Der Popliterat Benjamin von Stuckrad-Barre hat im Theaterhaus seine Autobiografie „Panikherz“ vorgestellt, ein Buch über Höhenflüge und Abstürze – und er nutzt die Gelegenheit für ein warmes Bad in der Gunst des Publikums.

Stuttgart - Ach, den gibt’s auch noch? Lange hatte man nichts mehr von Benjamin von Stuckrad-Barre gehört. Das, so dachte man, hatte durchaus seine Richtigkeit, galt der 1975 geborene Pastorensohn doch Mitte der 1990er Jahre als Shootingstar einer literarischen Strömung, der die Feuilletons das Etikett „Popliteratur“ verpasst hatten. Also etwas für die Sechzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen, die sich (noch) nicht dafür entscheiden konnten, erwachsen zu werden.

 

Inzwischen ist Stuckrad-Barre einundvierzig, Vater eines dreijährigen Sohns und hat ein neues, über fünfhundert Seiten dickes Buch mit dem Titel „Panikherz“ geschrieben, mit dem er derzeit durch Deutschland tourt. Als „Bildungsroman“ und „Heldengeschichte“ bezeichnet er selbst diesen autobiografischen Versuch, der von den Höhenflügen, Abstürzen und dem wieder auf die Füße kommen eines Popliteraten erzählt. Ein Blick ins Publikum im Stuttgarter Theaterhaus, wo der Autor sein Werk jetzt in einer zweistündigen Ein-Mann-Show vorgestellt hat, bestätigt die Vermutung: Hier sitzen die Angehörigen seiner Generation, die mit ihm zwanzig Jahre älter geworden sind und von ihm hören wollen, wie cool man doch damals war. Das Einverständnis zwischen Popstar und Fangemeinde war also programmiert.

Das Angenehme für die Fans dabei ist, dass sie selbst die Achterbahnfahrt von den Kokain- und Alkoholexzessen über die Entziehungskur bis hin zur Abstinenz als Tee- und Kirschsafttrinker gar nicht selbst erlebt haben müssen, weil der Autor sie stellvertretend für sie durchgemacht hat. Sie können sich wiedererkennen in Stuckrad-Barres satirischen Bemerkungen über die eigenen Altersgenossen und in den politisch unkorrekten Gesten, die der kettenrauchende Comedian und Stimmenimitator (unter anderem von Udo Lindenberg und Harald Schmidt) da auf der Bühne zelebriert. Und bei all dem wissen seine Anhänger auch, dass sie sich just in jener melancholischen Situation befinden, die der Autor in einer der besten Szenen seines Buchs beschreibt: auf einem Klassentreffen des Abiturientenjahrgangs 1994, zwanzig Jahre danach. Wie tröstlich!