der Interessenvertretung der Kliniken, seien sie in kommunaler, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft; seien es Akuthäuser oder Reha-Einrichtungen.

Auch Einwag sieht die zu bewältigende Aufgabe darin, eine gute Mischung aus zentralisierten spezialisierten Anbietern und dezentralen Krankenhäusern hinzubekommen. Er unterstreicht die Forderung, eine flächendeckende Versorgung, gerade auch im ländlichen Raum zu garantieren. 40 Prozent der Patienten kämen nämlich als Notfälle ins Krankenhaus. Und die suchen sich ihre Klinik nicht aus.

Interessenvertreter der Kliniken setzen auf freiwillige Lösungen

Nach welchen Kriterien aber soll der Leistungsbedarf geplant werden? Darüber denke man schon länger nach. „Wir sind aber noch nicht vom Bett weggekommen, das heißt, dass man bisher noch nichts Besseres gefunden hat“, sagt Einwag. Für ihn ist ein wichtiger Qualitätsindikator „die Entscheidung des informierten Patienten.“ Gemeinsam mit ihren Ärzten suchten sich Patienten bei planbaren Operation sehr genau aus, wo sie hingehen wollen. Diese „Abstimmung mit den Füßen“ werde „schon bisher durch die Krankenhausplanung des Landes nachvollzogen“. Einwag setzt nicht auf Planungsvorgaben, sondern auf freiwillige Lösungen im Krankenausausschuss.

Der Kassenvertreter ist da nicht optimistisch, bei freiwilligen Regelungen werde das eigentliche Problem gern umgangen. Das zeige sich zum Beispiel darin, dass in Ballungsräumen „zu viele parallele Strukturen angeboten werden“. „Aber“, sagt Vogt, „mir ist nicht wichtig, dass wir möglichst viel regeln; mir ist wichtig, dass wir mal anfangen, das zu strukturieren.“

Das Krankenhausprogramm für 2015

Die Landesregierung wirbt für eine ehrliche Diskussion über den Erhalt von Krankenhäusern. „Das ist ein emotional besetztes Thema“, sagte Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) am Dienstag. Die Leute wollten die Klinik erhalten, in der sie und ihre Eltern geboren seien, gingen im Ernstfall aber dorthin, wo sie die besten Versorgung erwarteten. Nicht jedes „Krankenhäuschen“ könne überleben. Nach Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist ein Kriterium für den Erhalt eines Standortes, dass die Menschen sich dort auch operieren lassen wollten.

Laut Altpeter müssen bei einer sinkenden Zahl von Krankenhäusern die Schnittstellen zu niedergelassenen Ärzten, Heimen und ambulanter Versorgung verbessert werden. Ein Ziel von Grün-Rot sei, eine wohnortnahe Grundversorgung zu gewährleisten. Mit Blick auf die Zahl der Kliniken und Betten betonte die Ministerin: „Wir haben uns einem zukunftsfähigen Zustand angenähert.“ 2012 gab es nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft 276 Krankenhäuser mit knapp 56 700 Betten.

In diesem Jahr investiert das Land 250 Millionen Euro in 20 Bauvorhaben an Kliniken mit einem Antragsvolumen von 500 Millionen Euro. Damit steige die Summe im Vergleich zu 2011 um 35 Prozent. Der Antragsstau von 1,3 Milliarden Euro 2011 sei auf jetzt 250 Millionen Euro gesunken.

Zu den größten Profiteuren des vom Kabinett verabschiedeten Krankenhausbauprogramms 2015 gehören das Klinikum Stuttgart (124,8 Millionen Euro), und das Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart (63,7 Millionen). (lsw)