Beliebtheit der sächsischen Stadt Aus Leipzig wird Hypezig

Ist Leipzig besser als Berlin? Fakt ist: die Stadt wächst, hat bezahlbare Wohnungen, und sogar New Yorker schwärmen vom „rotzigen und unfertigen Charme“ der sächsischen Metropole.
Leipzig - Gerade ist mit dem RB Leipzig eine Leipziger Fußballelf in die zweite Bundesliga zurückgekehrt. Dabei spielte das Team 2013 noch zwei Klassen tiefer. Mit etwas Glück sowie dem Geld vom Sponsor Red Bull könnte man 2015 sogar erstklassig kicken – so viel Aufschwung scheint zurzeit nur in Leipzig denkbar. Sachsens größte Metropole fährt gerade auf der Überholspur. Schon Jahre hält dieser Hype an. In allen großen Medien wird sie als „hipste“ Großstadt der Republik belobhudelt. Man las vom „Disneyland des Unperfekten“ und „vom Biotop der Schwulenszene“. Immer wieder fällt auch ein gewagter Vergleich: „Wie Berlin, nur besser“, befand etwa „Spiegel Online“. Selbst New Yorker Szene-Experten behaupteten: „Berlin is over.“ Auch auf ihrer Alternativliste stehe Leipzig ganz oben.
Es sei der „unfertige“, auch etwas „rotzige“ Charme, der hier noch zu finden sei, nach dem Berlins Prenzlauer Berg zunehmend in Spießigkeit erstarre, behaupten Fans, die von der Spree an die Pleiße umgezogen sind. Hier feiern sie die „entspannte Szene ohne Gettos und Schickeria“, loben preiswerten Wohnraum, bezahlbares Theater, reichlich Radwege, eine Kette neuer Tagebauseen sowie die Vielfalt an Kneipenmeilen, wie sie Berlin und Hamburg nicht zusammen bieten. Es gelinge hier noch, „ein bisschen zu arbeiten, um viel zu leben“, schwärmen Hipster. Nicht zuletzt die Universität profitiert von dem Boom.
Prenzlauer Berg? Zu spießig!
„Leipzig – the better Berlin“, heißt es denn gar auf 16 000 Stickern, die bundesweit kursieren. Der Erfinder des Slogans steht indes eher nicht für das Milieu, das in gelifteten Industriebrachen auch eine höchst kreative Maler- und Galeristenkolonie um den in den USA gefeierten Neo Rauch gebar. Es ist Bernhard Rothenberger, Wirt des mondänen Auerbachs Keller. In dem 600 Jahre alten Lokal, in dem einst Goethe in „Faust I“ seinen Mephisto auf dem Weinfass davonreiten ließ, speisen jährlich 350 000 Gäste aus aller Welt.
Selbst wenn Leipzigs Stadtobere diesen Berlin-Vergleich eher ablehnen, fühlen sie sich doch bestätigt in einer EU-Analyse, in der der Geograf und Ethnologe Bastian Lange vom Leipziger Leibniz-Institut für Länderkunde seine Stadt etwa mit Amsterdam, München, Toulouse oder Riga vergleicht. Wie auch dort werde man mit einer „blühenden Kunst- und Kreativszene und viel Platz, Neues auszuprobieren“ attraktiv für internationale Wissensarbeiter. Eben das sei ein Vorzug post-sozialitischer Metropolstädte mit ihren gewaltigen ungenutzten Altbauflächen und Industriequartieren, die „noch nicht durchdefiniert, noch nicht vom Immobilienmarkt entdeckt“ seien. Für Lange der „Humus der Kreativwirtschaft“.
Die Stadt wächst – entgegen dem ostdeutschen Trend
So wächst die Stadt entgegen dem ostdeutschen Trend jährlich um 10 000 Einwohner. Prognosen erwarten bis zum Jahr 2032 zwischen 560 000 und 640 000 Einwohner; momentan sind es 525 000. Dabei liegt die Arbeitslosenquote noch immer bei gut zehn Prozent. Indes kommen allein 2014 rund 6000 sozialversicherungspflichtige Jobs neu hinzu. Porsche baut bereits mehr Autos in Leipzig als in Stuttgart.
Und wie überall, wo sich eine authentische Szene etabliert, ist es eine Frage der Zeit, bis Spekulanten oder Immobilienhaie die trendigen Signale für sich zu nutzen suchen. So wird auch Europas größtes Gründerzeitviertel nun peu à peu wieder in Wert gesetzt. Noch nehmen sich Quadratmetermieten von 5,30 Euro im sanierten Altbau moderat aus, doch mit dem Leipzig-Hype wachsen sie bereits beständig. Einstige Hausbesetzer suchen heute Kindergartenplätze. Immerhin ist Leipzig dank Zuzug und einem so nicht erwarteten Babyboom laut einem Ranking des Magazins „Focus“ auch bereits die Stadt mit dem bundesweit größten Bevölkerungszuwachs im Verhältnis zur Stadtgröße.
Studenten erforschen das „Hypezig“-Phänomen
Doch die Metropole sei eben mehr als illegale Partys und schöne Altbauviertel. „Leipzig ist auch, wenn Wohnraum luxussaniert wird und die Bewohner ausziehen müssen“, stellen etwa drei zugereiste Studenten fest. Sie versuchen momentan, sich dem „Hypezig“-Phänomen wissenschaftlich-journalistisch zu nähern. Auf der Website einundleipzig.de stellen sie die Stadt und ihre Bewohner vor, wollen das Thema nüchtern diskutieren und die bisher vor allem gefühlte Entwicklung empirisch be- oder auch widerlegen. Unterstützt werden sie vom Leibniz-Institut für Länderkunde. Dessen Direktor Sebastian Lentz hält es durchaus für möglich, dass sich über Leipzig gerade „eine kleine Informationsblase aufgebläht“ habe, die vielleicht „morgen schon wieder eine andere Stadt trifft“. Indes fügt er hinzu: „Was an Leipzig nach wie vor toll ist, sind seine Möglichkeiten.“
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